Augsburger Allgemeine (Land West)
Totes Kind aus Bopfingen: 14 Jahre Haft für Angeklagten
Prozess Ein 23 Monate alter Bub ist im Oktober 2021 nach schweren Misshandlungen gestorben. Jetzt fiel das Urteil gegen den Partner der Mutter, doch die Verteidigung will dagegen vorgehen.
Ellwangen Das Schwurgericht Ellwangen hat im Prozess um ein totes Kleinkind einen 33-Jährigen wegen Totschlags und schwerer Misshandlung Schutzbefohlener zu einer Haftstrafe von 14 Jahren verurteilt. Im Oktober 2021 war ein 23 Monate alter Bub aus Bopfingen an der Grenze zum Kreis Donau-Ries an schweren inneren Verletzungen gestorben. Vor Gericht musste sich jetzt der damalige Partner der Mutter verantworten.
Der Vorsitzende Richter Bernhard Fritsch schildert bei der Urteilsverkündung, dass die Kammer „nicht den Hauch eines Zweifels“an der Täterschaft des Angeklagten habe. Das begründet der Richter einmal mit dem zeitlichen Ablauf.
Zwar gab es früher schon Gewalt in der Familie, die war aber vom damaligen Ehemann der 37-jährigen Mutter ausgegangen. Von der Frau selbst sowie den anderen Kindern sei nie von Gewalt berichtet worden, das hatten auch Jugendamt und Kinderärzte geschildert. Die Verletzungen gab es erst, als der Mann aus dem Landkreis Ansbach ins Leben der Familie trat.
Im Sommer 2021 war die Frau mit dem 33-Jährigen zusammengekommen. Nach Aussagen diverser Zeugen gab die Mutter schnell die Verantwortung für ihre Kinder an ihren neuen Partner ab, der wickelte und duschte den Buben. Wie ein Halbbruder des Buben vor Gericht schilderte, sei der Angeklagte dann immer „komischer“geworden. Er habe beim Wickeln die Tür hinter sich zugezogen, der Halbbruder hörte häufiger ein Klatschen und Geschrei. Das Kleinkind hatte blaue Flecken – immer dann, wenn der 33-Jährige zu Besuch war. So sagte es der Halbbruder vor Gericht, doch eine Misshandlung selbst hat er nie beobachtet. Als er seine Mutter darauf ansprach, habe diese die Situation beschönigt. Deswegen plante der ältere Bruder, eine Kamera im Wohnzimmer zu installieren, doch dazu kam es nicht mehr. Das Kleinkind starb zuvor. Dass es geschlagen wurde, zeigten Bilder vor Gericht: Der 23 Monate alte Junge hatte diverse blaue Flecken am ganzen Körper, auch im Gesicht.
Richter Fritsch führt auch die medizinischen Gutachten an: Ein Biss stammte zu 98 Prozent vom Angeklagten. Der Junge starb letztlich durch massivste innere Verletzungen, die auf einen Tritt in den Bauch zurückzuführen sind.
Auch wenn der Angeklagte selbst im Prozess die Aussage verweigerte, begründet Richter Fritsch das Urteil letztlich mit dem persönlichen Verhalten des Angeklagten: Am Abend, als der Bub starb, hatte er eine Bekannte angerufen und gesagt, er sei schuld an dessen Tod. „Das ist letztlich eine Art Geständnis, das er ablegt“, sagt der Richter. Dazu kommt: Als die Mutter und ihr Partner den Notarzt riefen, machte der 33-Jährige eine Bemerkung zu einer möglichen inneren Verletzung im Darmbereich.
Die Verteidigerinnen Sarah Schwegler und Sandra Ebert, die auf Körperverletzung beziehungsweise Misshandlung plädiert hatten, kündigen an, Revision gegen das Urteil einzulegen. „Für unseren Mandanten ist das Urteil ein Schock“, sagt Schwegler unserer Redaktion, „wir sehen das anders als das Gericht.“Nachweislich seien einige der Verletzungen des Buben nicht auf ihren Mandanten zurückzuführen, das Gericht aber ordne ihm diese pauschal zu. Noch dazu seien Tatzeit und -ort völlig unklar. Ebert betont, dass das Verhalten ihres Mandanten kein Geständnis, sondern Sorge um den Gesundheitszustand des Kindes darstelle. Sie sei irritiert, dass das Gericht darauf sein Urteil stütze.
Staatsanwalt Patrick Schmidt jedoch ist weiterhin überzeugt davon, dass die Tat als Mord statt als Totschlag zu werten ist. Möglicherweise werde auch die Staatsanwaltschaft Rechtsmittel einlegen.