Augsburger Allgemeine (Land West)
Akrobatik auf zwei Rädern
Radball Zwei Teams des RKB Solidarität Augsburg wollen Ticket fürs Finale der deutschen Meisterschaft lösen. Die Sportart hat unter der Coronazeit stark gelitten.
Ein kurzer Tempowechsel reicht, Luk Schwarzmann reißt den Lenker seines Rads herum und schleudert den Ball mit einem präzisen Speichen-Schuss in Richtung Tor. Ehe sein Teamkollege Sebastian Lux reagieren kann, schlägt der Ball unhaltbar im Winkel ein. Gedankenschnell, ohne lang zu zögern, leitet Sebastian den Gegenangriff ein und trifft zum Ausgleich. Die beiden Radballer des RKB Solidarität Augsburg trainieren ein letztes Mal vor dem Tanz auf großer Bühne.
Am Wochenende kämpfen sie mit ihren Teamkollegen Felix Kapfer und Ben-Janosch Pampa im Halbfinale der deutschen Meisterschaft um den Finaleinzug. In Leipzig, Bilshausen, Büttelborn und in der heimischen Halle der Berufsschule VI in Augsburg messen sich die besten 24 Mannschaften Deutschlands. Die vier Nachwuchs-Radballer, die immer in Zweierteams antreten, haben sich im Vorfeld als bayerischer Meister und Vizemeister im Jahrgang U13 für die deutschen Titelkämpfe qualifiziert.
Für Trainer Alexander Schäfer ein sehr großer Erfolg. „Das hatten wir noch nie, dass sich gleich zwei Mannschaften qualifizieren konnten. Mit den Mädels wären es fast drei gewesen“, betont er. Ein einziger Punkt fehlte seinen Mädchen
letztlich, sonst hätten sie ebenfalls ihr Ticket lösen können. Ihren männlichen Kollegen drücken sie von zu Hause aber die Daumen.
Seit sie sechs Jahre alt sind, spielen Luk und Sebastian schon Radball. Beide kamen über Bekannte zu dieser Randsportart. „Mein Vater ist mit unserem Trainer gut befreundet. Da hab ich dann mal zugeschaut. Seitdem bin ich dabei“, erzählt Luk. Auch seinem Freund Sebastian hat er von seiner neuen Leidenschaft erzählt. „Luk hat mich zum Training mitgenommen und es
hat mir gleich gefallen“, sagt Sebastian. So funktioniert das bei den Radballern. Die Begeisterung wird weitergegeben. „Das sind alles die Kinder von Freunden und Bekannten. Eigentlich kommt man nur so zu diesem Sport“, erklärt Schäfer. Denn ansonsten sei es schwierig, Nachwuchs zu gewinnen.
Der Radball beim RKB Soli Augsburg hat Tradition. Seit über 40 Jahren gehört er zum festen Sportangebot im Verein. Aber wie in den meisten Sportarten hat die Corona-Pandemie auch hier ihre
Spuren hinterlassen. Die 1. Herrenmannschaft gilt seitdem als „kleines Sorgenkind“. Ohne regelmäßigen Trainingsbetrieb verloren gleich vier Spieler die Motivation und hörten auf. „Da ist der Bezug weg. Die bekommst du auch nicht mehr an die Räder“, ist sich Schäfer sicher. Der Fokus im Verein liege jetzt voll und ganz auf der Jugend.
Den Titel bayerische „RadballHochburg“trägt Stein bei Nürnberg. Durch Kaderlehrgänge unter der Leitung des Weltmeister-Duos Mlady werden dort junge Talente gefördert. Auch die Augsburger durften bereits dreimal teilnehmen. „Training beim amtierenden Weltmeister, glaub arg viel besser wird’s nicht mehr werden“, scherzt Schäfer. Die Voraussetzungen seien somit optimal.
Ob es am Samstag (14 Uhr) für die Augsburger Schützlinge reicht, sich zwei der begehrten acht Plätze fürs Finale zu sichern, ist stark tagesformabhängig. „Wenn es beim Warmschießen schon nicht läuft und man vielleicht ein bisschen kränkelt, wird es schwer. Da ist viel Psyche dabei“, erklärt Schäfer. Für den elfjährigen Luk ist klar, „ins Finale könnte man kommen. Wenn man sich anstrengt, geht alles.“Die tatsächliche Form wird sich in den ersten Partien gegen den RSV Lauterbach sowie den SV Lippersdorf zeigen.