Augsburger Allgemeine (Land West)
Augsburg verliert ein zauberhaftes Geschäft
Handel Inhaber Ingo Hoffmann bedauert es, dass der Laden Kaskaderos schließen muss. Zauberkästen und Freizeitartikel waren viele Jahre lang gefragt, doch nun fehlt der Umsatz. Dem Geschäftsmann bleiben nur Erinnerungen
Betritt man den kleinen Laden namens Kaskaderos, möchte man sofort beginnen zu stöbern. Auf den Regalen drängen sich Zauberkästen an Jonglierzubehör und Feuerfächer, an der Wand ist eine Dartscheibe angebracht und am Boden ist ein Einrad zu finden. Viele Jahre lockte dieses Geschäft am Milchberg 17 Jung und Alt an und galt als Geheimtipp für Freizeitsport und Spiel. Dann kam die Corona-Krise und der Umsatz brach ein. Schweren Herzens zieht Inhaber Ingo Hoffmann deshalb Konsequenzen. Ende September wird er seinen Laden endgültig schließen. „Hochgerechnet mussten wir während der Pandemie insgesamt vier Monate schließen und das ist einfach nicht zu stemmen“, erzählt er betrübt.
Auch der Onlineversandhandel habe dieses Ende nicht verhindern können. „Man mag meinen, dass zumindest der Onlineverkauf geboomt hat, doch entgegen den Erwartungen vieler, blieben uns auch dort die Kunden weg“, sagt der 47-jährige Inhaber. Er meint, dass es letztlich vermehrt die großen Unternehmen gewesen seien, die in der Krise vom Onlineversand profitieren konnten.
Seinen Laden betreibt der gebürtige Augsburger seit 2004. Gegründet habe er den Freizeitsport-Laden in der Neidhartstraße, von dort aus sei es in die Bäckergasse gegangen. „Seit sechs Jahren bin ich am Milchberg zu finden“, informiert Hoffmann, der sich schon in jungen Jahren für das Jonglieren begeistert habe. „Als Schüler habe ich mit Straßenauftritten angefangen. Ich war zum Beispiel als Stelzenläufer bei der 2000-Jahr-Feier in der Stadt dabei und habe Ballontiere für Besucher modelliert“, erzählt er. Als sich solche Auftritte häufen, kauft er große Mengen an Ballons für den eigenen Gebrauch ein, was ihn dazu verleitet, selbst Ballons zum Verkauf anzubieten – zunächst online. „Da das Onlinegeschäft gut gelaufen ist, habe ich mich entschlossen, mich selbstständig zu machen und Kaskaderos als Ladengeschäft zu eröffnen“, berichtet der Ballonkünstler.
Mit der Zeit habe er das Sortiment erweitert. Derzeit verkauft er unter anderem Zubehör für Artistik, Kampfsport und Freizeitsport. „In Deutschland gibt es drei Fachhändler für das traditionelle Geschicklichkeitsspiel Kendama aus
Japan und ich bin einer davon“, verkündet Hoffmann. Die Einzigartigkeit seines Ladens zeichnet die Bandbreite an angebotenen Einrädern aus. „Es gibt Kunden, die kommen speziell zu mir, da man hier beispielsweise auch Dartpfeile vor Ort testen kann“, fügt er hinzu.
Zu seinen bekannteren Augsburger Kunden zählen Gaukler Fabio Esposito und Künstler Norbert Diem, wobei viele seiner Onlinekunden auf Varietés auftreten. „Der Zauberkasten vom berühmten Zauberer Hardy ist einfach der beste, weshalb ich ihn schon seit Anfang an in meinem Verkaufssortiment habe“, sagt der Augsburger auf die Zauberartikel verweisend: „Hardy selbst tauchte irgendwann in meinem ersten Laden auf und seitdem verbindet uns eine innige Freundschaft.“
Tatsächlich kennt Ingo Hoffmann viele seiner Kundinnen und Kunden persönlich. Oft kämen Leute rein, die zufällig vorbeilaufen oder eben Künstler, wie zum Beispiel der Clown, der noch eine rote Nase und Seifenblasen braucht. Manchmal seien die Begegnungen total verrückt. „Wenn etwa der Straßenpunk, der aus Dublin kommt, hier noch ein Gerät kauft, weil er das im Flugzeug nicht mitnehmen konnte und dann später in der Stadt auftritt, dann ist das toll“, verrät er. Straßenkünstler seien ein spezieller Schlag.
Von seinem Laden wird sich der Stelzenläufer bald verabschieden, die Pandemie hat ihn auch sein zweites Standbein gekostet. „Ich hatte immer mal wieder Auftritte als Stelzenläufer und Ballonkünstler, doch seit Anfang 2020 sind all diese Darbietungen ausgefallen“, schildert er. Der Kulturschaffende hofft, dass die Unterhaltungsbranche sich nach den schwierigen Monaten der Pandemie erholen kann und solche Shows wieder möglich werden.
Enttäuscht ist der Inhaber des Zauberladens von Personen, die den Laden betreten, zunächst offenlegen, wie schade sie es finden, dass er nun schließen muss und anschließend versuchen, einen Nutzen daraus zu ziehen und einen Rabatt aushandeln wollen. „Solche Menschen, die Profit aus dem Schicksal anderer schlagen wollen, gibt es leider immer“, stellt Hoffmann klar.
Wie es für ihn weitergeht, steht bereits fest. Hoffmann kann eine IT-Ausbildung vorweisen, die er am Anfang seiner Karriere mit der Intention abgeschlossen hatte, seine Website selbst zu programmieren. Dank dieser Ausbildung kann er nun als Angestellter bei einer Softwarefirma arbeiten.
Seinen Online-Shop möchte er nebenher weiterführen. Wie es sich entwickelt, werde sich zeigen. „Es geht wieder zurück auf Anfang, in die Zeit, in der ich nur den OnlineShop hatte“, sagt er wehmutsvoll. Die Euphorie, mit der er seinen Ladenbetrieb beschrieben hat, verschwindet in diesem Moment. Er wirkt nachdenklich. Bis zuletzt hatte Hoffmann alles versucht, um sein Geschäft zu retten, doch der Lockdown war am Ende einfach zu lang.