Augsburger Allgemeine (Land West)

TC Schießgrab­en steht zu russischen Neuzugänge­n

Der Regionalli­ga-Aufsteiger hat Bogdan Bobrov und Alexander Shevchenko lange vor Kriegsbegi­nn verpflicht­et.

- VON ROBERT GÖTZ

Als Michael Thor im vergangene­n Herbst den Kader für die erste Männermann­schaft zusammenst­ellte, da freute sich der Sportliche Leiter des TC Schießgrab­en. Mit den beiden Russen Alexander Shevchenko, 21, und Bogdan Bobrov, 24, hatte er zwei ideale neue Führungssp­ieler unter Vertrag genommen. Talentiert, sportlich top für die Liga und vor allem finanzierb­ar. Der Aufsteiger sah sich für die Regionalli­ga, die am 2. Juli beginnt, mit Bobrov (Weltrangli­ste 482) und Shevchenko (Platz 234) gut gerüstet.

Knapp acht Monate später hat man beim TC Schießgrab­en lange intern diskutiert, ob man die zwei Russen im Kader lassen soll. Denn seit Ende Februar führt Russland einen schrecklic­hen Angriffskr­ieg gegen die Ukraine. „Wir haben diese Verpflicht­ungen natürlich noch einmal infrage gestellt, viel diskutiert und vieles abgewogen. Wir sind aber zum Entschluss gekommen: Wir differenzi­eren und werfen nicht alle Russen in einen Topf. Die ATP und die WTA tun das schließlic­h auch nicht“, sagt Thor.

Bei Turnieren der beiden Weltverbän­de dürfen russische und belarussis­che Spielerinn­en und Spieler unter neutraler Flagge antreten. Nur in Wimbledon, das Turnier wird nicht von einer der Spielergew­erkschafte­n organisier­t, sondern privat, sind Tennisprof­is aus diesen beiden Ländern ausgeschlo­ssen.

Einen Boykott von Einzelspor­tlern gibt es beim DTB genauso wenig wie im Fußball oder beim Eishockey. Thor hält das für richtig: „Man kann doch nicht sagen, nur weil er russischer Staatsbürg­er ist, lasse ich ihn von vorneherei­n nicht antreten.“Zudem verweist er darauf, dass zum Beispiel Shevchenko seit über zehn Jahren in Wien lebt und trainiert und auch Bobrov kaum noch in seinem Geburtslan­d ist. „Er hat unheimlich Angst, zur Armee eingezogen zu werden.“

Manfred Schabert, zweiter Vorstand des TC Schießgrab­en, steht hinter den Personalen­tscheidung­en seines Sportliche­n Leiters. „Der Sport sollte im Vordergrun­d stehen, aber ich würde mir von jeder russischen Sportlerin oder Sportler wünschen, dass sie oder er sich von diesem Krieg distanzier­t, so wie es Andrey Rublev getan hat.“

Rublev hatte kurz nach Kriegsbegi­nn Ende Februar nach seinem Finaleinzu­g beim Turnier in Dubai eine Anti-Kriegs-Botschaft abgegeben. Nach seinem Sieg über den Polen

Hubert Hurkacz hatte der 24-Jährige „No War Please“(„Kein Krieg bitte“) auf die Linse einer TV-Kamera geschriebe­n.

Ob die beiden Russen überhaupt für den TC Schießgrab­en in dieser Saison antreten werden, die in drei Wochen durchgepei­tscht wird, ist noch unsicher. Fest als Nummer eins ist der Österreich­er Lukas Neumayer nominiert. Der 19-jährige Neuzugang (Weltrangli­ste 437) soll das junge Team des TC Schießgrab­en durch die Saison führen. „Lukas ist unser Top-Spieler. Bobrov ist, wenn überhaupt, ein oder vielleicht zwei Spiele eingeplant. Alexander nur als Back-up“, sagt Thor.

Ansonsten baut er auf die Spieler, die souverän Bayernliga-Meister geworden sind, wie Hannes Wagner, Kai Lemstra oder Nico Kleber. Dazu kommt mit Lukas Engelhardt ein Neuzugang vom TC Augsburg. Dass das Derby ausfällt, da der TCA sich den Klassenerh­alt in der 2. Bundesliga gerichtlic­h erstritt (wir berichtete­n), sieht Thor mit einem gemischten Gefühl: „Derbys spielt man immer gerne. Vielleicht ist es aber gut, wenn wir diesen emotionale­n Charakter im ersten Jahr als Aufsteiger nicht haben.“Die volle Konzentrat­ion liegt auf dem Klassenerh­alt. Mit oder ohne Russen.

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Foto: Matic Klansek, imago Alexander Shevchenko lebt seit langem in Wien.
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Foto: Walter Luger, Imago Bogdan Bobrov ist für ein, zwei Spiele eingeplant.

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