Augsburger Allgemeine (Land West)

Neues Dach für Bahnsteige

Bahnhof Das Bedauern der Neusässer Stadträte ist groß, doch die Entscheidu­ng ist gefallen: Der markante Unterstand aus Holz wird durch einen modernen Neubau ersetzt

- VON REGINE KAHL

Das Bedauern ist groß, dochd er markante Unterstand aus Holz an den Bahnsteige­n in Westheim wird durch einen modernen Neubau ersetzt.

Neusä߉Westheim Es ist eigentlich nur ein Dach, doch es löst wegen seiner Geschichte bei vielen Menschen Emotionen aus: In dunklem Holz ragt die Konstrukti­on in Westheim seit vielen Jahren über die Bahnsteige. Es sollte einmal Kobelwallf­ahrer vor Regen und Hitze schützen und tut das auch heute noch mit Schülern und Pendlern. Doch die Tage des Dachs sind gezählt. Stadtbaume­ister Dietmar Krenz machte im Planungs- und Umweltauss­chuss keine Illusionen, als Stadträte nach einem Erhalt des Unterstand­s fragten: „Der Zustand des Dachs hat Brennholzq­ualität.“Die Mehrheit des Ausschusse­s entschied sich zähneknirs­chend für einen modernen Ersatzbau.

Das Dach ist in die Diskussion gekommen, weil am Bahnhof Westheim ein Umbau an den Bahnsteige­n ansteht. Im Jahr 2022 wird die Firma Go Ahead den Nahverkehr auf der Strecke Augsburg-Ulm übernehmen. Für den Einstieg der Kunden in die neuen Triebwagen würden höhere Bahnsteige benötigt, erläuterte Krenz. Er machte klar, dass mit dem Umbau das Dach schwinden müsse. Die Bahn biete dafür als Ersatz den Bau von zwei Wartehäusc­hen auf dem Mittelstei­g an. Eine andere Überdachun­g werde von der Deutschen Bahn abgelehnt, berichtete Krenz aus weiteren Verhandlun­gen. Das Argument: Die dafür nötige Fahrgastza­hl von 3000 Personen am Tag werde in Westheim nicht erreicht.

Bürgermeis­ter Richard Greiner ergänzte: „Es ist die traurige Botschaft, an einen Erhalt des Dachs ist nicht zu denken.“Die Konstrukti­on habe nur zwei Stützen am Bahnsteinr­and, das sei nicht mehr zulässig. Abgesehen davon würden sich die Zugreisend­en nach der Erhöhung der Steige den Kopf daran anstoßen.

Als Idee schwebt der Bauverwalt­ung eine neue Überdachun­g in Form eines Y vor, so wie es zum Beispiel am Bahnhof in Herrsching zu sehen ist. In Westheim müsste es allerdings wegen des Güterverke­hrs höher gebaut werden. Der neue Un

habe mindestens eine Länge von 34 Metern, das seien 20 Prozent des Steiges, erläuterte Krenz. Die Kosten müsste die Stadt tragen, die Stadt hofft allerdings auf einen Zuschuss der Regierung von Schwaben. Die Kosten liegen laut Bauamtslei­ter Gerald Adolf „vorsichtig geschätzt“bei 150.000 Euro.

Stadträtin Silvia Daßler (Die Grünen) gefiel der Vorschlag nicht: „Mir gruselt es bei dem Anblick, so eine Stahlkonst­ruktion wird dem Bahnhof nicht gerecht.“Sie fragte, ob man nicht das alte Dach wieder neu aufbauen könnte. Auch Inge Steinmetz-Maaz (Freie Wähler) bat zu prüfen, ob man die alte Konstrukti­on nicht in irgendeine­r Weise wiederverw­enden könne. Für sie ist klar: „Westheim ist für die Bahn zweite Klasse.“Für einen Wiederaufb­au gab es vom Stadtbaume­ister eine Absage. Abgesehen vom maroden Zustand erlaubten die modernen Zuganforte­rstand derungen und Sicherheit­sstandards so etwas nicht. Robert Schmidt (CSU) sagte, dass ein Neubau in erster Linie den Regeln für Verkehrssi­cherheit entspreche­n müsse, „so leid es mir tut“. Er verstehe die Emotionen, aber das alte Dach sei keine echte Alternativ­e, sagte Ralph Glaß (SPD). „Da müssen wir auch ehrlich sein.“Für ihn gehe es nur um die Frage, kein Dach oder modernes Dach. Margit Kießling (AfD) fand den Verlusts des Dachs zwar schade, sprach sich aber für die moderne Variante aus. Die Mehrheit im Ausschuss beauftragt­e die Verwaltung, die Gespräche in diese Richtung weiterzufü­hren. Im Zuge der Debatte ging es außerdem um den fehlenden barrierefr­eien Zugang in Westheim. Die Umbaupläne der Bahn sehen hier nichts vor. Stadtbaume­ister Krenz sah hier nur die Möglichkei­t, dass auf politische­r Ebene Druck gemacht wird. In Westheim sollen die Bahnsteige auf 76 Zentimeter über Schienenob­erkante angehoben werden. Zusätzlich werden die Bahnsteige um rund 25 Meter in Richtung Süden (DieWesthei­mer dorf) verschoben, sodass Kunden von manchen Wagen weiter von hinten zur Treppe vorlaufen müssen. „Die Situation wird immer schlechter“, machte CSU-Stadtrat Wilhelm Kugelmann seinem Unmut über die Bahn Luft. Man könnte fast den Eindruck bekommen, das Unternehme­n wolle möglichst wenige Fahrgäste. Für Kugelmann ist klar: „Wir müssen in absehbarer Zeit zu jedem Bahnsteig einen barrierefr­eien Zugang schaffen.“Für Silvia Daßler ist es „ein Rätsel“, wie Neusäß zur Barrierefr­eiheit an den Bahnhöfen kommen könne. „Außer wir nehmen Millionen in die Hand wie Gersthofen.“Daßler ärgerte sich, dass auf der Strecke AugsburgUl­m nur die Bahnhöfe Neusäß und Westheim noch nicht barrierefr­ei seien. Die SPD sehe bei dem Thema die Staatsregi­erung in der Verantwort­ung, sagte Glaß. Diese stehle sich hier davon. Für Bürgermeis­ter Greiner ist es „das Minimalzie­l“, wenigstens von einer Seite die Barrierefr­eiheit zu bekommen. „Wir müssen hier auf alle unsere Mandatsträ­ger einwirken.“

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Foto: Marcus Merk (Archivbild) Das Holzdach an den Bahnsteige­n in Westheim ist nicht mehr zu bewahren, es wird durch eine neue Konstrukti­on ersetzt.
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Foto: Doering Stahlbau Ein ähnlich gebautes Dach an den Bahnsteige­n wie hier in Herrsching ist für West‰ heim im Gespräch. Auch in Augsburg hat die Firma Döring Stahlbau solche Dächer gebaut.

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