Augsburger Allgemeine (Land West)
Vegetarische und maritime Vorspeisen vom Grillmeister
Lecker durch den Lockdown Andreas Hanisch aus Hirblingen verrät zwei Rezepte, mit denen auch Anfänger bei ihren Gästen punkten können. Einen ganz bestimmten Fehler aber sollte jeder vermeiden
Hirblingen Es muss nicht immer Fleisch sein. Wenn Andreas Hanisch in Hirblingen einen seiner vier Grills im Garten anheizt, landet immer öfter auch ein veganes oder vegetarisches Gericht auf dem Rost. Drei oder noch mehr Gänge sind bei ihm keine Seltenheit. Und für seine Grillkurse bereitet der bayerische Grillmeister von 2018 die einzelnen Schritte manchmal sogar mit einer Excel-Datei vor. Für die heutige Vorspeise allerdings braucht der 48-Jährige keine elektronische Unterstützung. Die Jakobsmuscheln auf Belugalinsensalat und die Süßkartoffeln Crostini beherrscht er aus dem Effeff. „Das Rezept habe ich vor einiger Zeit entdeckt und dann ein wenig nach meinem Geschmack abgewandelt“, sagt der Maschinenbaukonstrukteur, der seine große Leidenschaft fürs Grillen erst vor zehn Jahren entdeckte.
„Viele Jahre bestanden meine Grillkünste darin, Würstchen oder Nackensteaks auf den Rost zu legen, zu wenden und dann mit Ketchup auf dem Teller zu servieren“, sagt Hanisch und schmunzelt. Dann aber habe er einmal bei einem Freund auf einem Smoker zubereitete Spareribs gegessen und seitdem hat ihn die Leidenschaft gepackt. Die Zubereitung der Jakobsmuscheln erfordert allerdings etwas Zeit. Denn wichtig ist hier die Marinade, die mindestens eine Stunde einziehen sollte.
Zunächst wäscht Hanisch die Muscheln, tupft sie trocken und legt sie in eine Schale. Dann reibt er etwas Zitronenschale darüber. Sobald die Haut der Zitrone weißlich wird, hört er auf. Ein zu tiefer Abrieb
Lecker durch den Lockdown würde den Geschmack verfälschen. „Nun einfach mit dem Saft einer Orange, etwas Chili und Pfeffer bestreuen und dann im Kühlschrank ziehen lassen“, erklärt er.
Während die Jakobsmuscheln vor sich hin marinieren, widmet sich der Grillmeister dem Belugalinsensalat. Ausnahmsweise darf diese Komponente in einer ganz profanen Küche oder dem Seitenkochfeld des Gasgrills zubereitet werden. Zunächst werden eine Möhre und eine Schalotte geschält und fein gewürfelt. Mit einem Stück Butter werden die fertigen Würfelchen in einem Topf glasig angedünstet. „Dann die Linsen dazu geben und mit Gemüsebrühe und Rotwein so weit aufgießen, dass die Linsen knapp bedeckt sind, und 25 bis 30 Minuten köcheln lassen“, erklärt Hanisch die weiteren Schritte. Die Linsen dürfen noch einen leichten Biss haben. Vor dem Anrichten wird der Salat noch mit einem Esslöffel guter Balsamicocreme abgeschmeckt.
Alle weiteren Schritte werden auf dem Grill durchgeführt. Hanisch holt die Muscheln aus der Marinade und legt sie auf ein Zedernholzbrett, das direkt über dem Brenner auf dem Grillrost seines Gasgrills positioniert wird. „Holz entzündet sich erst ab einer Temperatur von 230 Grad“, erklärt Hanisch auf die Frage, ob das Zedernholz nicht in Flammen aufgehen könne. Um sicherzugehen, könne man das Brett aber vorab auch wässern. Sobald Rauch und der Geruch von Holzrauch aus dem Grill austritt, wird die Brennerhitze reduziert, so werden die Muscheln gesmokt. Den richtigen Garpunkt zu treffen, ist bei den Muscheln nicht schwer.
