Augsburger Allgemeine (Land West)

Schröder verliert seine Sonderrech­te

Ex‰Kanzler Seine Nähe zu Putin und die Lobby-Jobs für russische Energierie­sen sind offiziell nicht der Grund dafür.

- VON BERNHARD JUNGINGER

Die Sonderrech­te des ehemaligen Bundeskanz­lers Gerhard Schröder sollen drastisch zusammenge­strichen werden. Der 77-Jährige wird einem Plan der AmpelRegie­rung zufolge bald sein Büro und seine Mitarbeite­r verlieren. Am Donnerstag steht im Haushaltsa­usschuss des Bundestags die Entscheidu­ng an. Schröder ist ein langjährig­er Freund des russischen Präsidente­n Wladimir Putin und seit Jahren als Lobbyist russischer Energiekon­zerne in Deutschlan­d aktiv. Die Kritik daran hat sich nach dem russischen Angriff auf die Ukraine noch einmal drastisch verschärft. Doch Schröder hält weiter stur an seinen umstritten­en Tätigkeite­n fest.

Das aber ist nicht die offizielle Begründung für die Streichung der Privilegie­n. Stephan Thomae, Parlamenta­rischer Geschäftsf­ührer der FDP-Bundestags­fraktion, sagte unserer Redaktion: „Die Amtsaussta­ttung für Bundeskanz­ler nach Ende ihrer Amtszeit erfüllt grundsätzl­ich den Zweck, den ehemaligen Kanzlern nach ihrer aktiven Zeit zu ermögliche­n, bestimmte Pflichten zu erfüllen und Aufgaben für unser Land wahrzunehm­en. Anders Gerhard Schröder, der nicht für, sondern gegen die Interessen Deutschlan­ds agiert.“Deshalb hätten die Haushaltsp­olitiker der Ampel beschlosse­n, Schröders Leistungen für Büro und Mitarbeite­r-Stellen aus dem Haushaltsp­lan zu streichen.

Die vom Staat bezahlten Personalau­sgaben im Büro des Altkanzler­s beliefen sich im vergangene­n Jahr auf 407.000 Euro. Mehrere Mitarbeite­r hatten aber bereits vor Wochen aus Protest gegen sein Festhalten an den Engagement­s bei russischen Firmen gekündigt, die Stellen will das Ampel-Bündnis nun nicht nachbesetz­en. Das verblieben­e Personal solle das Büro nun auflösen und anschließe­nd anderweiti­ge Aufgaben übernehmen. Die neuen Regeln betreffen offenbar zunächst nur Schröder. Angela Merkel (CDU), die dem Vernehmen nach

ihre Memoiren schreibt, kann ihr Büro weiter nutzen, was sie offenbar eher selten tut. In ihren Räumen residierte einst DDR-Volksbildu­ngsministe­rin Margot Honecker.

FDP-Politiker Thomae will die Regelungen zur Amtsaussta­ttung ehemaliger Bundeskanz­ler generell auf den Prüfstand stellen. „Wir müssen definieren, für welche Aufgaben finanziell­e Mittel ausgezahlt werden und an welche Bedingunge­n diese geknüpft sind“, sagte er. In Ausnahmefä­llen wie bei Altkanzler

Schröder müsse es möglich sein, die Zahlungen komplett einzustell­en. Zudem solle überlegt werden, „die Mittel mit zunehmende­m Abstand zur Amtszeit abzuschmel­zen“. Thomae stellt klar: „Denn die Amtsaussta­ttung dient nicht der Altersabsi­cherung; dafür erhalten Altkanzler ein Ruhegehalt.“

Schröder wegen seiner intensiven Russland-Beziehunge­n auch dieses Ruhegehalt zu streichen, das hatte die Union zuletzt gefordert. Der Ex-Kanzler schade dem internatio­nalen Ansehen Deutschlan­ds. Trotz des Ukraine-Kriegs habe sich Schröder noch immer nicht vom russischen Präsidente­n Wladimir Putin distanzier­t und gebe auch seine Posten in diversen russischen Energieunt­ernehmen nicht auf. So weit wollten die Koalitionä­re nicht gehen. Eine Streichung wäre nach Auffassung von SPD, Grünen und FDP ein Verstoß gegen das Grundgeset­z. Auch um seinen Personensc­hutz muss der SPD-Politiker nicht bangen. Schröder erhielt zuletzt für seine sieben

Amtsjahre als Kanzler monatlich 8300 Euro. Den geltenden Regeln zufolge stehen ihm rund 35 Prozent eines aktuellen Kanzlergeh­alts zu. Hinzu kommen weitere Bezüge aus seiner Zeit in der niedersäch­sischen Landesregi­erung und als langjährig­er Bundestags­abgeordnet­er.

Wie viel Geld Schröder für seine Tätigkeite­n für russische Unternehme­n überwiesen bekommt, ist unklar. Nach Medienberi­chten von 2017 zahlte der Kreml-nahe Ölriese Rosneft seinen Vorständen sechs Millionen Euro im Jahr. Schröder selbst kommentier­te dies mit der Aussage, er erhalte als Chef des Verwaltung­srats weniger als ein Zehntel davon. Mindestens 250.000 Euro jährlich, womöglich deutlich mehr, soll sein Jahressalä­r bei der Firma Nord Stream AG betragen, die für das umstritten­e Gasröhren-Projekt Nord Stream 2 verantwort­lich ist. Das Vermögen Schröders, der auch für weitere Unternehme­n tätig war und ist, wird auf einen zweistelli­gen Millionenb­etrag geschätzt.

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Foto: Christoph Soeder, dpa Ex‰Kanzler Schröder hat seine Fürspre‰ cher verprellt.

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