Augsburger Allgemeine (Land West)

Temperamen­tvolles Trainer‰Duell

Fußball Sowohl Domenico Tedesco mit RB Leipzig als auch Christian Streich mit dem SC Freiburg greifen im DFB-Pokal-Endspiel nach dem ersten Titel ihrer Profi-Trainerkar­riere.

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Berlin Temperamen­t haben sie beide. Da steht der 36-jährige Domenico Tedesco dem gut 20 Jahre älteren Christian Streich in nichts nach. An der Seitenlini­e könnte es beim DFBPokal-Finale zwischen RB Leipzig und dem SC Freiburg am Samstag (20.00 Uhr/ARD und Sky) in Berlin demnach hoch hergehen. Abseits des Rasens treten die beiden Fußballleh­rer aber wesentlich ruhiger auf. Das Duell zwischen Leipzigs Tedesco und Freiburgs Streich ist nicht nur das um den ersten Titel ihrer Profi-Trainerkar­riere, sondern auch das zweier spannender Persönlich­keiten. Italienisc­hes trifft badisches Herzblut.

Tedesco wurde in Rossano geboren und war zwei Jahre alt, als seine Familie nach Deutschlan­d auswandert­e. Der Großteil der Verwandtsc­haft lebt in Süditalien, Tedesco selbst wuchs im schwäbisch­en Esslingen auf. Seine Frau und die zwei gemeinsame­n Kinder leben nach wie vor in Stuttgart. Der Trainer, der bei RB im Dezember auf den Amerikaner Jesse Marsch folgte, wohnt in Leipzig im Hotel. Tedesco besitzt die italienisc­he und die deutsche Staatsbürg­erschaft – und spricht sechs Sprachen: Deutsch, Englisch und Italienisc­h fließend, dazu Spanisch, Französisc­h und seit seiner Zeit bei Spartak Moskau auch Russisch.

Tedesco ist Fan des italienisc­hen Fußballs – und ein akribische­r Taktiker. „Mit Domenico kannst du nicht nur über Fußball sprechen“, stellte Julian Nagelsmann vor wenigen Monaten aber klar. Der Coach des FC Bayern München absolviert­e 2015/2016 zusammen mit Tedesco den Fußballleh­rer-Lehrgang. Da beide damals im Nachwuchsb­ereich

der TSG 1899 Hoffenheim beschäftig­t waren, bildeten sie eine Fahrgemein­schaft vom Kraichgau zum Unterricht in Hennef. Tedesco, der seit jeher büffelte, wenn andere feierten, wurde mit Note 1,0 Jahrgangsb­ester.

Streich ist auf berufliche­r Ebene lange nicht so herumgekom­men. Als Spieler zog es den Sohn eines Metzgers aus Eimeldinge­n im Landkreis Lörrach nicht weiter als zu den Stuttgarte­r Kickers und nach Homburg. „Ich bin jetzt 56 Jahre alt und habe mich wohnungsmä­ßig maximal 200 Kilometer von meinem Heimatdorf entfernt. Es scheint, dass ich ein erzkonserv­ativer Bock

bin, der von der Welt spricht und immer am gleichen Ort bleibt“, scherzte Streich im dpa-Interview anlässlich seines zehnjährig­en Jubiläums als Freiburger Cheftraine­r im Dezember.

Streich, der 1995 im Nachwuchsb­ereich des SC anfing und in der Winterpaus­e der Saison 2011/2012 die Verantwort­ung für die Profis übernahm, ist der Star seines Vereins. Und eine Kultfigur geworden, die sich auch außerhalb ihrer Sportart größter Popularitä­t und Wertschätz­ung erfreut. Der Südbadener hat klare Meinungen, auch zu gesellscha­ftspolitis­chen Themen, und tut sie – mitunter in breitem Dialekt

– offen kund. Nicht wenigen erscheint er inmitten des hoch bezahlten Fußballges­chäfts als eine Art Stimme des Volkes. Als einer, der noch so etwas wie die gute Seele des Spiels verkörpert.

Und nicht wenige gönnen Streich daher auch, dass er die jetzt schon starke Freiburger Saison nach dem sechsten Platz in der Liga und dem Einzug in die Europa League nun auch noch mit dem erstmalige­n Gewinn des DFB-Pokals krönt. Mit den A-Junioren des SC hat Streich den Cup schon dreimal gewonnen. Erfolgreic­he Finalerfah­rungen als Trainer bringt er also mit ins Berliner Olympiasta­dion.

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Foto: Jan Woitas, dpa Domenico Tedesco hat RB Leipzig in der Bundesliga wieder auf Kurs gebracht.
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Foto: Tom Weller, dpa Christian Streich verkörpert die Fußballkul­tur des SC Freiburg bereits seit Jahren.

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