„Sobald das Eiweiß austritt und beide Seiten eine goldbraune Farbe haben, sind die Jakobsmuscheln fertig“, so Hanisch. Je nach Geschmack könne man parallel ein, zwei Speckscheiben mit braten, abkühlen lassen und dann über die Muscheln bröseln. Um das maritime Aroma noch zu verstärken, hat sich der 48-Jährige etwas ganz Besonderes einfallen lassen: Salicorne. Dieses auch Salzwiesengras genannte Gewächs kommt von der Nordsee, erinnert ein wenig an gekräuselten Schnittlauch und schmeckt wie eine kräftige Brise Meeresluft.
Das Gewächs kann zwar auch roh genossen werden, doch Andreas Hanisch lässt es für kurze Zeit ebenfalls von allen Seiten bei 230 Grad auf der Gussplatte eines „Traeger“mit Öl anschwitzen. Dieser, auch „Ranger“genannt, ist ein Grill, der an ein großes Kar mit Deckel erinnert und mit Pellets geheizt wird.
Serviert werden die fertigen Jakobsmuscheln mit einem Kringel roter Peperoni oder Chili auf einem Bett Belugalinsen neben einigen Zweigen des Salzwiesengrases – fertig. „Der Teller muss Farbe haben“, erklärt er seine Kreation. Die Optik sei beispielsweise auch bei den diversen Grillmeisterschaften ein entscheidender Faktor. Dass es sich bei dieser rot-weiß-grünen Komposition um die Vereinsfarben des FC Augsburg handelt, ist für den Fan des FC Bayern München dabei zweitrangig. Wichtiger ist ihm, dass auch Vegetarier auf ihre Kosten kommen. Für sie hat Hanisch gleichzeitig seine „Süßkartoffeln Crostini“zubereitet. „Süßkartoffeln haben den Vorteil, dass sie leichter verdaulich sind, schneller gar werden und sogar roh essbar sind.“Heute aber will Hanisch seine Kartoffeltaler direkt grillen. Hierzu nutzt er seinen Gasgrill von Weber.
Zunächst schneidet der Hirblinger die Süßkartoffeln in etwa ein Zentimeter dicke runde Scheiben. Darauf kommt ein Klecks Olivenöl. „Man sollte darauf achten, kein billiges Öl zu verwenden, das setzt zu viele Bitterstoffe beim Anbraten frei“, rät er. Für das Dressing nimmt er in Öl eingelegte getrocknete Tomaten – „die sind im Gegensatz zu frischen bereits ausgewässert“– und zerbröselten Feta-Käse. Mit Thymian, einer italienischen Kräutermischung und Petersilienblättern wird das Topping geknetet und auf die Taler gesetzt. Zehn bis 15 Minuten werden die Crostini dann bei direkter Hitze und etwa 220 Grad im Weber gegrillt, bis sie ebenfalls eine goldbraune Farbe bekommen.
„Diese beiden Menüs eignen sich nicht nur als Vorspeise, sondern auch als Zwischengericht“, empfiehlt Hanisch. Zubereiten lassen sich die Jakobsmuscheln und Crostini auch auf jedem Kugelgrill. „Wer keine passende Gussplatte besitzt, kann stattdessen auch eine feuerfeste Pfanne verwenden“, so sein Tipp. Anfänger sollten jedoch darauf achten, dass sie im Grill stets eine direkte und eine indirekte Zone einrichten. Dies könne mit Kohlekörben oder Abstandshaltern ganz einfach erreicht werden. Regulieren lässt sich bei jedem Grill die Temperatur in erster Linie über die Zu- und Abluft. „Je mehr Sauerstoff die Grillkammer bekommt, desto heißer wird es“, sagt er.
Wer davon ausgeht, dass er seinen Kugelgrill heißer bekommt, wenn er alle Öffnungen im Deckel schließt, damit die Hitze nicht entweicht, mache einen großen Fehler. Das Gegenteil sei der Fall – der Grill kühlt ab. Dies sei aber schnell zu korrigieren, wenn man die Abluft wieder öffnet. Einen anderen Fehler aber kann der bayerische Grillmeister von 2018 nicht verzeihen: „Wenn jemand Bier über das Fleisch auf dem Rost schüttet – das trinkt man besser!“