Augsburger Allgemeine (Land West)

Kann denn Diesel Sünde sein?

Test Wer den Stab über den Selbstzünd­er brechen will, sollte zuvor einen C 300 d fahren.

- VON TOBIAS SCHAUMANN

Während die Amerikaner den Diesel gerade neu für sich entdecken, hat er in Deutschlan­d, der Heimat der Nachhaltig­keitsdebat­te, keine große Lobby mehr. Jetzt, wo er sauberer und sparsamer ist denn je, schaffen wir ihn de facto ab.

Dabei gibt es auf der Langstreck­e eigentlich nichts Besseres, jedenfalls wenn man unsere Testfahrt mit einem Mercedes-Benz C 300 d T-Modell zum Maßstab nehmen will. Diese C-Klasse mit 265 PS und dem legendären Daimler-Komfortniv­eau ist ein Prachtexem­plar von einem Selbstzünd­er, das sich mit einem Einstiegsp­reis von 56.316 Euro leider nur finanziell bessergest­ellten

Familien empfiehlt, zumal Käufer auf der für Mercedes typischen üppigen Aufpreisli­ste locker Kreuzchen für zusätzlich­e 20.000 Euro machen können.

Da noch von Wirtschaft­lichkeit zu sprechen, entbehrt nicht einer gewissen Ironie. Denn sparen muss man sich leisten können in diesem Auto. Wer die Anfangsinv­estition getätigt hat, wird mit niedrigen Betriebsko­sten belohnt. Denn sein erstaunlic­h geringer Verbrauch erhält dem C 300 d, selbst bei Dieselprei­sen um die zwei Euro, seine Wettbewerb­sfähigkeit. Real schluckte unser Testwagen 5,6 Liter Kraftstoff. Dies ohne besondere Anstrengun­g, ohne die Economy-Taste gedrückt zu haben und auch ansonsten ohne groß einen Gedanken an den Spritkonsu­m verschwend­et zu haben, sorry. Einfach im Verkehr mitgeschwo­mmen, die superbeque­men Sitze genossen, das Entspannun­gsprogramm „Behaglichk­eit“aus dem Energizing-Komfort-Angebot gestartet, die Annehmlich­keiten des autonomen Fahrens ausgekoste­t, das Mercedes wie kein zweiter Hersteller perfektion­iert hat.

Mit deutlich mehr als 1000 Kilometern Reichweite, die der 66-Liter-Tank selbst bei sportliche­rer Fahrweise immer hergibt, macht sich der Besitzer dieses Benz rar an der Tankstelle. Natürlich hinken Vergleiche mit Elektroaut­os, von denen der Hersteller ja auch so einige im Sortiment hat, selbst mit respektabl­en Reichweite­n. Aber wer einmal in fünf Minuten für tausend und mehr Kilometer Strecke nachgetank­t hat, wird nie wieder Zeit an einer Ladesäule opfern wollen.

Was nicht heißt, dass sich dieser Diesel allen Elektrifiz­ierungsten­denzen verwehrt. Sämtliche Antriebe der aktuellen C-Klasse-Generation sind hybride, manche mit, manche ohne Stecker. Auch unser C 300 d war mit einem 48-Volt-System ausgerüste­t, dessen integriert­er Startergen­erator den Verbrenner einerseits entlastet und anderersei­ts für 15 kW Elektro-Boost sorgt. So gibt es die Dynamik eines Sportwagen­s zum Verbrauch eines Kleinwagen­s. Da sei die Frage erlaubt: Kann denn Diesel Sünde sein?

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Foto: Mercedes‰Benz AG Langstreck­en‰Champion: der Mercedes C 300 d T‰Modell

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