Augsburger Allgemeine (Land West)
Wie die Augsburger bei Gefahr gewarnt werden
Katastrophen Zwar sind auch Lech und Wertach stark angeschwollen, ein Hochwasser droht in Augsburg derzeit aber nicht. Doch was ist, wenn sich die Lage ändert? Für den Ernstfall setzt die Stadt auch auf Sirenen
Feuerwehrmann Friedhelm Bechtel hat sich mit seinen Kollegen am Montagvormittag selbst ein Bild von der Lage gemacht. Die Feuerwehrleute fuhren zum Hochablass, wo die Wassermassen des Lechs eindrucksvoll über das Wehr stürzen. Lech und Wertach führen nach den starken Regenfällen am Alpenrand derzeit viel Wasser. Ein Hochwasser droht in Augsburg aber nicht. Nur kurz wurde am Pegel des Lechs auf der Höhe von Haunstetten die Hochwasserstufe 1 überschritten. Das bedeutet, dass es im Uferbereich kleinere Überschwemmungen geben kann. Schäden sind dabei aber nicht zu erwarten. Inzwischen gehen die Pegelstände auch schon wieder zurück. Für Augsburg gibt es also Entwarnung. Aber wie ist es, wenn eine Gefahr droht – etwa durch Hochwasser, einen Großbrand oder einen Chemieunfall? Die Stadt setzt darauf, die Menschen auf mehreren Wegen zu warnen. Auch Sirenen gehören dazu.
Längst nicht jede Stadt leistet sich noch Sirenen, um die Bevölkerung im Ernstfall alarmieren zu können. Vielerorts wurden die Sirenen nach dem Ende des Kalten Kriegs in den 1990er-Jahren abgebaut. Auch in Augsburg verschwanden sie damals von den Dächern. Nach dem großen Pfingsthochwasser im Jahr 1999, bei dem die Wertach weite Teile von Pfersee und Göggingen überflutete, gab es Kritik an der Alarmierung der betroffenen Bewohnerinnen und Bewohner. Deshalb wurden danach wieder Sirenen aufgebaut. Inzwischen stehen die Lautsprecher an rund 50 Stellen im Stadtgebiet. Die Feuerwehr kann von ihrer Leitstelle aus jede Sirene einzeln ansteuern, es können aber auch alle zusammengeschaltet werden. Abhängig von der jeweiligen Gefahr können so einzelne Stadtteile oder das gesamte Stadtgebiet gleichzeitig gewarnt werden.
Die Sirenen geben im Fall einer Gefahr einen einminütigen, aufund abschwellenden Alarmton von sich. „Man sollte dann das Radio einschalten, dort erfolgt eine Durchsage“, sagt Friedhelm Bechtel, Sprecher der Augsburger Berufsfeuerwehr. In diesen Durchsagen erhalte man dann weitergehende Informationen – im Fall eines Großbrandes könnte das zum Beidie Aufforderung sein, im Haus zu bleiben und Fenster und Türen zu schließen. Wegen der regelmäßigen Sirenentests bestehe mitunter die Gefahr, dass Bürgerinnen und Bürger im Ernstfall ebenfalls an eine Übung glauben, sagt Bechtel. Er appelliert deshalb an die Menschen: „Die Sirenen bitte immer ernst nehmen.“Ein Vorteil der Sirenen sei, dass sie auch nachts wahrgenommen werden. Anders als etwa das Handy. Die Entwarnung erfolgt laut Stadt ebenfalls durch die Sirenen-Anlagen – dann aber mit einen einminütigen Dauerton.
Seit 2018 nutzen die Stadt Augsburg und die Landkreise Augsburg, Aichach-Friedberg, Dillingen und Donau-Ries auch die Möglichkeit, die Menschen übers Handy warnen zu können. Die Stadt und die Kreise setzen auf die Warn-App Nina des Bundesamtes für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe. Über Nina erhalten die Nutzerinnen und Nutzer neben den Warnungen aus der Augsburger Rettungsleitstelle auch Warnungen des Hochwassernachrichtendienstes und Unwetterwarnungen des Deutschen Wetterdienstes, der an das System angebunden ist.
Wer die App auf seinem Smartphone installiert, bekommt per Push-Nachricht auf dem kleinen Bildschirm Warnungen mit weiteren Informationen. Genutzt wird das System mitunter auch, um die Menschen zu beruhigen. Als kürzspiel lich mitten in der Nacht ein Blindgänger kontrolliert gesprengt wurde, informierte die Warn-App nach dem Knall darüber, dass es keine Gefahr gibt. Auch die App Katwarn, die von einem Fraunhofer-Institut entwickelt wurde, werde mit Informationen bestückt, sagt Feuerwehrsprecher Bechtel. „Es geht darum, möglichst alle Menschen zu erreichen.“
Zusätzlich gibt es, ganz analog, bei jeder freiwilligen Feuerwehr in Augsburg mobile Lautsprecher, die auf Fahrzeugen angebracht werden können – für Lautsprecherdurchsagen. Längst nicht jeder und jede sei über Handy, Radio oder Fernsehen zu erreichen, sagt Bechtel. Diese Erfahrung habe man auch beim Fund der 1,8 Tonnen schweren Fliegerbombe im Jahr 2016 in der Innenstadt gemacht. Am ersten Weihnachtsfeiertag mussten damals wegen der Bombenentschärfung über 50.000 Menschen ihre Wohnungen und Häuser verlassen. Obwohl Stadt und Medien zuvor tagelang intensiv informierten und sogar Zettel in die Briefkästen gesteckt wurden, bekamen manche erst etwas von der Evakuierung mit, als die Feuerwehr mit Lautsprechern durch die Straßen fuhr und Einsatzkräfte an den Haustüren klingelten. » Viele weitere Fotos von den Augsburger Flüssen finden Sie online im entsprechen den Bericht unter augsburgerallgemeine.de/lokales