Augsburger Allgemeine (Land West)
Impfung im Klassenzimmer
Corona Mit mobilen Teams werden Kinder und Jugendliche in den Schulen im Landkreis Augsburg geimpft. Auch in den Ortschaften sind Sondertermine geplant. Steigt damit die Impfquote?
Mit mobilen Teams werden Kinder und Jugendliche in den Schulen im Landkreis Augsburg geimpft. Auch in den Ortschaften sind Sondertermine geplant.
Landkreis Augsburg Die Quote vollständig Geimpfter im Augsburger Land liegt aktuell mit 38,3 Prozent unter dem bayernweiten Schnitt (44,1 Prozent). Das soll sich ändern. Mit Sonderaktionen will der Kreis das Impftempo ankurbeln – und erneutes Homeschooling verhindern. Am heutigen Dienstag fahren erste mobile Teams an die Schulen. Kinder und Jugendliche ab zwölf Jahren können den Impfstoff von Biontech/ Pfizer bekommen. Auch Eltern oder Lehrer können sich kurzfristig im Klassenzimmer impfen lassen. Über 800 Schülerinnen und Schüler haben sich angemeldet.
Den Anfang machen die Schulen in Diedorf und Zusmarshausen. 72 Kinder und Jugendliche wollten sich an der Realschule in Zusmarshausen impfen lassen, sagt Konrektor Matthias Fels. Er meint: „Der Bedarf ist da.“Theoretisch haben an seiner Schule mehr als 600 Schülerinnen und Schüler die Möglichkeit zur mobilen Impfung. Von einigen Eltern sei allerdings die Rückmeldung gekommen, dass ihre Kinder schon beim Hausarzt oder im Impfzentrum an der Reihe waren. Andere Eltern wollen ihre Kinder noch nicht oder gar nicht impfen lassen. Wie berichtet, ist der Impfstoff von Biontech/Pfizer zwar für alle über Zwölfjährigen zugelassen. Explizit empfohlen wird er derzeit aber nur in Ausnahmefällen.
Auch deshalb seien einige Eltern unsicher, warteten lieber noch ab oder entschieden sich gegen eine Impfung, sagt Günter Manhardt, Schulleiter des Schmuttertal-Gymnasiums in Diedorf. An seiner Schule haben sich 42 von 573 Schülerinnen und Schüler zur Impfung angemeldet. Also weniger als zehn Prozent. „Vielfach habe ich von Eltern gehört, dass ihre Kinder schon geimpft sind“, sagt auch Manhardt. Dass der Kreis nun ein freiwilliges und unkompliziertes Angebot macht, ist offenbar nicht nur für ihn das richtige Signal.
Denn im Landratsamt hätte man mit deutlich weniger Nachfrage gerechnet, erklärt Sprecherin Annemarie Scirtuicchio. Denn vor Kurzem ergab eine Umfrage des Kreises unter volljährigen Schülern, dass kaum einer Interesse an einer Impfung hat.
„Umso positiver hat mich die hohe Quote derjenigen überrascht, die unser Vor-Ort-Angebot nutzen wollen“, sagt Landrat Martin Sailer. Jeder, der sich für die Impfung entscheide, trage dazu bei, dass die Pandemie im kommenden Herbst weniger anrichten kann. Durch die Impfung soll ein erneutes Homeschooling nach den Sommerferien verhindert werden.
Noch bis kommenden Dienstag, 27. Juli, sind die vier mobilen Teams des Landkreises an den Schulen im Augsburger Land. Es sind dieselben
die auch in Pflegeheimen oder bei bettlägerigen Menschen zur Impfung vor Ort waren. Der verwendete Impfstoff dazu stamme aus den Lagern des Kreises, erklärt Annemarie Scirtuicchio. Seit Wochen gibt es dort tendenziell mehr Impfstoff als Nachfrage. Deshalb will man nun andere Wege gehen, um den Impfstoff unter die Menschen zu bringen. Die mobilen Teams sollen auch in größeren Orten im Augsburger Land Station machen.
Bislang habe der Kreis alle Orte mit mehr als 10.000 Einwohnern angeschrieben, sagt Scirtuicchio. Noch laufen die Planungen, konkrete Termine sind nicht bekannt. Um möglichst viele Impfwillige zu den mobilen Teams zu bringen, wird auch über ein Rahmenprogramm nachgedacht. Livemusik und Impfung, offenbar ein denkbares Konzept. Ob das die Impfquote im Augsburger Land steigen lässt?
Landrat Sailer sieht verschiedene Faktoren, die dazu führen, dass sich im Landkreis bislang weniger Menschen impfen lassen als anderswo. Sailer: „Zeitweise konnten wir wochenlang keine Erstimpfungen durchführen, weil Impfstoffe hauptsächlich in Regionen Bayerns geliefert wurden, in denen die Inzidenzen außerordentlich hoch waren.“In dieser Zeit hätte man deutlich mehr Impfungen durchführen können, als dies der Fall war. „Dies hat vermutlich auch zur genannten Differenz geführt“, so Landrat Martin Sailer. Zudem sei in den Sommermonaten die Angst vor einer möglichen Infektion gesunken. Viele BürTeams, gerinnen und Bürger seien pandemie-müde und möchten einfach ihren Sommerurlaub ohne Unterbrechungen genießen. Sailer: „Ich gehe aber davon aus, dass die Impfbereitschaft gegen Herbst wieder ansteigen wird.“
Nicht in die Impfstatistik des Landkreises fließen außerdem all diejenigen ein, die ihre Impfung zum Beispiel beim Hausarzt in der Stadt oder im Betrieb außerhalb des Kreises bekommen haben. Angesichts der Pendlerzahlen im Augsburger Land dürften das nicht wenige sein. Nach Zahlen der Arbeitsagentur muss jeder Dritte im Landkreis zur Arbeit in einen anderen Ort fahren. Über 37.000 Menschen im Landkreis arbeiten in der Stadt Augsburg, nach München pendeln knapp 5000.