Augsburger Allgemeine (Land West)

Der Hochwasser‰Frust ist groß

Projekt Bereits seit vielen Jahren soll die Zusam bei Dinkelsche­rben einen Damm erhalten. Doch nun wird klar: Vorerst wird das nicht passieren. Schuld daran will niemand sein.

- VON MORITZ MAIER

Dinkelsche­rben „Im Ahrtal hat man letztes Jahr gesehen, was Wasser alles anrichten kann.“Dinkelsche­rbens Bürgermeis­ter Edgar Kalb war alles andere als zufrieden, als im Marktrat der aktuelle Stand des Hochwasser­schutzproj­ekts bei Siefenwang vorgestell­t wurde. Denn es gehe nichts voran. Im Fokus der Kritik: Das Wasserwirt­schaftsamt Donauwörth (WWA), das nach Ansicht vieler Gemeinderä­te nicht genug tue. Der Frust ist groß – während die Baukosten explodiere­n und der Hochwasser­schutz für etliche Haushalte weiterhin fehlt.

Die Frage des Hochwasser­schutzes für die Zusam bei Dinkelsche­rben wird bereits seit 20 Jahren diskutiert. Seit 2018 ist das Projekt eines Dammbaus bei Siefenwang konkretisi­ert worden. 2020 einigte man sich mit den Besitzern der für den Bau notwendige­n Grundstück­e auf einen Kaufpreis. Den Damm, der etliche Dinkelsche­rber Haushalte vor Hochwasser schützen soll, gibt es nach wie vor nur auf dem Papier. Eigentlich sollte er nächstes Jahr fertig sein, nun scheint 2024/25 realistisc­her. Verantwort­lich für die Umsetzung der Grundstück­skäufe ist das WWA, das sich nun dem Dinkelsche­rber Marktgemei­nderat mit drei Vertretern stellte.

Die Frage, wer tatsächlic­h am stagnieren­den Projekt schuld ist, ist gar nicht so einfach zu beantworte­n. Denn: Um mit dem Bau des jeweils 300 Meter langen Damms und Rücklaufda­mms beginnen zu können, muss der Freistaat Bayern in Form des WWA noch mindestens ein weiteres Grundstück aus Privatbesi­tz erwerben – vier davon kaufte man bereits, fünf fehlen. Der Vorwurf vieler Gemeinderä­te: genau das klappe seit zwei Jahren nicht, obwohl über den Kaufpreis bei Amt und Besitzern Einigkeit besteht. Das WWA schiebt die Schuld der Anwaltskan­zlei zu, die die Grundstück­seigentüme­r vertritt. Diese gebe die nötigen Vorverträg­e nicht zum Notar weiter. „Seit Anfang Februar haben wir nichts mehr vom zuständige­n Anwalt gehört, trotz mehrere Versuche unserersei­ts“, sagte Johannes Meyer vom WWA. Eine ganz andere Geschichte erzählte im Gemeindera­t dagegen einer der Dinkelsche­rber Grundstück­sbesitzer, der von der Kanzlei vertreten wird. „Unser Anwalt sagt, dass vom WWA monatelang keine Rückmeldun­g kam.“

„Das passt doch alles nicht zusammen“, fasste Marktrat Ulrich Fahrner die gegenseiti­gen Schuldzuwe­isungen zusammen. Dass beim Hochwasser­schutz nichts vorangeht, sorgte über alle Parteien hinweg für Ärger. „Wir als Gemeinde sind in der Situation genau zwischen den Fronten und können nichts tun, außer nachzufrag­en“, stellte Bürgermeis­ter Kalb resigniert fest. Gemeindera­t Albert Zott sorgte sich wegen des fehlendes Schutzes und richtete klare Worte an das WWA: „Sollte hier im Ort irgendetwa­s passieren, wird der Gemeindera­t gegen Ihre Behörde vorgehen.“

Neben den Sorgen um die Sicherheit der Dinkelsche­rber kostet der

Planungsst­illstand die Gemeinde auch viel Geld. So lagen die geplanten Gesamtkost­en 2018 bei ungefähr vier Millionen Euro. „Jetzt, im Jahr 2022 reicht das sicher nicht mehr, die Kosten gehen wohl eher in Richtung sechs Millionen“, sagt Kalb auf Nachfrage. Allein wegen der steigenden Baukosten geht man in der Gemeinde nur für 2022 von Mehrkosten von 700.000 Euro aus – ohne, dass das Projekt einen Schritt vorankommt.

Doch wie geht es nun weiter? Denn eigentlich fehlt nicht mehr viel. Man müsse der Dinkelsche­rber Verwaltung zufolge nur noch ein weiteres Grundstück kaufen, um mit den ersten Bauarbeite­n beginnen zu können. Allerdings deutete im Marktrat vonseiten des WWA wenig auf eine schnelle Lösung hin. Im äußersten Fall müsse sich die Enteignung­sbehörde dem Fall annehmen, um die verbleiben­den Grundstück­e aus dem Privatbesi­tz zu lösen, hieß es vom Wasserwirt­schaftsamt.

Fest steht aber schon jetzt: Die Dinkelsche­rber werden auch in der kommenden Zeit ohne den neuen Hochwasser­schutz auskommen müssen. Deswegen sorgte sich besonders Reinhard Penz im Gemeindera­t. „Ich selbst lebe im Hochwasser­gebiet – meine Elementarv­ersicherun­g ist jenseits von Gut und Böse – doch besonders mit Blick auf das Ahrtal haben wir unsere Ängste, wir wären Hunderte von Betroffene­n.“

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Foto: Christoph Lotter In Dinkelsche­rben ist die Sorge vor Hochwasser­n nicht unberechti­gt. Zuletzt trat die Zusam 2020 über die Ufer.

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