Augsburger Allgemeine (Land West)
Zum Wohle der Tiere
Cem Özdemir stellt Kennzeichensystem vor
Berlin Cem Özdemir ist Vegetarier – doch den Fleischkonsum möchte der Agrarminister den Deutschen nicht verleiden. „Ich will, dass auch morgen noch gutes Fleisch aus Deutschland auf unsere Tische kommt“, versicherte der GrünenPolitiker am Dienstag. Nach seiner Einschätzung hat die landwirtschaftliche Tierhaltung in der Bundesrepublik aber nur eine Zukunft, wenn sie sich am Klimaschutz und am Tierwohl orientiert. Nach mehreren gescheiterten Versuchen nimmt Özdemir deshalb einen neuen Anlauf, um Fleischprodukte in Deutschland mit einer verbindlichen staatlichen Tierhaltungskennzeichnung auszustatten.
Die von ihm vorgestellten Eckpunkte sehen ein fünfstufiges Modell vor. Daran sollen Verbraucherinnen und Verbraucher ablesen können, wie viel Platz den Tieren während der Mast zur Verfügung stand und wie komfortabel ihre Ställe waren.
Bei der Haltungsform „Stall“werden lediglich die gesetzlichen Mindestanforderungen erfüllt. Bei „Stall+Platz“bekommen die Tiere 20 Prozent mehr Raum, „Frischluftställe“sind mindestens auf einer Seite offen, bei „Auslauf/Freiland“dürfen die Tiere mindestens acht Stunden täglich ins Freie, und die Haltungsform „Bio“bedeutet größere Auslaufflächen und noch mehr Platz im Stall.
Den entsprechenden Gesetzentwurf möchte Özdemir vor der Sommerpause mit den anderen Ministerien abstimmen, damit er vor Jahresende in den Bundestag kommt. Im Laufe des kommenden Jahres soll die Haltungskennzeichnung eingeführt werden. Sie wird dann zur Pflicht für tierische Lebensmittel, die in Deutschland verkauft werden und für die die Tiere in Deutschland gehalten wurden. Allerdings gilt die Kennzeichnungspflicht zunächst nur für frisches Schweinefleisch. Andere Produkte sollen später dazukommen.
Schon im Koalitionsvertrag hatten SPD, Grüne und FDP die Einführung einer staatlichen Tierhaltungskennzeichnung vereinbart. Gestritten wird im Ampel-Bündnis allerdings über die Frage, wie die Landwirte bei den Stallumbauten und den Folgekosten unterstützt werden können. Als Anschubfinanzierung ist im Bundeshaushalt bis 2026 eine Summe von einer Milliarde Euro vorgesehen. „Das ist für den Anfang erst mal gut, aber es reicht auch nicht“, räumte Özdemir ein. Für eine darüber hinausgehende Finanzierung gebe es in der Koalition Klärungsbedarf. (dpa)