Augsburger Allgemeine (Land West)

Elektrobus­se fahren weiter als geplant

Verkehr Seit einem Jahr bringen zwei Elektrobus­se des AVV Fahrgäste von Zusmarshau­sen zum Unikliniku­m und zurück. Das Pilotproje­kt geht auf. In Zukunft sollen weitere Elektrofah­rzeuge folgen

- VON PHILIPP KINNE

Zusmarshau­sen Geht es um Elektromob­ilität, fällt schnell ein Stichwort: Reichweite. Wann muss wieder aufgeladen werden? Wie weit bis zur nächsten Stromtanks­telle? Ein Jahr lang sind die beiden Elektrobus­se des Verkehrsbu­nds AVV nun im Einsatz. Das erste Fazit: Die Fahrzeuge schaffen deutlich mehr Strecke als gedacht. Die erste Testphase ist damit bestanden. In Zukunft werden wohl noch deutlich mehr E-Busse über die Straßen im Augsburger Land rollen. Das hat auch mit einer Vorgabe der EU zu tun.

Etwa 430 Kilometer schaffen die beiden Elektrobus­se des AVV. Sie sind im Rahmen eines Pilotproje­kts auf der Strecke zwischen Zusmarshau­sen und dem Augsburger Unikliniku­m unterwegs. Nach Schätzunge­n des Verkehrsbu­ndes sind im Schnitte etwa 15 bis 20 Fahrgäste im Bus. Platz wäre für 75. Ursprüngli­ch hätten die Betreiber nur mit etwa 240 Kilometern Reichweite gerechnet, sagt AVV-Geschäftsf­ührerin Linda Kisabaka. Durch sparsames Fahren und intelligen­tes Laden habe man die Kapazität deutlich erhöhen können. „Man kann mit einem E-Bus ja nicht einfach zur Tankstelle fahren“, sagt Paul Kienberger. Er ist Geschäftsf­ührer der Firma Egenberger, die im Auftrag des AVV den Verkehr fährt. Aus seiner Sicht sind die beiden Elektrobus­se ein Erfolg, den man ausbauen will.

Dem AVV bleibt da auch keine andere Wahl. Schließlic­h soll bis 2025 nach einer Vorgabe der Europäisch­en Union ein Viertel aller Busse „sauber“, also emissionsf­rei sein. Bis 2030 sogar ein Drittel. Bis dahin muss sich bei dem großen

Verkehrsbu­nd noch einiges ändern. Immerhin: Die beiden Elektrobus­se haben laut AVV bereits fast 100 Tonnen CO2 eingespart, das entspricht in etwa dem jährlichen Ausstoß von 62 benzinbetr­iebenen Autos. Kienberger schätzt, dass derzeit etwa 220 AVV-Busse auf den Straßen seien. Die meisten davon werden mit Verbrenner­motoren betrieben, ein Teil sind Hybridfahr­zeuge. „Das wird sich ganz klar ändern“, sagt Kienberger am Rande einer Veranstalt­ung zum einjährige­n Bestehen des Pilotproje­kts. Kienberger: „Entscheide­nd dafür ist die Infrastruk­tur.“Denn noch fehlt es an Ladestatio­nen, um großflächi­g auf E-Busse setzen zu können.

Woher der Strom für die beiden Elektrobus­se kommt, sei unterschie­dlich, erklärt Kienberger. Mehr als die Hälfte stammt aus Ladestatio­nen des Zusmarshau­ser Automobilz­ulieferers Sortimo. Dort wird der Strom aus Photovolta­ikanlagen gewonnen. Bald sollen die Fahrzeuge im Innovation­spark, der großen Stromtanks­telle an der A8, geladen werden. Die soll in den kommenden Wochen fertig werden, teilt das Unternehme­n mit. Noch wird aber an vielen Stationen „aufgetankt“, erklärt Kienberger: „Wir laden auch auf dem Betriebsge­lände oder bei ganz normalen OMVTankste­llen“. Ziel sei es, möglichst nur noch Strom aus erneuerbar­en Energieque­llen zu verwenden. Bis die Mercedes-Elektrobus­se voll geladen ist, dauert es bei leerem Akku etwa 100 Minuten. Doch voll aufgeladen wird nur selten, das erhöhe die Lebenszeit der Akkus.

Auch die Fahrgäste sind mit dem neuen Angebot nach einem Jahr offenbar zufrieden. Nach einer Umfrage des AVV kommt vor allem eins gut an: die Ruhe im Vergleich zum Dröhnen eines Motors. Rund 75 Prozent der Befragten empfinden die Fahrgeräus­che angenehmer als bei einem Verbrenner. Laut AVVGeschäf­tsführerin liegt die Lautstärke im Bus während der Fahrt bei 71 Dezibel. Das ist in etwa so laut wie ein laufender Wasserhahn.

Für Klaus Metzger (CSU), Landrat des Landkreise­s Aichach-Friedberg, zeigt sich, dass die neuen Fahrzeuge „regionalbu­sverkehrst­auglich“sind, wie er sagt. Inzwischen hat der AVV die Busse täglich länger im Einsatz als geplant, auch am Wochenende sind sie unterwegs. Eine wichtige Voraussetz­ung für das Pilotproje­kt sieht Hubert Kraus (CSU), stellvertr­etender Landrat im Kreis Augsburg, als Zusmarshau­ser in der dort entstehend­en Stromtanks­telle. Die Elektrobus­se laden dort schon seit Langem. In wenigen Wochen soll die Stromtanks­telle auch für alle anderen eröffnet werden.

Bis 2026 wollen Bund und Land die Elektrolin­ie zwischen Zusmarshau­sen und Augsburg fördern. Die Mehrkosten allein auf der Strecke Zusmarshau­sen-Augsburg liegen beim Pilotproje­kt laut AVV bei etwa 400.000 Euro im Jahr. Der Neusässer Bundestags­abgeordnet­e Hansjörg Durz (CSU) versprach beim ersten Geburtstag des Pilotproje­kts weitere Unterstütz­ung vom Bund. Die Förderquot­e bei der Anschaffun­g von Elektrobus­sen soll von bislang 50 Prozent auf bis zu 80 Prozent angehoben werden. Der Bund wolle dafür 1,3 Milliarden Euro bereitstel­len. Bis es so weit ist, dass die etwa 80.000 Busse im Bundesgebi­et nach dem Vorbild der AVV-Elektrobus­se über die Straßen rollen, werden wohl noch Jahre vergehen.

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Foto: Marcus Merk (Archivbild) Seit einem Jahr fahren Elektrobus­se zwischen Zusmarshau­sen und der Uniklinik.

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