Augsburger Allgemeine (Land West)
Seit 30 Jahren leistet „Tür an Tür“Migrationsarbeit
Jubiläum 100 Menschen engagieren sich hauptamtlich bei dem Verein, der viel bewegt hat. Im Sommer stellt sich der Vorstand neu auf, weil viele Herausforderungen anstehen.
Im Mai 1992 wurde der Grundstein für einen Augsburger Verein gelegt, der im Zusammenleben der Stadtgesellschaft nicht mehr wegzudenken ist: Tür an Tür. Der Verein setzt sich aus vielen Initiativen und Projekten zusammen. Ein Ziel verfolgen alle Aktivitäten: Sie sollen die Integration von Geflüchteten und Menschen mit Migrationshintergrund sowie von Angehörigen einkommensschwacher Bevölkerungsgruppen verbessern. Das 30-jährige Vereinsbestehen begeht der Verein mit einer Jubiläumszeitung und zahlreichen Aktionen.
Aktuell engagieren sich bei „Tür an Tür“etwa 100 Menschen hauptamtlich und 150 ehrenamtlich. Der Vorstand mit Christine von Gropper, Thomas Körner-Wilsdorf, Helmut Schwering, Matthias Schopf-Emrich und Stefan Wagner wird sich im Sommer 2022 neu aufstellen, teilt der Verein mit. Ein Generationswechsel
sei angesagt. Die Anforderungen würden wachsen: Schließlich würden Kriege wie in der Ukraine und die Klimakrise noch lange für große Migrationsbewegungen und Herausforderungen sorgen.
Von Anfang an waren die Vereinsmitglieder gefordert. 1995 übernahm der Verein das Augsburger „Wohnbüro“, das von der Auflösung bedroht gewesen war. Ein Teil der engagierten Gruppe kannte sich schon lange. Sie hatten sieben Männer aus Bangladesch unterstützt, die im November 1989 in einer Kirche im Augsburger Stadtteil Göggingen Schutz suchten. Das mehrmonatige Kirchenasyl war eines der ersten in Bayern, das erste in der Stadt Augsburg. Später standen die engagierten Helfer den Bewohnern der Augsburger Asylbewerberunterkunft im Fabrikschloss zur Seite. 1200 Männer waren dort teilweise untergebracht. Weil sich die kirchlichen Organisationen weigerten, Berater
hinzuschicken, übernahm der Kreis der Engagierten diese Aufgabe.
Im Wohnbüro wollten sie schließlich sozial benachteiligte Frauen und Männer bei der Wohnungssuche unterstützen. Ein Ziel, das bis heute
gilt. Die Zeiten haben sich geändert, die Probleme sind vielfach dieselben geblieben. In den vergangenen drei Jahrzehnten haben die Mitglieder von „Tür an Tür“viel erreicht. Bei asylpolitischen Kaffeefahrten hielten
sie Politikern und Mitarbeitern von Behörden die teilweise untragbaren Zustände in Asylbewerberunterkünften der Region vor Augen, als 2015 der große Flüchtlingsstrom einsetzte, standen sie an der Seite der Stadt und der Regierung von Schwaben.
2012 zog der Verein in ein altes Straßenbahndepot. Ihr Café ist zu einem Treffpunkt von Geflüchteten, Ehrenamtlichen, Nachbarn und Mitarbeitern von nahe gelegenen Firmen geworden. In ihren Räumen in der Wertachstraße findet interkulturelle Beratung in den eigenen Netzwerken und Beratungsstellen statt. Ihr Beitrag für die digitale Lebenswelt ist unter anderem die App „Integreat“, die Menschen aus dem Ausland über Beratungsangebote, Anlaufstellen und Kontaktmöglichkeiten informiert und in verschiedenen Kommunen etabliert.
Das Jubiläum wird unter anderem mit einer Diskussionsrunde, Vortrag und Filmvorführung begangen. Am Montag, 20. Juni, ist ein Stadtradeln zu Alltagsstationen von Geflüchteten geplant, am Samstag, 24. September, ein Benefizkonzert für geflüchtete Menschen in St. Ulrich.