Augsburger Allgemeine (Land West)
Figuren erzählen vom Leben und Reisen
Maskenmuseum Andreas Heise macht für die Ausstellung in Diedorf seine Koffer auf und steckt seine Kunstwerke auf einzigartige Weise zusammen.
Diedorf Während so manche Kunstschaffenden erst den Weg mühevoller Vorbereitungen gehen müssen, um eine Ausstellung anbieten zu können, hat Andreas Heise, der derzeit im neu eröffneten Ausstellungsraum im Haus der Kulturen in Diedorf seine Werke zeigt, einen ganz neuen, leichteren Weg gefunden. In einer sehenswerten Ausstellung stellt er seine einzigartigen „Steckfiguren“vor und damit zunächst gezeichnete Figuren, die er später ausschneidet und an Ort und Stelle in den dreidimensionalen Raum hinein verschränkt.
„Der Künstler erschien allein mit einem riesigen Koffer und einem sperrig bepackten Rollwägelchen, um seine großartigen und in ihrer Art einmaligen Figuren aus den flachen DIN-A4-Sichthüllen des Koffers zu dreidimensionalem Kunsterleben auferstehen zu lassen“, zeigte sich Kurator Michael Stöhr begeistert. Heise, studierter Architekt, arbeitete als Schreiner, Innenarchitekt und Designer in Europa, war aber auch immer schon zusätzlich künstlerisch als Theaterzeichner oder Filmausstatter beruflich unterwegs.
In den vergangenen Jahren lebte Andreas Heise immer wieder längere Zeit in Neuseeland, Dänemark und Schweden. Und bei diesen Aufenthalten in der Fremde entstanden seine dreidimensionalen Steckfiguren aus Hartfaserplatten und leichteren Wabenplatten, die nun zu einem Rundgang durch eine erstaunliche Ausstellung in Diedorf einladen. Die etwa 35 Steckfiguren von klein bis lebensgroß, deren ganz besonderer Reiz darin besteht, dass eine zunächst gezeichnete Fläche vollkommen zu einer körperlich erfahrbaren Standfigur transformiert, überraschen und begeistern.
Mit ihren Titeln projizieren seine Figuren antike Mythologien und archetypische Gedankenblöcke. Als Künstler mit Synästhesie verknüpft Heise zwei Sinnesreize miteinander und kann beim Hören von Musik – bevorzugt der Dreigroschenoper – gleichzeitig bestimmte Formen sehen. „Musikalische seismografische Wahrnehmung übersetzt in Bewegung mit dem Stift“, nennt er diese Arbeit, aus der die ersten Zeichnungen für seine drei Typen an Steckfiguren, die sich an der „großen schwarzen Göttin“orientieren, entstanden.
„Sie wurden völlig frei angefertigt, ohne jegliche Ahnung, wohin der Weg gehen sollte“, so Heise. Präzise, aber mit Dynamik, sticht er anschließend mit einem einfachen Küchenmesser in das Bild auf den Wabenplatten und fängt an, verschieden geformte Teile mit Steckschlitzen für die komplizierten Stecktechniken seiner Figuren zu schneiden. Bei Arbeiten mit Holz entsteht darauf zunächst eine kleine Vorskizze, bevor er beginnt, mit der Bandsäge die Formen auszuschneiden.
Durch das von Andreas Heise entwickelte Stecksystem kehren die dreidimensionalen Einzelelemente nach der Ausstellung wieder zusammengelegt in ihre zweidimensionale Aufbewahrung zurück in den Koffer. Im wahrsten Sinne des Wortes also Kunstwerke auf Reisen. Für die Ausstellung in Diedorf bringt der
Künstler aber auch weitere sehenswerte Ideen mit. So verquickt er verschiedene Teile seiner Figuren miteinander und verbindet somit zwei Kunstwerke auf neue, interessante Art und lässt daraus ein weiteres Kunstwerk entstehen.
Seit Kurzem bemalt er auch Pappen beidseitig zur Musik, die ebenfalls zu sehen sind. Bei diesen Arbeiten sollen keine Darstellungen entstehen, Heise möchte völlig frei in seinem Handeln sein und bleiben und achtet dabei auch nicht auf Vorderund Rückseite. „Da es aber immer derselbe Mensch ist, der tätig ist, entstehen die Bilder auf die gleiche Weise, und somit entsteht eine unglaubliche Harmonie auf beiden Seiten des Kunstwerks.“
Auf Wunsch von Andreas Heise werden im Dialog zu dieser Ausstellung mit ihren starken Figuren der europäischen Philosophie Skulpturen aus dem afrikanischen Mythenbereich gegenübergestellt. Die Ausstellung läuft noch bis August 2022. Besichtigungstermine mit Voranmeldung unter Telefon 08238/60245.