Augsburger Allgemeine (Land West)
ECKartenChaos verärgert Geschäfte und Kunden
Einkaufen
In etlichen Augsburger Läden funktionieren Lesegeräte für EC- und Kreditkarten kaum oder gar nicht. Das kostet Geld und Nerven – auch, weil viele Kundinnen und Kunden gar kein Bargeld mehr dabei haben.
Es riecht nach frischem Gebäck im Verkaufsraum, eine Mitarbeiterin holt gerade ein Blech mit Brezen aus dem Ofen. Auf der Theke der Bäckerei Balletshofer in der Karolinenstraße steht eine Tüte mit ein paar gemischten Teilen, die laut Kassen-Anzeige einen mittleren Euro-Betrag kosten soll. Ein Mann Mitte 30 zieht eine EC-Karte aus der Hosentasche und hält sie der Verkäuferin entgegen. Sie winkt höflich ab. „Momentan geht nur bar, tut mir leid“, sagt sie und zeigt auf das handgeschriebene Schild an der Tür. Keine Zahlungen mit ECKarte möglich, steht dort. Doch der Mann hat gerade nur eine solche dabei. Er sagt, er sei gleich wieder da, und die Tüte wandert wieder zurück. Es ist eine Szene, wie sie sich derzeit in vielen Augsburger Geschäften so oder so ähnlich abspielt.
Und das nun schon seit zwei Wochen. Grund ist ein gravierendes Software-Problem bei einem Karten-Lesegerät des US-Herstellers Verifone. Es führt dazu, dass Zahlungen mit EC- oder Kreditkarten nur eingeschränkt oder gar nicht mehr möglich sind. Nach Angaben des Herstellers ist das betroffene Lesegerät eines der am meisten genutzten in Deutschland. Dies zeigt sich auch in Augsburg: Etliche Geschäfte – ob Friseur, GastronomieBetrieb oder Supermarkt – machen schon an der Tür auf Probleme bei Karten-Zahlungen aufmerksam. Die Folgen sind auch deshalb so spürbar, weil seit Beginn der Corona-Pandemie immer mehr Menschen auf kontaktloses Zahlen umschwenken. Dies bestätigt ein Sprecher der Industrie- und Handelskammer (IHK) Schwaben auf Anfrage: „Rund 60 Prozent der Einzelhandelsumsätze werden inzwischen mit Karte abgewickelt, 40 Prozent in bar – Tendenz sinkend.“
Der Geräte-Ausfall trifft insbesondere etablierte Geschäfte, da bei Neueröffnungen mittlerweile meist auf neuere Lesegeräte gesetzt wird. Auf jene, die das defekte Gerät bislang im Einsatz hatten, wirken sich die aktuellen Probleme unterschiedlich aus. Beispiel Bäckerei Balletshofer: „Bei uns geht es eher um kleinere Beträge, deshalb waren wir schon immer eher bargeldlastig“, sagt Christian Balletshofer, einer der Geschäftsführer des Familienbetriebs mit 24 Filialen. Dennoch zahlten rund zehn Prozent der Kundinnen und Kunden mit Karte. Viele davon hätten gar kein Bargeld mehr dabei.
fahren jetzt entweder zur nächsten Bank – oder sie sind weg, weil sie keine Zeit haben, und wir müssen den Einkauf stornieren.“
Große Umsatzverluste sind nach Einschätzung von Balletshofer deshalb nicht zu erwarten, doch die Situation sei „sehr ärgerlich“– für den Kunden, dem der vermeintlich einfache Gang zum Bäcker unnötig erschwert werde, aber auch für die Bäckerei, die deshalb mit Mehraufwand in der Buchhaltung zu tun habe. Ab wann man wieder mit Karte zahlen kann, lässt sich laut Balletshofer nicht sagen, die betroffenen Geräte würden derzeit ausgetauscht. Grundsätzlich biete die bargeldlose Zahlung viele Vorteile, etwa in puncto Schnelligkeit. „Die jetzige Situation zeigt aber, warum man Bargeld auf keinen Fall ganz abschaffen sollte.“
Ortswechsel, die Filiale einer großen Drogeriekette in der Augsburger Innenstadt. Das Unternehmen zählt bundesweit zu den prominenten Leidtragenden, nach wie vor funktioniert die Karten-Zahlung nur eingeschränkt. Kreditkarten funktionieren gar nicht, EC-Karten laut Aushang nur „in der Regel“. „Wir dachten erst, das Problem liegt nur bei uns“, sagt eine Mitarbeiterin. Die Kundschaft sei zunehmend für das Problem sensibilisiert und habe inzwischen meist ausreichend Bargeld dabei. „Aber manche, bei denen es nicht geht, sind auch genervt – und ich verstehe sie.“Fast wortgleich äußert sich die Mitarbeiterin einer weiteren Drogeriekette im Stadtzentrum.
Je höher die Beträge, desto häufiger wird auch mit Karte bezahlt. So weist etwa manch bekanntes Mode„Die
geschäft bereits an der Tür darauf hin, dass die Karten-Zahlung „heute“oder „bis auf Weiteres“nicht möglich ist. Auch die Modekette Rübsamen hatte mit Karten-Chaos zu kämpfen, inzwischen sind bargeldlose Zahlungen aber zumindest in den Augsburger Filialen wieder möglich. Bis Ende der Woche wolle man alle Geräte ausgetauscht haben, so Geschäftsführer Marcus Vorwohlt. Dies sei auch wichtig, weil sich das Verhältnis von Karten- zu Bar-Zahlungen seit Corona „extrem verschoben“habe – von etwa 40:60 zu 75:25.
Trotz der Umstände wegen des Software-Problems: Dass Kunden deshalb ganz auf den Einkauf verzichteten, kam nach Einschätzung von Vorwohlt nur „ganz, ganz selten“vor. „Vielleicht liegt es an den vielen anderen Krisen, aber: Die
Menschen sind momentan ziemlich gelassen“, so Vorwohlt. „Gerade in den Innenstädten haben wir den Vorteil, dass Bankautomaten quasi nebenan sind. Meistens ist das Problem damit schnell erledigt.“