Augsburger Allgemeine (Land West)
Kartoffelpapst aus den Stauden mit 200 Sorten
Selbst gemacht Christian Müller mag die Knollen seit seiner Kindheit. Er baut teilweise auch Arten an, die sonst längst vergessen wären. Was den Nebenerwerbslandwirt an der Knolle begeistert.
EttringenAletshofen Er gilt als der Kartoffenpapst aus den Stauden. Wohl kaum einer kennt sich in der Region mit der schmackhaften Pflanze so gut aus wie Christian Müller aus dem Ettringer Ortsteil Aletshofen. Der 47-jährige Nebenerwerbslandwirt baut über 200 Sorten der beliebten Knolle an. Er kennt sich nicht nur bestens mit Kartoffeln aus, sondern verspeist sie auch selber gerne.
Schon seit seiner Kindheit beschäftigt sich Christian Müller mit Kartoffeln. Damals gehörte der Hof noch seinen Großeltern, und als kleiner Bub half er beim Kartoffelklauben. „Ende September wurden die dann beim MichaeliMarkt in Schwabmünchen verkauft, und von Oma und Opa gab es immer zehn bis 15 Euro Marktgeld. Das war damals viel Geld für mich“, erinnert sich Christian Müller.
Damals waren es zwei bis drei Sorten, die auf dem Hof angebaut wurden – heute sind es 200. Denn der 47-Jährige hat Spaß daran gefunden, alte und teilweise längst vergessene Sorten zu erhalten. „Je mehr ich mich damit beschäftigt habe, desto interessanter wurde es für mich. Da hat mich so richtig der Virus gepackt“, lacht der fröhliche Nebenerwerbslandwirt, der mit anderen Kartoffelexperten aus Deutschland und dem nahen Ausland vernetzt ist und sich regelmäßig mit ihnen austauscht.
Man merkt Christian Müller die Begeisterung für die beliebte Knolle in jedem Satz an. Er erzählt von den vielen verschiedenen Sorten und ist begeistert von der Vielfalt: „In den verschiedenen Landstrichen sind die Geschmäcker unterschiedlich, und deshalb gibt es so viele verschiedene Kartoffelsorten“, so Christian Müller. Während im Norden Deutschlands festkochende Sorten beliebter sind, mögen die Menschen im Süden eher die mehligen Kartoffeln.
Er hat auch Sorten auf seinen Ackerflächen, die sich gar nicht verkaufen lassen, weil sie einfach nicht mehr den Geschmack der Menschen treffen. Trotzdem baut er sie auf seinen Feldern, von denen die ertragsreichsten in der Gegend um Hiltenfingen liegen, an: „Das geht es eher darum, ein Kulturgut zu er
halten.“Dankbare Abnehmer hat er trotzdem: Auf seinem Hof hat der 47-Jährige drei große SchwäbischHällische Mutterschweine. „Etwa 30 Prozent meiner Kartoffeln verfüttere ich an die Schweine, zehn Prozent werden wieder ausgesät, und etwas mehr als die Hälfte gehen in den Verkauf.“Bei der Ernte helfen neben seiner Familie Freunde, die bei ihm seit Jahren Kartoffeln kaufen und ihn so unterstützen.
Man kann die Kartoffeln entweder direkt bei ihm auf dem Hof kaufen, er beliefert aber auch den Hofladen Kraus in Schwabmünchen. Leben aber kann er davon nicht:
„Meist kommen bei mir 20 Tonnen Kartoffeln zusammen, dann sind so einigermaßen die Kosten gedeckt. Wenn es aber nicht so gut läuft wie beispielsweise im vergangenen Jahr, als es für die Kartoffeln zu feucht war, dann sind es nur sieben Tonnen und die Sache wird zum Zuschussgeschäft.“Deshalb hat der gelernte Großhandelskaufmann, der früher in Gartenabteilungen von Schwabmünchner Baumärkten gearbeitet hat, die Büroarbeiten für seine Brüder – ein Landwirt und ein Heizungsbauer – übernommen.
Eine Lieblingssorte hat Christian Müller nicht. Die Irmgard ist für ihn
schon etwas Besonderes, weil der diese mehlige Kartoffelsorte schon seit seiner Kindheit kennt. „Als meine Mutter mir berichtete, dass die nicht mehr angebaut wird, habe ich mir welche besorgt, damit sie nicht verloren geht.“Begeistert ist er auch von der Sorte Dakus: „Die schmeckt zwar nicht besonders, sieht aber mit ihren verschiedenen Rottönen fantastisch aus.“
Er selber isst Kartoffeln etwa drei- bis viermal in der Woche: „Ab und zu müssen aber auch Spätzle her, wir sind ja schließlich in Schwaben“, lacht Christian Müller. Hier mag er am liebsten die mehligen
Sorten: „Golden Wonder aus England ist eine sehr leckere Kartoffel. Das Fleisch ist eher weiß, und zu Quark und Butter schmeckt die fantastisch.“
Und was empfiehlt der „Kartoffel-Papst“Hobbygärtnern, die Kartoffel pflanzen wollen? „Möglichst früh mit dem Pflanzen beginnen, am besten Ende April oder Anfang Mai. Die Kartoffeln sollten zehn bis zwölf Zentimeter tief in den Boden gesetzt werden. Und nicht zu viele auf engem Raum setzen, sonst werden sie zu klein. Vier Pflanzen pro Quadratmeter sind eigentlich ideal“, so Christian Müller.