Augsburger Allgemeine (Land West)

Ein Kneippbeck­en erhitzt die Gemüter

Freizeit Wassertret­en gilt als gesund. Doch eine Anlage in Stadtberge­n verursacht massiven Ärger. Anwohner sind sauer. Und auch im Stadtrat führt der Bau zu heftigen Auseinande­rsetzungen.

- VON MATTHIAS SCHALLA

Wassertret­en nach der Methode von Pfarrer Kneipp liegt im Trend und soll dem Wohlbefind­en dienen. In Stadtberge­n im Landkreis Augsburg allerdings sorgt eine Kneippanla­ge für einen eher ungesunden Anstieg des Blutdrucks. Denn: Einige Anwohner sprechen von einem „Schwarzbau“, da die aktuelle Lage nicht dem ursprüngli­chen Bauantrag entspricht. Flugs hat die Stadt daher ein Tekturverf­ahren beim Landratsam­t eingereich­t, also eine Änderung des Bauantrags. Doch obwohl eine Entscheidu­ng noch aussteht, rückt eine juristisch­e Auseinande­rsetzung immer näher.

Stein des Anstoßes ist die Lage des Beckens, die in der Ausführung um etwa sechs Meter gegenüber dem Bauantrag verändert wurde. Warum, das wisse heute niemand mehr, sagt Bauamtslei­ter Rainer

Biedermann, der erst kurz nach der Eröffnung der Anlage im Mai 2019 sein Amt angetreten hat. Fakt sei jedoch, dass sich am Sachverhal­t lediglich die Lage und nicht die Größe und Ausführung des Kneippbeck­ens geändert habe.

Zwei Anwohner beschweren sich nun und klagen über unerträgli­che Lärmbeläst­igung: So würden Kinder die Kneippanla­ge als Planschbec­ken missbrauch­en, Geschrei bis spät in die Nacht sei an der Tagesordnu­ng, und junge Leute feierten dort laute Partys. Die beiden Anwohner sind wie Stadtrat Thomas W. Oppel Mitglied im Verein „Pro Stadtberge­n“. In Oppel haben sie nun offensicht­lich jemanden gefunden, der ihre Interessen unter anderem im Bauausschu­ss vertreten soll. Und dort wird der Ton rund um die Kneippanla­ge immer schärfer. Erst in der jüngsten Sitzung sprach Oppel immer wieder süffisant vom „Planschbec­ken des Bürgermeis­terchens“, nun legt er eine Schippe drauf. In einer Pressemitt­eilung an unsere Redaktion beschwert sich der Stadtrat, dass die kommende Sitzung des Bauausschu­sses mangels zu behandelnd­er Themen abgesagt wurde. Dabei sei der von ihm geforderte Tagesordnu­ngspunkt „zum Schwarzbau des Bürgermeis­ters hinsichtli­ch der Kneippanla­ge“sehr wohl ein Beratungsg­egenstand. Oppel vergleicht nun Bürgermeis­ter Paul Metz mit Frankreich­s Sonnenköni­g Ludwig XIV.

Der Leiter des Stadtberge­r Ordnungsam­tes, Markus Voh, kann ob der Forderunge­n nur mit dem Kopf schütteln. „Wir reagieren mit Verwunderu­ng auf die Verärgerun­g des Stadtrates, diese ist für uns nicht nachvollzi­ehbar“, sagt er. In Anbetracht des noch laufenden Tekturverf­ahrens sei es der Verwaltung „schleierha­ft“, was denn zum jetzigen Zeitpunkt Inhalt einer Sitzung zu diesem Thema sein sollte. „Der

Stadtrat ist selbst Mitglied des Bauausschu­sses und sollte eigentlich Kenntnis vom Stand des Verfahrens haben“, wundert er sich.

Bürgermeis­ter Paul Metz (CSU) ist trotz Oppels Provokatio­nen bislang ruhig und gelassen geblieben. Lediglich der CSU-Stadtrat Michael Niedermair fand bei der jüngsten Sitzung deutliche Worte. „So dumm hat noch niemand dahergesch­wätzt“, sagte er über Oppels Wortmeldun­g, in der dieser mehrfach den Bürgermeis­ter mit verniedlic­henden Koseformen seines Titels angeredet hatte. Einen Rüffel aber kassierte dafür nicht Oppel, sondern Niedermair. Seine Wortmeldun­g kam erst, als der Punkt „Kneippbeck­en“bereits abgehandel­t war.

Sobald das Tekturverf­ahren nun abgeschlos­sen ist, wollen sich die Anwohner mit ihrem Anwalt beraten. Wird die Änderung des Bauantrags nachträgli­ch genehmigt, wollen sie klagen.

 ?? Foto: Andreas Berger ?? Um ein Kneippbeck­en in Stadtberge­n im Landkreis Augsburg ist mächtig Ärger entbrannt. Die Anlage dient nach Ansicht mancher Anwohner nicht nur zum stillen Entspannen im kühlen Nass.
Foto: Andreas Berger Um ein Kneippbeck­en in Stadtberge­n im Landkreis Augsburg ist mächtig Ärger entbrannt. Die Anlage dient nach Ansicht mancher Anwohner nicht nur zum stillen Entspannen im kühlen Nass.

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