Augsburger Allgemeine (Land West)

So helfen Ehrenamtli­che bei der Wohnungssu­che

Unterstütz­ung Sozial Benachteil­igten fällt die Suche in Augsburg besonders schwer. Wohnpaten unterstütz­en sie dabei. Das Problem ist so groß, dass mehr Helfer gebraucht werden.

- VON MIRIAM ZISSLER

Wohnungssu­che hat sich für jeden und jede zu einer schwierige­n Aufgabe entwickelt. In Augsburg ist freier Wohnraum Mangelware, gerade günstige Wohnungen sind besonders schwer zu bekommen. Nachdem sich immer mehr Menschen hilfesuche­nd an das Freiwillig­en-Zentrum Augsburg gewendet hatten, wurden im vergangene­n Herbst erstmals Wohnpaten ausgebilde­t. Sie unterstütz­en nun sozial benachteil­igte Menschen bei der Suche. Es werden aber noch mehr Wohnpaten benötigt, um den Anfragen nachkommen zu können.

Die 73-jährige Rentnerin ist glücklich. Gemeinsam mit ihrem Wohnpaten Franz Ketterle hat sie eine Wohnung gefunden. Das war keine einfache Angelegenh­eit. Ihr war wegen Eigenbedar­f gekündigt worden. Über eine Privatpers­on, die eine Wohnung vermietete, konnte Ketterle nach langem Suchen etwas für die Rentnerin finden. Die Zielgruppe der Menschen, denen die Wohnpaten unter die Arme greifen, ist groß. Es sind Menschen mit Behinderun­g oder einer psychische­n Krankheit, es sind Augsburger­innen und Augsburger, die in soziale Not geraten sind und in prekären Lebenssitu­ationen feststecke­n. Es sind Personen, die in Übergangsw­ohnheimen leben, aus Altersgrün­den ihre Wohnung verlassen müssen, oder denen wegen Eigenbedar­f gekündigt wird, berichtet Gabriele Opas vom Freiwillig­en-Zentrum Augsburg. Wenn Menschen ihre Wohnung verlassen müssten, verlören sie oftmals den Halt, weil sie in ihrem gewohnten Umfeld so verwurzelt seien. „Man muss ihnen eine Perspektiv­e geben“, sagt Opas, die den Einsatz der Wohnpaten koordinier­t. Vergangene­n September

fand die erste Schulung von Wohnpaten statt. „Die Idee dazu gab es schon länger“, sagt Opas. „Sozialrefe­rent Martin Schenkelbe­rg hat das Vorhaben angetriebe­n.“

Ursula Mücke war unter anderem bei der ersten Schulung dabei. Schon lange unterstütz­t sie das Freiwillig­en-Zentrum als Sozialpati­n. Es falle ihr einfach ein Stein von Herzen, wenn sie jemandem helfen könne. „Es ging mir immer gut. Mit ist es wichtig, etwas zurückzuge­ben“,

sie. Sie bildet ein Tandem mit Asiye Tanik, die seit drei Jahren in Deutschlan­d lebt. Die Juristin musste mit ihrer Familie die Türkei aus politische­n Gründen verlassen. Tanik will Erfahrunge­n sammeln. Sie könne sich sehr gut in die hilfsbedür­ftigen Leute hineinvers­etzen, nach ihrer Ankunft in Deutschlan­d habe sie sich in einer ähnlichen Situation befunden. „Wenn jemand in seinem Zuhause nicht glücklich ist, dann kann man sich nicht auf seine

Aufgaben und Familie konzentrie­ren, sich nicht ausruhen und erholen. Das beeinfluss­t das Leben negativ“, sagt sie.

Asiye Tanik und Ursula Mücke bekommen diese Probleme gerade hautnah mit. Sie suchen für eine Familie eine neue Bleibe, da es in der derzeitige­n Wohnung Kakerlaken und Schimmelbe­fall gebe. „Die Fenstersch­eiben sind gesprungen. Klebeband hält das Glas zusammen“, berichtet Mücke. Diese Sisagt

tuation wirke sich auch auf die Gesundheit der Familienmi­tglieder aus. Das sei schon eine Belastung, so die Wohnpatin.

Wie die Helfer des Freiwillig­enZentrums berichten, gibt es komplizier­tere und weniger komplizier­te Fälle, Menschen, die alle Unterlagen für eine Selbstausk­unft vorliegen hätten, andere, wo Papiere erst zusammenge­tragen werden müssten. Manch einer habe einen SchufaEint­rag und werde deshalb von potenziell­en Vermietern oftmals gar nicht erst zur Wohnungsbe­sichtigung eingeladen. Franz Ketterle leistet viel Überzeugun­gsarbeit am Telefon. Er habe in den vergangene­n Monaten gemerkt, dass es leichter sei, über Privatpers­onen an eine Wohnung zu gelangen. „Am Telefon lässt sich schnell eine persönlich­e Verbindung aufbauen“, sagt er. Als Ketterle in Rente ging, wollte er seine freie Zeit mit einer sinnvollen Aufgabe füllen. „Es ist ein Gefühl der Selbstwirk­samkeit. Es ist ein befriedige­ndes Gefühl. Man nimmt mehr mit, als man gibt“, stellt er fest. Die Arbeit wird den engagierte­n Helfern nicht ausgehen.

Bis zu drei Anfragen landen bei Gabriele Opas Woche für Woche auf dem Tisch. Es sind Augsburger­innen und Augsburger, die sich direkt beim Freiwillig­en-Zentrum melden, oder die von einer Fachstelle weitergele­itet wurden. Zur Bewältigun­g dieser Aufgabe sucht die Einrichtun­g fortlaufen­d Interessie­rte, die sich in kostenlose­n Schulungen zu Wohnpatinn­en und Wohnpaten ausbilden lassen können. „Wir suchen Personen, die viel Empathie mitbringen und motivieren­d auf andere einwirken können. Daneben braucht man einen langen Atem“, sagt Opas. Es gebe in Augsburg einfach zu wenig günstigen Wohnraum, so Ursula Mücke. Nachdem die Stadt die Mietobergr­enzen, bis zu denen die Miete für Hartz-IVEmpfänge­r übernommen wird, teils erheblich gesenkt habe, verschärfe sich das Problem zusätzlich.

Interessie­rte können sich an das Freiwillig­en-Zentrum unter Telefon 0821/450422-0 oder E-Mail opas@freiwillig­en-zentrum-augsburg.de wenden. Die nächste Wohnpatens­chulung findet am 21., 23. und 27. Juni von 17.30 bis 21 Uhr statt.

 ?? Foto: Michael Hochgemuth ?? Die Wohnpaten (von links) Franz Ketterle, Asiye Tanik und Ursula Mücke kümmern sich um Menschen, die es schwer haben, in Augsburg selber eine geeignete Wohnung zu finden. Gabriele Opas und Wolfgang Krell samt Maskottche­n „Willi“vom Freiwillig­en‰Zentrum unterstütz­en sie.
Foto: Michael Hochgemuth Die Wohnpaten (von links) Franz Ketterle, Asiye Tanik und Ursula Mücke kümmern sich um Menschen, die es schwer haben, in Augsburg selber eine geeignete Wohnung zu finden. Gabriele Opas und Wolfgang Krell samt Maskottche­n „Willi“vom Freiwillig­en‰Zentrum unterstütz­en sie.

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