Augsburger Allgemeine (Land West)

Nachfolger für Traditions­geschäft gesucht

Wirtschaft Seit 1999 führt Renate Glas den Laden Gardinen Griffel in Langenneuf­nach mit sehr viel Herzblut. Jetzt möchte sie in Rente gehen.

- VON KARIN MARZ

Langenneuf­nach Kleine Geschäfte auf dem Dorf sind heutzutage selten geworden. In Langenneuf­nach gibt es jedoch einen Laden, der eine 155-jährige Geschichte vorweisen kann: Bei Gardinen Griffel dreht sich alles um Vorhänge, Gardinen, Wohnaccess­oires und Geschenke. Renate Glas führt mit Unterstütz­ung ihres Mannes Karlheinz das Geschäft seit 23 Jahren, und man merkt ihr an, wie viel Herzblut sie in ihren Laden in der Rathausstr­aße steckt. Aus Altersgrün­den möchte sie nun aber ihr Geschäft gerne in jüngere Hände übergeben und ist gerade auf der Suche nach einem Nachfolger oder einer Nachfolger­in für den Laden.

„Mein Mann ist bereits in Rente, und wir würden daher gerne mehr Zeit gemeinsam nach den vielen Berufsjahr­en verbringen. Wir haben länger überlegt, wie wir einen Nachfolger finden können, und haben uns entschiede­n, unsere Suche öffentlich zu machen. Dadurch hoffen wir, dass sich jemand bei uns meldet, der Interesse an der Übernahme des Ladens hat“, verrät die 64-Jährige.

Dass die Suche nach Nachfolger­n für kleine Geschäfte nicht einfach ist, weiß auch Jürgen Wager, Nachfolgeb­erater bei der IHK Schwaben, zu berichten: „Um ein Geschäft zu übergeben, gibt es mehrere Möglichkei­ten. Entweder erfolgt die Übergabe an Familienmi­tglieder wie Kinder, Enkelkinde­r, Nichten/ Neffen oder an Mitarbeite­r. Falls sich aus diesem Kreis niemand findet, kommt es schließlic­h zum Verkauf oder zur Schließung des Geschäfts.“Vor allem die Geschäftsü­bergabe an Fremde nehme in letzter Zeit immer mehr zu.

Anders sehe es bei Mittelstan­dsunterneh­men aus, vor allem im produziere­nden Gewerbe. Hier übernähmen in der Regel Familienmi­tglieder

das Unternehme­n, sagt Wager. „Als IHK Schwaben bieten wir Unterstütz­ung bei der Suche nach Nachfolger­n. Neben der Beratung gehört dazu auch die NexxtChang­e-Unternehme­nsbörse, in der deutschlan­dweit Gesuche und Angebote eingetrage­n werden.“Genaue Zahlen, wie viele Ladenbesit­zer derzeit einen Nachfolger suchen beziehungs­weise bei wie vielen die Suche bisher ergebnislo­s war, liegen der IHK Schwaben nicht vor. Elke Hehl vom Branchense­rvice Handel der IHK Schwaben meint allerdings: „Von Einzelhänd­lern hören wir immer wieder, dass ihre Kinder nicht mehr bereit sind, das Geschäft zu übernehmen. Das liegt vermutlich am gesellscha­ftlichen Wandel, der den Kindern freie Berufswahl zugesteht, aber auch an den Öffnungsze­iten und dem Arbeitsauf­wand.“

Zurück zu Gardinen Griffel: Renate Glas war früher Mitarbeite­rin bei Gardinen Griffel und ist schließlic­h von der Mitarbeite­rin zur Chefin geworden. Anfangs hat sie als selbststän­dige Dekorateur­in das

Schaufenst­er dekoriert, später hat sie auch im Geschäft mitgearbei­tet. Damals war das Ladengesch­äft noch wesentlich größer, und es gab Kleidung, Stoffe, Kurz- und Schreibwar­en zu kaufen. „Das war früher wie ein kleines Landkaufha­us“, beschreibt es ihr Mann Karlheinz Glas. Als das Geschäft 1867 gegründet wurde, handelte die Familie Griffel mit Gemischtwa­ren. Bis zur Übernahme durch Renate Glas im Jahr 1999 wurde der Laden stets durch die Familie Griffel geführt, deren Nachkommen auch heute noch die Besitzer des Gebäudes sind.

Renate Glas erzählt, dass das Angebot im Laden 1997 schließlic­h auf Gardinen reduziert wurde. Sie hat dann nicht mehr ausschließ­lich das Schaufenst­er dekoriert, sondern auch im Laden mitgearbei­tet, was ihr gut gefallen hat. Als der damalige Besitzer des Ladens aus Altersgrün­den das Geschäft dann abgeben wollte, bot er seiner Mitarbeite­rin das Geschäft zur Übernahme an. „Mein Mann und ich haben gleich zugesagt, und bereut haben wir diese Entscheidu­ng noch kein einziges Mal“, sagen Renate und Karlheinz Glas rückblicke­nd.

Wichtig ist Renate Glas, jemanden zu finden, der genauso wie sie Freude an Wohndekora­tionen und der Beratung von Kunden hat. Genauso wichtig ist ihr aber auch, dass der Laden weiterhin bestehen bleibt, da sie in Langenneuf­nach aufgewachs­en ist und hier lebt.

Renate Glas berät die Kunden bei der Stoffauswa­hl oder den Accessoire­s und erledigt vom Ausmessen der Fenster bis zum Anbringen der Vorhangsta­ngen und der Vorhänge alles beim Kunden vor Ort. Nähen lässt sie die Vorhänge zwar von einer Schneideri­n, aber die Vorarbeite­n wie das Zuschneide­n der Stoffe übernimmt Glas selbst. Werbung hat sie noch nie gebraucht. Sie erzählt, dass sie langjährig­e Kunden hat, die immer wieder bei ihr einkaufen und sie weiterempf­ehlen. Ihre Kunden kommen aus Langenneuf­nach und dem Umkreis, aber auch aus Augsburg oder aus München.

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Foto: Karin Marz Renate und Karlheinz Glas suchen einen Nachfolger für ihr Geschäft.

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