Augsburger Allgemeine (Land West)
Verfahren gegen SynlabVerantwortliche eingestellt
Justiz
Der Konzern Synlab stand im Fokus der Augsburger Justiz. Die Staatsanwaltschaft wollte mehrere Personen vor Gericht bringen. Nun gibt es eine neue Entwicklung.
Die Vorwürfe hatten es durchaus in sich. Mehrere frühere und aktuelle Verantwortliche des Augsburger Labordiagnostik-Konzerns Synlab sollten im Zeitraum März 2013 bis Februar 2018 Straftaten begangen haben, so der Verdacht; es ging um Veruntreuung und Vorenthalten von Arbeitsentgelt, also mögliche Schwarzarbeit. Konkret ergaben die Ermittlungen, dass das Labor 35 scheinselbstständige Kurierfahrer für den Transport von Proben eingesetzt und dadurch Sozialversicherungsbeiträge in Höhe von rund einer Million Euro eingespart haben könnte. Wie berichtet, erhob die Staatsanwaltschaft Augsburg vergangenes Jahr Anklage gegen sechs Manager des Konzerns. Nun allerdings gibt es eine neue Entwicklung: Das Landgericht Augsburg hat das Verfahren eingestellt, zu einem Prozess wird es nicht mehr kommen.
Ein Hintergrund dieses Schrittes: Nach „vorläufiger Würdigung der Aktenlage“kam die zuständige 7. Strafkammer nach Darstellung des Gerichtes zu dem Schluss, dass lediglich in Bezug auf 15 Kurierfahrer ein hinreichender Tatverdacht bestand, in dem Fall wäre es um einem möglichen Gesamtschaden von rund 600.000 Euro zulasten der Deutschen Rentenversicherung gegangen.
Kein kleiner Betrag, allerdings angesichts der Größe des SynlabKonzerns eine Summe, die schon bei kleineren Abrechnungsfehlern schnell erreicht sein dürfte. Der Labor-Riese beschäftigt mehr als 20.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, rund 400 davon in Augsburg. In den Synlab-Laboren werden pro Jahr etwa 500 Millionen Tests durchgeführt. Synlab ist der größte
Laborkonzern Europas und seit vergangenem Jahr auch an der Börse.
Ein wichtiger Anlass für die Einstellung des Verfahrens war wohl, dass die Deutsche Rentenversicherung sich nach Angaben des Gerichtes nach Anklageerhebung mit Synlab auf eine Nachzahlung der offenen Beträge einigte und inzwischen „einen bestandskräftigen Nachforderungsbescheid erlassen“hat. Damit sei „aus Sicht der Kammer eine vollumfängliche Abschöpfung et
waiger durch das Unternehmen erzielter Vorteile“erfolgt.
Auf dieser Grundlage wurde das Verfahren gegen die sechs Verantwortlichen eingestellt, gegen Zahlungen von Geldauflagen in unterschiedlicher Höhe, die eine Gesamthöhe von insgesamt 740.000 Euro haben. „Auflagenempfänger sind verschiedene gemeinnützige Organisationen und die Staatskasse“, heißt es vom Landgericht. Gegen eine weitere Verdächtige war das
Verfahren bereits zu einem früheren Zeitpunkt wegen geringer Schuld ohne Geldauflage eingestellt worden. Für den Synlab-Konzern und die verantwortlichen früheren und aktuellen Manager endet damit eine jahrelange Phase, in der das Labor im Fokus der Justiz stand. 2018 hatte es in Augsburg und an anderen Standorten des Konzerns etwa eine umfangreiche Razzia gegeben. Für die Verdächtigen dürfte der Abschluss des Verfahrens eine enorm erleichternde Entwicklung sein – erspart ihnen die Einstellung doch eine möglicherweise zähe und langwierige Gerichtsverhandlung, und bedeutet dieser Schritt zugleich vor allem, dass sie juristisch unbescholten bleiben. Ein Ermittlungsverfahren der Münchener Staatsanwaltschaft wegen eines Betrugsverdachtes hatte 2020 für den Konzern bereits glimpflich und mit Einstellungsverfügungen geendet. Darin war es um den Verdacht gegangen, dass die Augsburger „Synlab Holding Deutschland GmbH“an externe Fremdlabore weitergeleitete Aufträge zu Unrecht als Eigenleistungen abgerechnet haben könnte, die Ermittlungen betrafen Vorgänge im Jahr 2012. Ein früherer Geschäftsführer musste damals eine sechsstellige Summe als Geldauflage zahlen, zudem verhängte die Münchner Staatsanwaltschaft damals auch ein Bußgeld in Höhe von 1,7 Millionen Euro, „wegen einer Ordnungswidrigkeit in Form einer Daueraufsichtspflichtverletzung“, wie es damals hieß.
Ein Bußgeld muss Synlab im Augsburger Verfahren nun nicht mehr zahlen. „Das gegen das Laborunternehmen gerichtete Bußgeldverfahren stellte die 7. Strafkammer ein, da eine Ahndung nicht geboten erschien“, hieß es vom Gericht. Eine Einstellung des Verfahrens war in dem Fall nur möglich, wenn alle Beteiligten zustimmen, was neben den beschuldigten Managern also auch die Staatsanwaltschaft tat.
Von Synlab heißt es auf Anfrage, man begrüße die Entscheidung des Landgerichtes, das Verfahren einzustellen. Die Einhaltung aller rechtlichen und hohen ethischen Standards sei für Synlab selbstverständlich, sagt Pressesprecher Christian Ries.