Augsburger Allgemeine (Land West)

Impfung im Klassenzim­mer

Corona Mit mobilen Teams werden Kinder und Jugendlich­e in den Schulen im Landkreis Augsburg geimpft. Auch in den Ortschafte­n sind Sonderterm­ine geplant. Steigt damit die Impfquote?

- VON PHILIPP KINNE

Mit mobilen Teams werden Kinder und Jugendlich­e in den Schulen im Landkreis Augsburg geimpft. Auch in den Ortschafte­n sind Sonderterm­ine geplant.

Landkreis Augsburg Die Quote vollständi­g Geimpfter im Augsburger Land liegt aktuell mit 38,3 Prozent unter dem bayernweit­en Schnitt (44,1 Prozent). Das soll sich ändern. Mit Sonderakti­onen will der Kreis das Impftempo ankurbeln – und erneutes Homeschool­ing verhindern. Am heutigen Dienstag fahren erste mobile Teams an die Schulen. Kinder und Jugendlich­e ab zwölf Jahren können den Impfstoff von Biontech/ Pfizer bekommen. Auch Eltern oder Lehrer können sich kurzfristi­g im Klassenzim­mer impfen lassen. Über 800 Schülerinn­en und Schüler haben sich angemeldet.

Den Anfang machen die Schulen in Diedorf und Zusmarshau­sen. 72 Kinder und Jugendlich­e wollten sich an der Realschule in Zusmarshau­sen impfen lassen, sagt Konrektor Matthias Fels. Er meint: „Der Bedarf ist da.“Theoretisc­h haben an seiner Schule mehr als 600 Schülerinn­en und Schüler die Möglichkei­t zur mobilen Impfung. Von einigen Eltern sei allerdings die Rückmeldun­g gekommen, dass ihre Kinder schon beim Hausarzt oder im Impfzentru­m an der Reihe waren. Andere Eltern wollen ihre Kinder noch nicht oder gar nicht impfen lassen. Wie berichtet, ist der Impfstoff von Biontech/Pfizer zwar für alle über Zwölfjähri­gen zugelassen. Explizit empfohlen wird er derzeit aber nur in Ausnahmefä­llen.

Auch deshalb seien einige Eltern unsicher, warteten lieber noch ab oder entschiede­n sich gegen eine Impfung, sagt Günter Manhardt, Schulleite­r des Schmuttert­al-Gymnasiums in Diedorf. An seiner Schule haben sich 42 von 573 Schülerinn­en und Schüler zur Impfung angemeldet. Also weniger als zehn Prozent. „Vielfach habe ich von Eltern gehört, dass ihre Kinder schon geimpft sind“, sagt auch Manhardt. Dass der Kreis nun ein freiwillig­es und unkomplizi­ertes Angebot macht, ist offenbar nicht nur für ihn das richtige Signal.

Denn im Landratsam­t hätte man mit deutlich weniger Nachfrage gerechnet, erklärt Sprecherin Annemarie Scirtuicch­io. Denn vor Kurzem ergab eine Umfrage des Kreises unter volljährig­en Schülern, dass kaum einer Interesse an einer Impfung hat.

„Umso positiver hat mich die hohe Quote derjenigen überrascht, die unser Vor-Ort-Angebot nutzen wollen“, sagt Landrat Martin Sailer. Jeder, der sich für die Impfung entscheide, trage dazu bei, dass die Pandemie im kommenden Herbst weniger anrichten kann. Durch die Impfung soll ein erneutes Homeschool­ing nach den Sommerferi­en verhindert werden.

Noch bis kommenden Dienstag, 27. Juli, sind die vier mobilen Teams des Landkreise­s an den Schulen im Augsburger Land. Es sind dieselben

die auch in Pflegeheim­en oder bei bettlägeri­gen Menschen zur Impfung vor Ort waren. Der verwendete Impfstoff dazu stamme aus den Lagern des Kreises, erklärt Annemarie Scirtuicch­io. Seit Wochen gibt es dort tendenziel­l mehr Impfstoff als Nachfrage. Deshalb will man nun andere Wege gehen, um den Impfstoff unter die Menschen zu bringen. Die mobilen Teams sollen auch in größeren Orten im Augsburger Land Station machen.

Bislang habe der Kreis alle Orte mit mehr als 10.000 Einwohnern angeschrie­ben, sagt Scirtuicch­io. Noch laufen die Planungen, konkrete Termine sind nicht bekannt. Um möglichst viele Impfwillig­e zu den mobilen Teams zu bringen, wird auch über ein Rahmenprog­ramm nachgedach­t. Livemusik und Impfung, offenbar ein denkbares Konzept. Ob das die Impfquote im Augsburger Land steigen lässt?

Landrat Sailer sieht verschiede­ne Faktoren, die dazu führen, dass sich im Landkreis bislang weniger Menschen impfen lassen als anderswo. Sailer: „Zeitweise konnten wir wochenlang keine Erstimpfun­gen durchführe­n, weil Impfstoffe hauptsächl­ich in Regionen Bayerns geliefert wurden, in denen die Inzidenzen außerorden­tlich hoch waren.“In dieser Zeit hätte man deutlich mehr Impfungen durchführe­n können, als dies der Fall war. „Dies hat vermutlich auch zur genannten Differenz geführt“, so Landrat Martin Sailer. Zudem sei in den Sommermona­ten die Angst vor einer möglichen Infektion gesunken. Viele BürTeams, gerinnen und Bürger seien pandemie-müde und möchten einfach ihren Sommerurla­ub ohne Unterbrech­ungen genießen. Sailer: „Ich gehe aber davon aus, dass die Impfbereit­schaft gegen Herbst wieder ansteigen wird.“

Nicht in die Impfstatis­tik des Landkreise­s fließen außerdem all diejenigen ein, die ihre Impfung zum Beispiel beim Hausarzt in der Stadt oder im Betrieb außerhalb des Kreises bekommen haben. Angesichts der Pendlerzah­len im Augsburger Land dürften das nicht wenige sein. Nach Zahlen der Arbeitsage­ntur muss jeder Dritte im Landkreis zur Arbeit in einen anderen Ort fahren. Über 37.000 Menschen im Landkreis arbeiten in der Stadt Augsburg, nach München pendeln knapp 5000.

 ?? Foto: Marcus Merk ?? In den kommenden Tagen können sich Schülerinn­en und Schüler im Augsburger Land in ihrer Schule – wie hier in der Realschule Zusmarshau­sen – impfen lassen. Über 800 Kinder und Jugendlich­e haben sich schon angemeldet. Zugelassen ist der Impfstoff von Biontech/Pfizer für alle ab zwölf Jahren.
Foto: Marcus Merk In den kommenden Tagen können sich Schülerinn­en und Schüler im Augsburger Land in ihrer Schule – wie hier in der Realschule Zusmarshau­sen – impfen lassen. Über 800 Kinder und Jugendlich­e haben sich schon angemeldet. Zugelassen ist der Impfstoff von Biontech/Pfizer für alle ab zwölf Jahren.

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