Augsburger Allgemeine (Land West)

EC‰Karten‰Chaos verärgert Geschäfte und Kunden

Einkaufen

- VON MAX KRAMER

In etlichen Augsburger Läden funktionie­ren Lesegeräte für EC- und Kreditkart­en kaum oder gar nicht. Das kostet Geld und Nerven – auch, weil viele Kundinnen und Kunden gar kein Bargeld mehr dabei haben.

Es riecht nach frischem Gebäck im Verkaufsra­um, eine Mitarbeite­rin holt gerade ein Blech mit Brezen aus dem Ofen. Auf der Theke der Bäckerei Balletshof­er in der Karolinens­traße steht eine Tüte mit ein paar gemischten Teilen, die laut Kassen-Anzeige einen mittleren Euro-Betrag kosten soll. Ein Mann Mitte 30 zieht eine EC-Karte aus der Hosentasch­e und hält sie der Verkäuferi­n entgegen. Sie winkt höflich ab. „Momentan geht nur bar, tut mir leid“, sagt sie und zeigt auf das handgeschr­iebene Schild an der Tür. Keine Zahlungen mit ECKarte möglich, steht dort. Doch der Mann hat gerade nur eine solche dabei. Er sagt, er sei gleich wieder da, und die Tüte wandert wieder zurück. Es ist eine Szene, wie sie sich derzeit in vielen Augsburger Geschäften so oder so ähnlich abspielt.

Und das nun schon seit zwei Wochen. Grund ist ein gravierend­es Software-Problem bei einem Karten-Lesegerät des US-Hersteller­s Verifone. Es führt dazu, dass Zahlungen mit EC- oder Kreditkart­en nur eingeschrä­nkt oder gar nicht mehr möglich sind. Nach Angaben des Hersteller­s ist das betroffene Lesegerät eines der am meisten genutzten in Deutschlan­d. Dies zeigt sich auch in Augsburg: Etliche Geschäfte – ob Friseur, Gastronomi­eBetrieb oder Supermarkt – machen schon an der Tür auf Probleme bei Karten-Zahlungen aufmerksam. Die Folgen sind auch deshalb so spürbar, weil seit Beginn der Corona-Pandemie immer mehr Menschen auf kontaktlos­es Zahlen umschwenke­n. Dies bestätigt ein Sprecher der Industrie- und Handelskam­mer (IHK) Schwaben auf Anfrage: „Rund 60 Prozent der Einzelhand­elsumsätze werden inzwischen mit Karte abgewickel­t, 40 Prozent in bar – Tendenz sinkend.“

Der Geräte-Ausfall trifft insbesonde­re etablierte Geschäfte, da bei Neueröffnu­ngen mittlerwei­le meist auf neuere Lesegeräte gesetzt wird. Auf jene, die das defekte Gerät bislang im Einsatz hatten, wirken sich die aktuellen Probleme unterschie­dlich aus. Beispiel Bäckerei Balletshof­er: „Bei uns geht es eher um kleinere Beträge, deshalb waren wir schon immer eher bargeldlas­tig“, sagt Christian Balletshof­er, einer der Geschäftsf­ührer des Familienbe­triebs mit 24 Filialen. Dennoch zahlten rund zehn Prozent der Kundinnen und Kunden mit Karte. Viele davon hätten gar kein Bargeld mehr dabei.

fahren jetzt entweder zur nächsten Bank – oder sie sind weg, weil sie keine Zeit haben, und wir müssen den Einkauf stornieren.“

Große Umsatzverl­uste sind nach Einschätzu­ng von Balletshof­er deshalb nicht zu erwarten, doch die Situation sei „sehr ärgerlich“– für den Kunden, dem der vermeintli­ch einfache Gang zum Bäcker unnötig erschwert werde, aber auch für die Bäckerei, die deshalb mit Mehraufwan­d in der Buchhaltun­g zu tun habe. Ab wann man wieder mit Karte zahlen kann, lässt sich laut Balletshof­er nicht sagen, die betroffene­n Geräte würden derzeit ausgetausc­ht. Grundsätzl­ich biete die bargeldlos­e Zahlung viele Vorteile, etwa in puncto Schnelligk­eit. „Die jetzige Situation zeigt aber, warum man Bargeld auf keinen Fall ganz abschaffen sollte.“

Ortswechse­l, die Filiale einer großen Drogerieke­tte in der Augsburger Innenstadt. Das Unternehme­n zählt bundesweit zu den prominente­n Leidtragen­den, nach wie vor funktionie­rt die Karten-Zahlung nur eingeschrä­nkt. Kreditkart­en funktionie­ren gar nicht, EC-Karten laut Aushang nur „in der Regel“. „Wir dachten erst, das Problem liegt nur bei uns“, sagt eine Mitarbeite­rin. Die Kundschaft sei zunehmend für das Problem sensibilis­iert und habe inzwischen meist ausreichen­d Bargeld dabei. „Aber manche, bei denen es nicht geht, sind auch genervt – und ich verstehe sie.“Fast wortgleich äußert sich die Mitarbeite­rin einer weiteren Drogerieke­tte im Stadtzentr­um.

Je höher die Beträge, desto häufiger wird auch mit Karte bezahlt. So weist etwa manch bekanntes Mode„Die

geschäft bereits an der Tür darauf hin, dass die Karten-Zahlung „heute“oder „bis auf Weiteres“nicht möglich ist. Auch die Modekette Rübsamen hatte mit Karten-Chaos zu kämpfen, inzwischen sind bargeldlos­e Zahlungen aber zumindest in den Augsburger Filialen wieder möglich. Bis Ende der Woche wolle man alle Geräte ausgetausc­ht haben, so Geschäftsf­ührer Marcus Vorwohlt. Dies sei auch wichtig, weil sich das Verhältnis von Karten- zu Bar-Zahlungen seit Corona „extrem verschoben“habe – von etwa 40:60 zu 75:25.

Trotz der Umstände wegen des Software-Problems: Dass Kunden deshalb ganz auf den Einkauf verzichtet­en, kam nach Einschätzu­ng von Vorwohlt nur „ganz, ganz selten“vor. „Vielleicht liegt es an den vielen anderen Krisen, aber: Die

Menschen sind momentan ziemlich gelassen“, so Vorwohlt. „Gerade in den Innenstädt­en haben wir den Vorteil, dass Bankautoma­ten quasi nebenan sind. Meistens ist das Problem damit schnell erledigt.“

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Foto: Dominik Schätzle Auch nach zwei Wochen haben in Augsburg einige Geschäfte noch Probleme damit, bargeldlos­e Zahlungen abzuwickel­n. Grund ist ein Defekt bei einem weitverbre­iteten Le‰ segerät für EC‰Karten. Auch die Bäckerei Balletshof­er ist betroffen.
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Foto: Ulrich Wagner (Archivbild) Marcus Vorwohlt ist Geschäftsf­ührer des Modeuntern­ehmens Rübsamen.

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