Augsburger Allgemeine (Land West)
Ein Kneippbecken erhitzt die Gemüter
Freizeit Wassertreten gilt als gesund. Doch eine Anlage in Stadtbergen verursacht massiven Ärger. Anwohner sind sauer. Und auch im Stadtrat führt der Bau zu heftigen Auseinandersetzungen.
Wassertreten nach der Methode von Pfarrer Kneipp liegt im Trend und soll dem Wohlbefinden dienen. In Stadtbergen im Landkreis Augsburg allerdings sorgt eine Kneippanlage für einen eher ungesunden Anstieg des Blutdrucks. Denn: Einige Anwohner sprechen von einem „Schwarzbau“, da die aktuelle Lage nicht dem ursprünglichen Bauantrag entspricht. Flugs hat die Stadt daher ein Tekturverfahren beim Landratsamt eingereicht, also eine Änderung des Bauantrags. Doch obwohl eine Entscheidung noch aussteht, rückt eine juristische Auseinandersetzung immer näher.
Stein des Anstoßes ist die Lage des Beckens, die in der Ausführung um etwa sechs Meter gegenüber dem Bauantrag verändert wurde. Warum, das wisse heute niemand mehr, sagt Bauamtsleiter Rainer
Biedermann, der erst kurz nach der Eröffnung der Anlage im Mai 2019 sein Amt angetreten hat. Fakt sei jedoch, dass sich am Sachverhalt lediglich die Lage und nicht die Größe und Ausführung des Kneippbeckens geändert habe.
Zwei Anwohner beschweren sich nun und klagen über unerträgliche Lärmbelästigung: So würden Kinder die Kneippanlage als Planschbecken missbrauchen, Geschrei bis spät in die Nacht sei an der Tagesordnung, und junge Leute feierten dort laute Partys. Die beiden Anwohner sind wie Stadtrat Thomas W. Oppel Mitglied im Verein „Pro Stadtbergen“. In Oppel haben sie nun offensichtlich jemanden gefunden, der ihre Interessen unter anderem im Bauausschuss vertreten soll. Und dort wird der Ton rund um die Kneippanlage immer schärfer. Erst in der jüngsten Sitzung sprach Oppel immer wieder süffisant vom „Planschbecken des Bürgermeisterchens“, nun legt er eine Schippe drauf. In einer Pressemitteilung an unsere Redaktion beschwert sich der Stadtrat, dass die kommende Sitzung des Bauausschusses mangels zu behandelnder Themen abgesagt wurde. Dabei sei der von ihm geforderte Tagesordnungspunkt „zum Schwarzbau des Bürgermeisters hinsichtlich der Kneippanlage“sehr wohl ein Beratungsgegenstand. Oppel vergleicht nun Bürgermeister Paul Metz mit Frankreichs Sonnenkönig Ludwig XIV.
Der Leiter des Stadtberger Ordnungsamtes, Markus Voh, kann ob der Forderungen nur mit dem Kopf schütteln. „Wir reagieren mit Verwunderung auf die Verärgerung des Stadtrates, diese ist für uns nicht nachvollziehbar“, sagt er. In Anbetracht des noch laufenden Tekturverfahrens sei es der Verwaltung „schleierhaft“, was denn zum jetzigen Zeitpunkt Inhalt einer Sitzung zu diesem Thema sein sollte. „Der
Stadtrat ist selbst Mitglied des Bauausschusses und sollte eigentlich Kenntnis vom Stand des Verfahrens haben“, wundert er sich.
Bürgermeister Paul Metz (CSU) ist trotz Oppels Provokationen bislang ruhig und gelassen geblieben. Lediglich der CSU-Stadtrat Michael Niedermair fand bei der jüngsten Sitzung deutliche Worte. „So dumm hat noch niemand dahergeschwätzt“, sagte er über Oppels Wortmeldung, in der dieser mehrfach den Bürgermeister mit verniedlichenden Koseformen seines Titels angeredet hatte. Einen Rüffel aber kassierte dafür nicht Oppel, sondern Niedermair. Seine Wortmeldung kam erst, als der Punkt „Kneippbecken“bereits abgehandelt war.
Sobald das Tekturverfahren nun abgeschlossen ist, wollen sich die Anwohner mit ihrem Anwalt beraten. Wird die Änderung des Bauantrags nachträglich genehmigt, wollen sie klagen.