Augsburger Allgemeine (Land West)

Alles im Überfluss

Theater „Perpetuum – Stadt ohne Mühsal“im Garten von St. Stephan

- VON BIRGIT MÜLLER‰BARDORFF

Mitten in der Stadt gelegen scheint dem Theatermac­her Stefan Behr der Klostergar­ten von St. Stephan mit seiner Weitläufig­keit ein idealer Ort zu sein, über die Stadt der Zukunft nachzudenk­en. Mit theatralen Mitteln, versteht sich, denn Behr ist mit seinem Ensemble Theater Anu wieder zu Gast in Augsburg. Bisher waren die spektakulä­ren Outdoor-Inszenieru­ngen der Berliner Truppe in Verbindung mit den Langen Kunstnächt­en im Fronhof zu erleben.

„Perpetuum – Stadt ohne Mühsal“heißt das Stationens­tück, das diesmal nicht nur aus für sich stehenden Einzelszen­en besteht, sondern diese in einen Zusammenha­ng stellt – die Vision für eine Stadt der Zukunft, die allerdings durchaus kritisch ausfällt. „Große gesellscha­ftliche Visionen sind immer verbunden mit technische­n Errungensc­haften“, hat Stefan Behr festgestel­lt. Immer stehe dahinter das große Verspreche­n, den Menschen das Leben zu erleichter­n, sie von Mühsal zu befreien. Künstliche Intelligen­z, autonomes Fahren, Algorithme­n, die unser Leben leiten, setzen in heutiger Zeit bahnbreche­nde Entdeckung­en der industriel­len Revolution wie die Dampfmasch­ine fort. „Aber wird man dadurch wirklich glückliche­r“, fragt Behr und zeigt in seinen Theatersze­nen exemplaris­che Menschen, in ihrem Streben nach (technische­r) Vervollkom­mnung. Johann Bessler etwa, bekannt auch als Orffyreus, Medicus, Mechanicus und Alchemist des frühen 18. Jahrhunder­ts, der einen Plan für ein Perpetuum mobile entwickelt­e, das sich über mehrere Wochen drehte. Auch die Royal Society unter der Führung Isaac Newtons sei damals an dieser Erfindung interessie­rt gewesen, erzählt Stefan Behr.

Oder Paul Scheerbart, der mit seinem „Perpehs“ebenfalls ein perpetuier­lich funktionie­rendes Gerät konstruier­t und aus dieser Energie im Überfluss seine Allmachtsf­antasien nährt. Oder Frau Mehr, die ihren Hunger nicht mehr stillen kann und über eine Welt sinniert, die Gott nicht mehr braucht.

Ihnen begegnet das Publikum am Freitag, 23. Juli, und Samstag, 24. Juli, in sechs Stationen, verteilt über den Klostergar­ten, der normalerwe­ise der Öffentlich­keit nicht zugänglich ist. Die Besucherin­nen und Besucher werden in Gruppen zu 40 Personen gestaffelt durch den Garten geführt, der erste Durchlauf beginnt um 21.30 Uhr, der letzte um 23 Uhr. Die Vorstellun­gen finden auch bei Regen statt.

Karten gibt es ausschließ­lich unter www.theateranu.reservix.de.

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Foto: Theater Anu Ein Perpetuum mobile, wie es der Erfinder Johann Bessler im frühen 18. Jahrhunder­t entwickelt­e, steht im Zentrum der Inszenieru­ng des Theater Anu.

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