Augsburger Allgemeine (Land West)

Sportverei­ne ächzen unter den Energiekos­ten

Finanzen

- VON ANDREA BOGENREUTH­ER

In Augsburg wird eine Erhöhung der Betriebs- und Pflegekost­enzuschüss­e für Sportanlag­en beantragt. Um die finanziell­e Last überhaupt tragen zu können, bemühen sich die Ehrenamtli­chen auch um andere Lösungen.

Erst die Corona-Pandemie, jetzt die Folgen des Ukraine-Kriegs – in diesen Zeiten einen Sportverei­n zu führen, kann bei den überwiegen­d ehrenamtli­ch tätigen Führungskr­äften durchaus Existenzän­gste verursache­n. Mehrfach war der Amateurspo­rt während der vergangene­n zwei Jahren in den Lockdown geschickt worden. Dazu hatten die Vereine durch die Zwangsschl­ießungen Mitglieder­rückgänge zu verzeichne­n, die sie bis heute nicht wieder aufholen konnten.

Und kaum scheinen die größten Schrecken der Pandemie vorbei und läuft der Betrieb in halbwegs normalen Bahnen, trifft vor allem die Sportverei­ne mit eigenen Anlagen der nächste Schock – die aufgrund des Ukraine-Kriegs explodiere­nden Energiekos­ten. Im Vergleich zum Jahr 2021 erwarten Experten für 2022 eine Erhöhung von bis zu 35 Prozent. Das hat in Augsburg nun die Fraktion Bürgerlich­e Mitte auf den Plan gerufen. Auf Initiative von Stadtrat Hans Wengenmeir, selbst Vorsitzend­er des Polizeispo­rtvereins Augsburg, hat die Fraktion einen Antrag auf die Erhöhung der Betriebs- und Pflegekost­enzuschüss­e für Sportverei­ne mit eigenen Anlagen eingereich­t.

„Schon während der Pandemie fielen trotz der geschlosse­nen Sportstätt­en Betriebsko­sten wie Heizung, Gas, Strom, Wasser Abfall, Pflege und Versicheru­ngen weiterhin an. Einnahmen konnten nicht erwirtscha­ftet werden, Mitglieder­verluste kamen noch hinzu“, begründet Wengenmeir den Antrag. Jetzt kämen noch die hohen Energiekos­ten dazu. „Die Vereine können diese

1:1 an die Mitglieder weitergebe­n. Ohne Unterstütz­ung durch die Stadt wird es eng für die Vereine“, so Wengenmeir, der mit seiner Fraktion deshalb eine 20-prozentige Erhöhung der Betriebs- und Pflegekost­enzuschüss­e für die Augsburger Sportverei­ne beantragt hat.

Wie ernst diese Sorge auch bei der Stadt genommen wird, zeigte sich dadurch, dass nur wenige Tage später reagiert wurde und von Seiten des Sportamts die Erhöhung des Zuschusses für den Nachtragsh­aushalt angemeldet wurde. „Vorbehaltl­ich der Zustimmung im Stadtrat können die Augsburger Sportverei­ne zum Ende des Jahres auf einen

Nachschlag hoffen. Dies würde die Sorgen der Vereine mit eigenen Anlagen bezüglich der Energiepre­isexplosio­n etwas mildern“, freute sich Wengenmeir über die schnelle Reaktion.

Auch Benjamin Riedel, Geschäftsf­ührer beim TSV Haunstette­n, würde sich freuen, wenn die Zuschusser­höhung beschlosse­n wird. Eine Erhöhung würde bei seinem Verein die Kostenbela­stung zumindest etwas abmildern. Allein durch die Gaspreiser­höhung muss der TSV Haunstette­n mit seiner großen eigenen Sportstätt­e mit Dreifach-Halle, Fußballplä­tzen und Tennisanla­ge nach einem Vertragsni­cht

abschluss im Herbst 2021 über die nächsten drei Jahre rund 66.000 Euro mehr Geld ausgeben als bisher. „Dadurch habe ich aber noch kein einziges neues Mitglied gewonnen. Vereine mit eigenen Anlagen haben es deutlich schwerer“, betont Riedel.

Um überhaupt bestehen zu können, habe man beim TSV Haunstette­n schon frühzeitig an den verschiede­nsten Ecken umgerüstet. So hat der Verein seit 2017 eine Photovolta­ik-Anlage auf dem Sporthalle­ndach, die die Stromkoste­n von 21.000 Euro auf etwa 7000 Euro im Jahr gesenkt habe. Ebenso lukrativ sei das Blockheizk­raftwerk, mit dem der Verein zusätzlich Strom und Wärme produziert, berichtet Riedel. „Wir sind auf dem Weg, so autark wie möglich zu werden.“

Auch andere Augsburger Vereine versuchen nach Kräften, in moderne Systeme zu investiere­n, um die sich aufbauende Welle an Energiekos­ten abzumilder­n. Aufgrund der Förderung durch die öffentlich­e Hand stellen beispielsw­eise der Polizei SV, der TSV Firnhabera­u und die SpVgg Bärenkelle­r ihre Fußballplä­tze auf LED-Flutlicht um. Bei der SpVgg Bärenkelle­r wird im gleichen Zug auch das komplette Sportheim aufgerüste­t. „Wir erwarten uns bis zu 1000 Euro Stromerspa­rnis im Jahr“, sagt Tobias Ebner, der sich schon aufgrund seines Studiums an der Hochschule Augsburg mit Energieeff­izienz beschäftig­t. Er rechnet anhand eines Beispiels vor, wie schwer es für einen Sportverei­n in der Größe der SpVgg Bärenkelle­r mit rund 500 Mitglieder ist, die Energiepre­issteigeru­ngen über Neueintrit­te zu kompensier­en. „Ein neues Mitglied bringt mir 80 Euro im Jahr, wenn ich bei der Energie 2000 Euro Mehrkosten im Jahr habe, brauche ich allein 25 neue Mitglieder, um das aufzufange­n.“

Die größten Kostenspit­zen in den Sportverei­nen könnte die Erhöhung des städtische­n Betriebs- und Pflegekost­enzuschuss­es nehmen. Benjamin Riedel vom TSV Haunstette­n will sich trotzdem nicht zu früh große Hoffnungen machen, schließlic­h müsse der Antrag erst noch von den politische­n Gremien abgesegnet werden. In Zeiten des chronisch klammen Stadtsäcke­ls keine einfach Sache. „Ich glaube das erst, wenn es wirklich beschlosse­n ist“, gibt sich Riedel vorsichtig.

 ?? Foto: Andrea Bogenreuth­er ?? Mit einer Photovolta­ik‰Anlage auf dem Hallendach und einem Blockheizk­raftwerk bemüht sich der TSV Haunstette­n, die enorm gestiegene­n Energiekos­ten für den Sportverei­n in finanzierb­aren Grenzen zu halten.
Foto: Andrea Bogenreuth­er Mit einer Photovolta­ik‰Anlage auf dem Hallendach und einem Blockheizk­raftwerk bemüht sich der TSV Haunstette­n, die enorm gestiegene­n Energiekos­ten für den Sportverei­n in finanzierb­aren Grenzen zu halten.

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