Augsburger Allgemeine (Land West)
In der CoronaKrise sind viele auf den Hund gekommen
Haustiere Im Pandemie-Alltag entschieden sich viele für einen vierbeinigen Begleiter. Begegnungen mit Frauchen und Herrchen zeigen: Die Beziehung zwischen Mensch und Tier kann eine Stütze im Leben sein. Aber auch anstrengend – etwa, wenn es um die Erziehu
Mit vorsichtiger Neugierde beobachtet Brix, ein drei Monate alter Schäferhund, die Schwäne am Kuhsee. Er sei zum ersten Mal hier, erklären Claudia und Mirko Fritz aus Neusäß. Seit vier Wochen ist der Welpe Teil der Familie und alles ist noch ganz neu für den Rüden. Zum Jahreswechsel waren in Augsburg über 9000 Hunde angemeldet und es werden mehr. Auch der Verband für das Deutsche Hundewesen stellt deutschlandweit eine deutlich gestiegene Nachfrage nach Hundewelpen aufgrund der Corona-Krise fest. Für das Ehepaar Fritz ist es dagegen schon der dritte Schäferhund. Brix’ Vorgänger sei erst vor Kurzem gestorben, doch lange wollten und konnten die Neusässer nicht ohne Hund. Der Zufall wollte es, dass sie durch Freunde von einer Züchterin erfuhren, die gerade Welpen hatte. „Schäferhunde sind Allrounder und sportlich, haben aber keinen Jagdtrieb“, nennt Mirko Fritz die Gründe für seine Vorliebe für diese Hunderasse. Wer entscheidet sich für welchen Hund – und wie sind die Erfahrungen? Wir haben uns mit Gassigehern in Augsburg über Mensch und Tier unterhalten.
Auf den ersten Blick hat Brix wenig mit Sira gemein, die nur wenige Meter entfernt neben einer Parkbank auf den Kuhsee blickt. Sira hat bereits 13 Jahre auf ihrem Hunderücken und ist schneeweiß. Doch auch sie ist ein Schäferhund, nur eben in der recht seltenen weißen Version, wie Besitzerin Angelika Pfänder erklärt. Durch ihr weißes Fell wirkt Sira deutlich jünger. „Andere Hunde bekommen dann eine graue Schnauze“, meint Pfänder. Ihre 13 Lebensjahre entsprechen ungefähr dem Alter eines 70-jährigen Menschen. Das fortgeschrittene Alter mache sich dann doch bemerkbar. Statt längerer Spaziergänge wird nun häufiger, aber kürzer Gassi gegangen. Als Sira noch fitter war, hatte sie ein spannendes Hobby: Mantrailing. So nennt man die Arbeit als Personenspürhund. Dabei wird der hervorragende Geruchssinn der Hunde genutzt, um Menschen zu suchen. Die Augsburgerin ist „eigentlich ein totaler LabradorFan“. Doch mit ihrem Schäferhund hat sie eine tiefe Verbindung: Sie kennen sich seit Siras Geburt. Pfänder kann sich ein Leben ohne Hund nur ganz schlecht vorstellen.
Ganz gelassen bleibt Sira, als ein Bolonka-Yorkshire-Mischling namens Cookie auf sich aufmerksam macht. Das kleine und ebenfalls schneeweiße Hündchen führen Marianne und Hans Heu an der Leine. Cookie gehört eigentlich ihrem Enkelkind. Doch vor allem am Wochenende nimmt das Ehepaar Heu den morgendlichen Spaziergang ab, „damit die Familie ausschlafen kann“. Die Rentner wollten selbst nie einen eigenen Hund und nun sind sie auch auf den Geschmack gekommen. „Wir gehen viel mehr spazieren“, sagt Marianne Heu. Als Hundeanfänger hätten sie schon ein wenig Respekt vor der Verantwortung. Als Welpe sei er ihnen am Lech einmal abgehauen. „Wir konnten ihn zum Glück noch am gleichen Tag wiederfinden.“Mittlerweile sei Cookie schon sieben Jahre alt und hätte sein Temperament gezügelt.
