Augsburger Allgemeine (Land West)

Gut gestopft

Was die Bahn im Neun-Euro-Hype von Tokio lernen kann.

- VON LISA GILZ

Vom japanische­n Zugsystem könnte die Deutsche Bahn noch etwas lernen. Verspätung­en gibt es dort keine, und die Züge im Fernverkeh­r sind auch nie überbucht – undenkbar im Moment in Deutschlan­d.

Was sich seit der Einführung des Neun-Euro-Tickets an deutschen Bahngleise­n abspielt, erinnert allerdings sehr an die Rushhour in Tokio. Die Nahverkehr­szüge sind dort so voll, dass manch einer nicht weiß, ob er überhaupt noch einsteigen kann. Sich hineinzuqu­etschen und irgendwie noch einen (Steh-)Platz zu finden, verlangt Initiative – und Ellbogen. Selbst wenn man keine Berührungs­ängste hat, ist das gar nicht so einfach. Teilweise bleiben die Menschen an den Gleisen zurück, was für Ärger sorgte.

In Japan gibt es deshalb in den frühen Morgenstun­den U-BahnMitarb­eiter, die Pendler regelrecht in die Waggons pressen. Mit Ausfallsch­ritt, oft zu zweit und mit weißen Samthandsc­huhen werden die Fahrgäste geschoben, gedrückt und zu einem homogenen Menschenbr­ei

gequetscht – denn wo ein Passagier keinen Platz mehr sieht, können die Profis von außen sehr wohl noch Zwischenrä­ume schließen. Motto: wo ein Stopfer, da auch Platz.

Ein Vorbild für Deutschlan­d? Schließlic­h waren die überfüllte­n Bahnhöfe am Pfingstwoc­henende nur ein Vorgeschma­ck auf das, was in den Sommerferi­en noch auf Reisende zukommen könnte. An den rund 5700 Bahnhöfen könnte sich daher zumindest für diesen Sommer eine neue Ferienjob-Branche etablieren – die Stopfer. Am besten gleich mit ein paar Tipps, wie man sich und seine Stehpartne­r, an denen man für mehrere Stunden klebt, bis nach Sylt frisch halten kann.

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Foto: Panasia, dpa Die U‰Bahn in Tokio.

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