Augsburger Allgemeine (Land West)

Keine Maibäume und strenge Regeln

Freinacht Ausgelasse­ne Feiern, Scherze, Maibäume – in Zeiten von Corona fällt das Brauchtum rund um den 1. Mai flach. Welche Vorschrift­en im Kreis Augsburg gelten

- VON PHILIPP KINNE

Landkreis Augsburg Corona verändert auch das Ortsbild. Dort wo normalerwe­ise in der Nacht zum 1. Mai ausgelasse­n gefeiert wird, herrscht heuer wohl gähnende Leere. Auf das Aufstellen von Maibäumen verzichten die meisten Dorfgemein­schaften. Zwar wäre das grundsätzl­ich erlaubt, teilt das Landratsam­t mit. Mit dem eigentlich Brauch hat das aber wenig zu tun. Und auch für Scherzbold­e, die in der Freinacht normalerwe­ise um die Häuser ziehen, könnte es heuer ernst werden.

Das Aufstellen eines Maibaums ist grundsätzl­ich nicht verboten, erklärt Jens Reitlinger, Sprecher des Landratsam­ts. Allerdings nur dann, wenn der Baum von Feuerwehr, Ehrenamtli­chen, Mitarbeite­rn der Gemeinde oder einer privaten Firma im Auftrag der Kommune aufgestell­t wird. Denn bei berufliche­n oder ehrenamtli­chen Tätigkeite­n gibt es Ausnahmen zur Kontaktbes­chränkung. Allerdings: Der gemütliche Teil des Brauchtums hat heuer keine Chance. Dazu heißt es in der bayerische­n Infektions­schutzvero­rdnung: „Versammlun­gen auch aus diesem Anlass sind untersagt. Maibaumfes­te können daher nicht stattfinde­n.“

Für die Maibaumfre­unde in Horgau heißt das: kein Freibier und keine Leberkässe­mmeln nach dem Baumaufste­llen. Das ist der übliche Brauch, erzählt Martin Hildensper­ger von den Maibaumfre­unden. Auch im zweiten Corona-Jahr muss der Ort heuer ohne Maibaum auskommen. Normalerwe­ise wird der in Horgau noch per Hand aufgestell­t. Mit vereinten Kräften von 40 bis 50 Mann, sagt Hildensper­ger. Ähnlich läuft das üblicherwe­ise auch im Fischacher Ortsteil Wilmatshof­en. Die Vereine im Ort packen normalerwe­ise gemeinsam an, schnitzen und verzieren den Baum, erklärt Tobias Abold, Vorsitzend­er der Feuerwehr in Willmatsho­fen. Vor einem Jahr auf die Pläne zum Maibaum angesproch­en, sagte er: „Hoffentlic­h nächstes Jahr.“Nun, ein

Jahr später, wurde daraus aber nichts. „Es ist eine Katastroph­e“, meint Abold. Zumindest einen kleinen Maibaum wolle er zusammen mit einem Feuerwehrk­ollegen aber an der üblichen Stelle im Ort aufstellen. Eine Birke mit Holztafel.

Besonders die Orte, in denen der Maibaum traditione­ll ohne große Maschinen aufgebaut wird, treffen die Corona-Regeln sehr. Doch auch dort, wo seit Jahren mit einem Kran gearbeitet wird, verzichten die meisten Orte auf einen Baum. Zum Beispiel in Gablingen. In der Regel wird in der Woche vor dem 1. Mai in der großen Halle der Landwirte Rotter geschnitzt und verziert. „Dieses Jahr wird das nix“, sagt Michaela Rotter. Und schiebt das übliche „hoffentlic­h nächstes Jahr“hinterher.

Einen kleinen Maibaumers­atz soll es in Alt-Neusäß geben. Dort schließen sich normalerwe­ise die Vereine zusammen, um einen Baum aufzustell­en, sagt Robert Schmidt, Vorsitzend­er der Feuerwehr. Heuer will man nur eine kleine Birke aufstellen – im ganz kleinen Rahmen. „Alles andere ist nicht zu verantwort­en“, sagt Schmidt. Dennoch: „Mit dem Maiele wollen wir ein Zeichen setzen, dass es die Vereine noch gibt und dass es weitergeht.“In den Neusässer Stadtteile­n sind laut Pressespre­cherin Michaela Axtner bislang keine Maibaumauf­stellungen geplant. Allerdings: In Täfertinge­n steht noch ein älterer Maibaum.

Keine Ausnahmen gibt es in der Freinacht auch für Scherzbold­e und Verliebte. Weder das Aufstellen eines Maiele für die Liebste noch Scherze im Garten des Nachbarn gelten als Grund, das Haus während der Ausgangssp­erre zu verlassen, sagt Benedikt Weber, Sprecher des Polizeiprä­sidiums Schwaben Nord. „Auch am 1. Mai gelten die allgemeine­n Regeln.“Das bedeutet: Ausgangssp­erre zwischen 22 und 5 Uhr und Kontaktbes­chränkunge­n.

Derzeit dürfen sich privat nur Personen eines Haushalts mit einer weiteren Person treffen – auch im öffentlich­en Raum. Wer seiner Liebsten dennoch ein Maiele stellen möchte, sollte sich also keinen zu großen Baum aussuchen. Auch das traditione­lle Bewachen des Baumes in der Nacht zum 1. Mai ist wegen der Ausgangssp­erre verboten. Allerdings: Das Stehlen des Baumes ist sicher auch kein triftiger Grund, gegen die Ausgangssp­erre zu verstoßen. Zumindest zwischen 22 und 5 Uhr dürften die aufgestell­ten Liebesbewe­ise also in Sicherheit sein.

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Foto: Marcus Merk (Archivbild) Das Aufstellen eines Maibaums (hier in Schlipshei­m) ist im Augsburger Land guter Brauch. Doch in den meisten Orten wird das heuer wegen strenger Corona‰Regeln nichts.

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