Völlig entspannt lassen es sich am Hochablass Elisabeth und Roland aus Kaufering mit ihrem Enkel Theo bei Pommes und Heißgetränken gut gehen. Dabei darf auch Bolonka-Zwetna-Hündin Paula nicht fehlen. Seit sechs Jahren ist die kleine Hündin fester Bestandteil der Fa
Der zweieinhalbjährige Theo und seine Paula seien ein Herz und eine Seele, erzählen die Großeltern. Wuschelkopf Paula, mit roter Schleife im schwarzen Fell, sei keinesfalls ein Wadenbeißer oder Schoßhündchen und habe sogar den Hundeführerschein bestanden. „Sie kuschelt gerne, genauso gerne rennt und springt sie aber auch“, sagt Frauchen Elisabeth. Das Ehepaar aus Kaufering weiß trotzdem die praktische Größe zu schätzen. „Wir fahren ganz viel mit dem Rad mit ihr.“Tatsächlich bedeutet der Name der russischen Hunderasse so viel wie „bunmilie. tes Schoßhündchen“, da Bolonka Zwetnas farblich in allen Varianten und Kombinationen – bis auf weiß und gescheckt – erlaubt sind.
Was beim Bolonka Zwetna nicht erwünscht ist, steht ihm dagegen äußerst gut: Der kleine scheckige Hund, der selbstbewusst den Kuhsee
umrundet, hat viele Kosenamen. Offiziell heißt er Sparky, sagt sein Frauchen Anna Donderer. Seine freche Ausstrahlung täuscht. Sparky ist immerhin schon zehn Jahre alt und hat mit seiner Besitzerin schon vieles erlebt. „Wir waren schon einmal zusammen auf einem Roadtrip.“Vier Wochen lang bereisten sie zusammen Frankreich, Spanien und Portugal. In Portugal haben beide auch schon eine Weile gelebt. International ist auch Sparkys Herkunft: „Sein Vater war ein Chihuahua und seine Mutter ein PinscherMischling“, erklärt die Augsburgerin. Die mexikanische Hunderasse gehört zu den beliebtesten Hunderassen – in Augsburg und weltweit.
Winzig klein mit großen Fledermausohren und Kulleraugen: Jenny Bergmeister hat sich mit ihrem Chihuahua namens Ravioli einen Kindheitstraum erfüllt. Erst zwölf Wochen alt, passt das graue Fellbündel damit in die Handinnenflächen seiner Besitzerin. Es ist der erste eigene Hund der jungen Frau. Doch habe die Entscheidung weniger mit der Pandemie-Situation zu tun, als damit, dass nun der passende Moment für sie da sei. Davor hatte sie auf Hunde aufgepasst, um Erfahrungen zu sammeln. Als ausgebildete Erzieherin darf Bergmeister ihren Hund sogar mit in die Arbeit nehmen. „Ravioli ist der Hit bei den Jugendlichen“, erzählt die stolze Besitzerin. Kein Wunder, schließlich sind Chihuahuas äußerst menschenbezogen. Eine von ihr betreute Jugendliche sei sehr traurig gewesen und der Welpe habe sie bei einem gemeinsamen Spaziergang schnell wieder aufgemuntert. „War doch ein guter Tag“, habe die Jugendliche im Anschluss festgestellt.
Auch für Tobi Bertschin sind Hunde eine große Stütze im Leben. Die Spaziergänge mit seinem sechs Monate alten Labrador Retriever Buddy (Englisch für Kumpel) und der Plausch mit anderen Hundebesitzern machten die Pandemie erträglicher, sagt Bertschin. Vom Welpen-Boom in der Corona-Krise habe der Augsburger zwar gehört, seinen Labrador habe er sich aber bereits im Januar 2019 reserviert. „Ich wollte meinen Hund von einem ganz bestimmten Züchter haben“, erklärt er. In seiner Familie habe es schon immer Labradore geben. Ihre zutrauliche und treue Art schätzt Bertschin besonders. Seine Kommandos könne Buddy bereits, doch nun „kickt die Pubertät rein“und er gehorche nicht mehr ganz so gut, sagt Buddys Besitzer mit einem breiten Grinsen.
Von pubertierenden Rüden kann Annemarie Pfaff ein Lied singen. Sie ist ebenfalls mit Hund Maxi im Sheridan-Park unterwegs. Der junge Goldendoodle, eine Kreuzung aus Golden Retriever und Pudel, habe sie allein in einer Woche dreimal durch den Park gehetzt, weil Hündinnen in der Nähe gewesen seien. Im Januar 2020 habe sie den Hund auf der Webseite einer Wolfsburger Züchterin gesehen und beim Besuch in Niedersachsen habe der Goldendoodle Pfaff sie quasi ausgesucht: „Er hat damals meine Hand abgeschleckt.“Mit ihrem Maxi sei alles schöner, sagt Pfaff, die jedoch zugibt: „Ich habe unterschätzt, wie anstrengend die Erziehung ist.“Mithilfe eines Hundetrainers soll aber auch dies gelingen.