Augsburger Allgemeine (Land West)
Schmaler Grat zwischen Hilfeleistung und Veruntreuung
Justiz Eine Geschäftsfrau soll angeblich Gelder eines Bekannten veruntreut haben. Jetzt kam es zum Prozess.
Landkreis Augsburg Eine 62-jährige Frau soll einen Bekannten aus dem Landkreis Augsburg um über 30.000 Euro betrogen haben. Die Geschäftsfrau stand im Mittelpunkt eines Prozesses im Amtsgericht in Augsburg.
Insgesamt fehle ein Betrag von 37.350 Euro, behaupten Familienangehörige des Rentners, der früher als Bauarbeiter und Landwirt gearbeitet hatte. Die Familie zeigte die Bekannte an. Sie hatte eine Generalvollmacht. Vor Gericht behaupteten beide Seiten, nur das Beste für den Geschädigten beabsichtigt und in seinem Sinne zu handeln gewollt zu haben.
Der Rentner sagte gegenüber Richterin Teresa Freutsmiedl, dass er die 62-Jährige schon vor Jahren gemeinsam mit seinem Bruder kennengelernt hatte. Die Frau aus dem Landkreis Neu-Ulm schilderte ihrerseits vor Gericht, wie es dazu kam, dass sie sich um den Mann kümmerte. Vor mehreren Jahren hatten Familienangehörige dem Mann die Wohnung im oberen Stockwerk seines Hauses abgekauft. Damals habe die Geschäftsfrau begonnen, die private Buchführung für den in finanziellen und geschäftlichen Dingen wenig bewanderten
Mann zu übernehmen. Weil sie weitere Begehrlichkeiten der Verwandtschaft erwartete und weil es ihr für den Umgang mit Banken oder Behörden hilfreich schien, ließ sich die Frau eine notarielle Generalvollmacht ausstellen. Der Mann habe zugestimmt und sei beim Notartermin 2014 dabei gewesen.
In der Folge, so die Angeklagte, habe sie immer wieder Geld des Angeklagten
von dessen Konto abgehoben oder Überweisungen für ihn übernommen. Sie habe unter anderem die Rechnungen für seine Autos, den Traktor, die zahlreichen Werkstattbesuche bezahlt. Der Rentner bestätigte gegenüber dem Gericht, dass er immer wieder seine Post ungesehen und ungeöffnet zur Erledigung an die Frau geschickt hatte. Für sich selbst habe sie nie etwas abgezweigt, so die Frau. Es sei auch nie vereinbart gewesen, dass sie eine Entschädigung für ihre Hilfe bekomme. In dieser Zeit hatte auch der Rentner selbst immer wieder Geld von seinem Konto abgehoben. Besonderes Augenmerk in der Gerichtsverhandlung galt den beiden größten Abhebungen von je rund 15.000 Euro aus den Jahren 2016 und 2017, die der Mann offensichtlich selbst vorgenommen hatte. Ob diese Abhebungen mit dem Kauf von zwei Autos für den Mann in Verbindung gestanden haben, die die Angeklagte für ihn beschafft haben soll, ließ sich nicht abschließend aufklären.
Irgendwann kam es wohl zum Bruch zwischen der Frau und ihrem Bekannten. Die Frau hatte offensichtlich verhindern wollen, dass ein Teil des Grundstücks hinter dem Wohnhaus des Mannes an einen Angehörigen verkauft wird. Letzterer wollte dort bauen. Die Geschäftsfrau habe nicht zugestimmt, habe das Eigentum des Geschädigten für die Zukunft in dessen Händen wissen wollen. In jener Zeit begannen Familienangehörige, die finanziellen Angelegenheiten des 62-Jährigen nachzuprüfen. Mit dem Ergebnis, dass ihrer Meinung nach über 30.000 Euro veruntreut worden seien – mutmaßlich von der Bekannten.
Ein Familienangehöriger im Zeugenstand berichtete, dass viele davon ausgegangen seien, dass die Frau mit ihrer Generalvollmacht nicht nur das habe machen dürfen, was sie für angebracht erachtet habe, sie sei auch Verpflichtungen eingegangen, wie etwa die Erledigung der Steuer des Geschädigten. Nach einer entsprechenden Anzeige gegen die Geschäftsfrau begann die Polizei zu ermitteln. Die zuständige Beamtin erschien mit allerlei Unterlagen vor Gericht. Wer genau welchen Betrag abgehoben hat, ließ sich allerdings nicht in allen Einzelheiten klären. Ganz abgesehen davon, dass die Polizeiermittlungen nicht ergeben hatten, was überhaupt mit dem Geld des Rentners passiert ist. Die Konsequenz: Einmütig forderten Staatsanwalt Andreas Roth und Verteidiger Ulrich Sennert einen Freispruch für die Frau wegen eines nicht ausreichenden Tatnachweises. Dem folgte Richterin Freutsmiedl in ihrem Urteil. Das Gericht sei nicht die Instanz, über die moralische Komponente der Angelegenheit zu befinden. Klar fest stehe aber auch für sie, dass keine Strafbarkeit des Handelns vorliege. Also: Freispruch.
Was geschah mit den beiden Abhebungen über 15.000 Euro?