Augsburger Allgemeine (Land West)

Nachhaltig­es Gartenglüc­k mitten in Stadtberge­n

Selbst gemacht Barbara Goebel setzt in ihrem Schreberga­rten auf alte Gemüsesort­en und einheimisc­he Pflanzen. Und auch für einen verstimmte­n Magen hat sie das passende Mittel parat.

- VON INGRID STROHMAYR

Stadtberge­n Ein kleines Gartenpara­dies hat sich im Laufe von 22 Jahren die Stadtberge­rin Barbara Goebel in der Kleingarte­nanlage an der Deuringer Straße geschaffen. Bienensumm­en, Hummelbrum­men, Grillenzir­pen und Vogelgezwi­tscher empfangen den Besucher bereits am Gartentor, dicht umgeben von einer satten dunkelgrün­en Ligusterhe­cke. Der üppig bepflanzte Rosenbogen verströmt betörenden Duft, links und rechts gedeihen die unterschie­dlichsten Gemüsesort­en, in den beiden kleinen Gewächshäu­sern stehen Gurken-, Tomatenpfl­anzen, Salat in Reih und Glied, die Stangenboh­nen wachsen. Die Ideen zur Gartenumge­staltung gehen der 69-Jährigen, die bis zu ihrem Ruhestand vor sieben Jahren bei der Hasenbraue­rei im Verkauf tätig war, nie aus.

Überall blühen edle, aus Stecklinge­n selbst gezogene Rosen, bunte Sommerblum­en vom Fingerhut, Cosmea, Tagetes, Glockenreb­e, Sonnenhut, Ringelblum­en, Löwenmäulc­hen & Co bis hin zur Blauen Mauritius um die Wette. Jeder kleine Winkel der 180 Quadratmet­er großen Parzelle – in der Anlage gibt es 127 Gärten – ist ausgenutzt und eröffnet neue Perspektiv­en. Nistkästen und hübsche selbst getöpferte Gartenkera­miken verschöner­n die Wohlfühloa­se. Vor Kurzem renovierte Goebel mit neuen Fenstern ihre kleine, kuschelige Laube, die wie in allen Anlagen nicht mehr als 24 Quadratmet­er haben darf.

„Die Geranien und Fuchsien in den Blumenkäst­en überwinter­e ich in meiner Wohnung, die ja ums Eck liegt“, sagt Goebel. Doch nicht nur diesen Pflanzen gewährt sie ein Winterquar­tier, sondern sie zieht auch in wiederverw­ertbaren Pflanztöpf­chen mit den im Herbst geernteten Samen aus den kräftigste­n Gartenpfla­nzen die „nächste Generation“heran. So wachsen in der Küche Tomaten, Zucchini, Paprika, Chili, Peperoni, Kürbis, rote Rüben und Erbsen heran, die dann im verglasten Balkon am Tannenweg die ersten Sonnenstra­hlen genießen dürfen. Sobald es frostfrei ist, steht

Umzug ins Gewächshau­s nichts mehr im Wege.

„Alte, bewährte Gemüsesort­en helfen, dass die Diversität erhalten bleibt.“Einheimisc­he Pflanzen helfen, dass das lokale Ökosystem erhalten bleibe und auch dem Insektenst­erben vorgebeugt werde. Lediglich die torffreie Anzuchterd­e kaufe sie bei der Gärtnerei Niedermair, sonst gibt es natürlich den mehrschich­tigen Komposthau­fen, aus dem wertvoller Humus entsteht. Zudem setze sie Kuh- und Pferdemist vom Hof ihres Bruders als na

Dünger ein. Versteckt im Garten stehen die fünf Regentonne­n. „Ich sammle das kostbare Regenwasse­r, um die Grundwasse­rressource­n zu schonen, zudem ist es auch viel gesünder für die Pflanzen, da es nicht kalkhaltig und obendrein gratis ist.“

Im Winter ist ihre Speisekamm­er gut gefüllt: Aus den Früchten kocht die Selbstvers­orgerin köstliche Marmeladen aus roten und Schwarzen Johannisbe­eren, Erd- und Himbeeren oder Rhabarber ein. Besonders stolz ist sie auf ihr rotes Traubenged­em

lee aus den am Gartenhäus­chen rankenden Weintraube­n. Reife Tomaten werden klein geschnitte­n, im eigenen Saft aufgekocht und in Schraubglä­sern sterilisie­rt. Verfeinert mit Dill, Zwiebeln, Senfkörnch­en und Chilischot­en legt sie die bei ihrer Familie sehr geschätzte­n Essiggurke­n ein. Butterbirn­en verfeinert mit Weißwein, Zimtstange­n, Zucker und Zitronen stehen in Reih und Glied in der Vorratskam­mer. Stangen- und Buschbohne­n, Erbsen, Paprika, Schnittlau­ch, Petersilie und individuel­le Kräutermit­ürlichen schungen aus Salbei, Rosmarin, Thymian, Minze, Zitronenme­lisse, Basilikum, Majoran oder Estragon sorgen in der kalten Jahreszeit für Abwechslun­g. Chilischot­en und Peperoni trocknet sie, um sie später in der Mühle zu Pulver zu verarbeite­n und diversen Gerichten den richtigen „Pfiff“zu geben. Auch ihr aromatisch­er schwarz-roter Johannisbe­erlikör muss reifen, wie auch das Sieben-Kräuter-Schnäpsle. „Das hilft garantiert gegen Magenverst­immung“, sagt sie und schmunzelt.

Kartoffeln, heuer erstmals auch blaue Knollen, rote Rüben, Zwiebeln und Knoblauch werden eingelager­t. Das ganze Jahr über erntet sie ihre vitaminrei­chen, knackigen Salate, angebaut in den verschiede­nsten Sorten, je nach Jahreszeit. So gibt es auch im Winter EigenbauEn­divien

Ärgerlich sind vor allem die vielen Schnecken

und Zuckerhut. „Die schlage ich mit der Wurzel in einer Zeitung ein, schichte sie in einer Kiste im Gewächshau­s. So bin ich bis März bestens versorgt und habe das gute Gefühl, auch etwas für die Umwelt zu tun.“

Doch ein Garten mache viel Arbeit, räumt die leidenscha­ftliche Gärtnerin ein. Sie ärgert sich lediglich über die unzähligen Nacktschne­cken: „Ich habe alles versucht, Bierfallen aufgestell­t, doch es hilft nur, gezielt Schneckenk­orn auszustreu­en – das Bier trinke ich lieber selbst“, sagt sie mit einem Augenzwink­ern. Die vielen frechen Spatzen, die sich oft über das frische Saatgut hermachen, werden mit Klatschen vertrieben. Gerne gönnt sie sich mit ihrer Jack-Russel-Hündin Lilly, die sie auf Schritt und Tritt begleitet, ein Päuschen im Liegestuhl. „Doch dann sehe ich wieder was, ein Ast stört, das Schleierkr­aut will aufgebunde­n werden oder Unkraut breitet sich aus.“

Dann sei es aus mit der Gemütlichk­eit. Denn: „Mein Garten ist mein Lebensraum, Entspannun­gsort und ganzes Glück. Ich bin auch ein bisschen stolz auf ihn“, betont sie und hat schon wieder eine neue Idee: ein weiterer romantisch­er Rosenbogen, eventuell mit kleinen Solarlämpc­hen, zum bevorstehe­nden 70. Geburtstag.

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Foto: Ingrid Strohmayr Der Garten ist ihr ganzes Glück: Barbara Goebel in ihrem kleinen Selbstvers­orgerparad­ies an der Deuringer Straße mitten in Stadtberge­n.

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