Augsburger Allgemeine (Land West)

Es bleibt ein schaler Nachgeschm­ack

- VON STEFAN KROG skro@augsburger‰allgemeine.de

Schüler seien die Leidtragen­den der Pandemie, Schulen hätten Vorrang bei Öffnungen, sichere Schulen hätten absolute Priorität: Das sind Politikera­ussagen, die es seit Beginn der Corona-Pandemie landauf landab zu hören gibt. Die Aussagen sind richtig, und dennoch schwierig umzusetzen. Umso eigenartig­er, dass die Staatsregi­erung erst gute zwei Monate vor dem Beginn des neuen Schuljahrs mit dem Vorstoß ums Eck kam, dass die Kommunen mit Förderung durch den Freistaat alle Klassenzim­mer mit Luftfilter­n ausstatten sollen.

Wenn man das Thema wirklich für wichtig hält, dann wäre das Frühjahr mit einem halben Jahr Vorlauf der richtige Zeitpunkt gewesen. So bleibt der schale Nachgeschm­ack, dass die Filter deshalb angeordnet wurden, um im Fall von möglichen erneuten Schulschli­eßungen im Winter sagen zu können, man habe alles getan. Vorausscha­uende Politik geht anders. Für Kommunen wie Augsburg wäre es wohl tatsächlic­h ein Risiko gewesen, auf gut Glück Filter zu kaufen, wenn es keine klaren Ansagen aus den Ministerie­n gibt. Dass die Stadt die Filter nun aber geradezu schlecht macht, ist dennoch befremdlic­h.

Für Schüler und Eltern wird die interessan­teste Frage sein, was das für die Praxis bedeutet. Eine Gefahr der Luftfilter liegt darin, dass sie dazu verführen könnten, Maßnahmen wie das Lüften schleifen zu lassen. Diese Botschaft wird man den Lehrerinne­n und Lehrern noch nahebringe­n müssen. Ob man die Filter dazu nutzen kann, um Schulen auch in den Infektions­wellen des Winters geöffnet zu halten, ist zu bezweifeln. Die Filter senken unter bestimmten Voraussetz­ungen die Virendicht­e in der Raumluft, unter anderen Bedingunge­n bringen sie wenig. Alles, was das Infektions­risiko senkt, ist erst einmal gut, weil es Ansteckung­en verhindert und auch ein höheres Gefühl der Sicherheit vermittelt. Solange die Risikosenk­ung in der Praxis aber nicht klar bezifferba­r ist, sind die Luftfilter ein untauglich­es Instrument, um auch bei hohen Inzidenzen den Präsenzunt­erricht vertreten zu können.

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