Augsburger Allgemeine (Land West)
Bald ist Schönebach den Schädling los
Laubholzbockkäfer Bewohnerinnen und Bewohner in und um den Ziemetshauser Ortsteil warten auf den 31. Oktober.
Ziemetshausen Es ist jetzt bald acht Jahre her, dass der 200-EinwohnerOrt Schönebach in der Presse und über das regionale Fernsehen hinaus zu einem Begriff wurde. Hatte man doch hier einen Asiatischen Laubholzbockkäfer (ALBK) entdeckt, ein Insekt, das weltweit als gefürchteter Schädling gilt. Vermutlich ist der Käfer über Verpackungsmaterial (Holzpalette) aus China eingeführt worden. Rosskastanie, Birke, Pappel und Weide, möglicherweise auch Obstbäume zählen zu seinen bevorzugten Brutstätten. Die Vorschriften
Das Holz durfte nicht mehr abgefahren werden
verlangen, dass im Umkreis von 100 Metern eines befallenen Baumes alle Laubbäume gefällt, gehäckselt und verbrannt werden müssen. Im Umkreis von zwei Kilometern um den Entdeckungsort wird eine Quarantänezone eingerichtet. Darin sind dann die Baumbesitzer aufgefordert, alle vier Wochen (zwischen April und Oktober) ihre Laubholzbestände, auch die seit zwei Jahren lagernden, auf Einbohrund Ausbohrlöcher des Käfers zu untersuchen.
Angestellte des AELF (Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten) haben im Rahmen des Monitorings mit Ferngläsern, mit Hochklettern und mit Spürhunden einem weiteren Befall von Bäumen mit dem Schädling nachgespürt. Nach Festlegung des Befallsgebietes wurde eine riesige Abholzaktion geplant und durchgeführt. Seit der Ausweisung der Quarantänezone im Herbst 2014 darf aus dem Befallsgebiet kein Laubholz mehr abgefahren werden. Ziel war zunächst, für vier Jahre eine Befallsfreiheit zu schaffen, um weitere Käferlarven zu vermeiden.
Anlässlich einer Aufklärungsveranstaltung der Landesanstalt für Landwirtschaft in Freising (LfL) zusammen mit Vertretern beteiligter Behörden wurde die Bevölkerung über den Schädlingsbefall und die sich daraus ergebenden Konsequenzen für den einzelnen Betroffenen, aber auch für die Kommunen informiert. Da der Quarantänebereich bis in den Landkreis Augsburg reichte, war neben Ziemetshausen auch der Markt Dinkelscherben betroffen. Wald- und Baumbesitzer befürchteten durch die Maßnahmen und Einschränkungen erhebliche finanzielle Einbußen.
Für die zumeist in Schönebach lebenden Garten-, Baum- und Waldbesitzer war fortan praktisch alles an Laubholz für eine Vermarktung blockiert und gesperrt. Am 22. August 2018 wurde in einer Lockstofffalle im Außenbereich von Schönebach ein letztes Käferweibchen gefunden. Trotz intensivster Bemühungen der LfL konnte kein Ausbohrloch und kein einziges weiteres Tier, ob als Larve oder Käfer, mehr aufgefunden werden. Das Ergebnis einer langwierigen und aufwendigen genetischen Untersuchung aufgrund dieses Fundes lag erst im 4. Quartal 2019 vor. Diverse Äußerungen von Mitarbeitern der LfL und auch der AELF gegenüber Bürgern in Schönebach, dass die erlassenen Allgemeinverfügungen, wie geplant, mit Ablauf des 31.12.2020 ungültig werden und somit die Einschränkungen aufgehoben werden können, weckten Hoffnung bei den Betroffenen. Doch es kam anders – praktisch „last minute“wurde am 17. Dezember 2020 die Marktgemeinde Ziemetshausen davon in Kenntnis gesetzt, dass am darauffolgenden Tag, also dem 18. Dezember, zwei neue Allgemeinverfügungen für eine wirkungsgleiche Verlängerung der seit September 2016 bestehenden Quarantänemaßnahmen bis zum 31. Dezember 2022 hinaus angeordnet werden.
Noch am 19. Dezember 2020 hat die Marktgemeinde Ziemetshausen gegen die „willkürliche“Verlängerung der ganzen Aktion bis zum 31.12.2022 Klage beim Verwaltungsgericht Augsburg eingereicht. „Man tue dies auch“, so Bürgermeister Ralf Wetzel seinerzeit in der Klagebegründung „als Speerspitze für die von den Maßnahmen betroffenen und finanziell damals schon erheblich geschädigten Bürger im Einzugsbereich der Quarantänezone“.
Man wartete auf den Ausgang der Verhandlung, die dann kurz nach Ostern im April 2021 stattfand. Das Ergebnis zeigte, dass die Klage der Marktgemeinde Ziemetshausen nicht umsonst gewesen war. Im Rahmen eines gerichtlichen Vergleichsvorschlags wurde vom Verwaltungsgericht Augsburg in Abstimmung mit den Beteiligten festgelegt, die zeitliche Befristung der verlängerten Allgemeinverfügungen der Behörden um zwei Monate auf den 31. Oktober 2022 zu reduzieren. Zumindest ein Teilerfolg, dies erfolgte in Hinblick auf den Entwicklungszyklus des ALBK und musste so hingenommen werden. Einen wesentlichen Erfolg mit ihrer Klage konnte die Marktgemeinde aber durch Reduzierung der Quarantänezone von zunächst zwei Kilometern auf einen Radius von jetzt nur noch einen Kilometer erzielen. Damit hat sich die seit bald sieben Jahren bestehende Sperrzone zur Fällung und Entnahme von Laubholz von ursprünglich etwa 12,6 Quadratkilometern auf nur noch 3,14 verringert, Waldbesitzer konnten ab dem 1. Mai 2021, dem Datum der Gültigkeit der neuen „Übersichtskarte Pufferzone“, wieder auf ihr lagerndes oder zur Fällung anstehendes Laubholz außerhalb des Ein-Kilometer-Radius zurückgreifen. Bürgermeister Wetzel war dies im Interesse der Bürgerinnen und Bürger sehr wichtig, konnten dadurch doch wesentliche Waldflächen um Ziemetshausen, Uttenhofen,
Ziemetshausens Klage blieb nicht ohne Wirkung
Schönebach und Hinterschellenbach aus der bisherigen Pufferzone genommen werden.
Für viele Baum- und Waldbesitzer brachte das Urteil große Erleichterung, für die innerhalb der noch verbliebenen Quarantänezone-Betroffenen sind es jetzt noch gute fünf Monate bis zum Ende der dann achtjährigen Riesenaffäre um den kleinen schwarzen Käfer aus China. Die noch käfergeschädigten Schönebacher sehnen den 31. Oktober herbei, viele von ihnen müssen dann auch eine Bestandsaufnahme machen über die finanziellen Schäden. Manche sprechen jetzt schon von Tausenden von Euro, die sie der Käfer gekostet hat.