Augsburger Allgemeine (Land West)
Das YoutubeDorf im Funkloch
Ein ganzes Rind, 70 Kilo Thunfisch: Kochen im Großformat.
Die Frauen hocken im Kreis, jede vor sich große gekrümmte Klingen. Daran zerkleinern sie Fisch, Fleisch, Gemüse, alles in gigantischen Mengen, denn das ganze Dorf soll satt werden. Die Zutaten werden in Wannen zu traditionellen Rezepten verarbeitet, die „Hering, Kohl in Masala“heißen, „Rinderhirn Mogoj Vuna“oder schlicht „Komplettes 110-Kilo-Rind: Tahri kochen“. Die Frauen tragen einheitliche bunte Kleider, es soll schließlich gut aussehen im Video. Die Frauen aus Bangladesch sind Youtube-Stars, ihre Videos erzielen Milliarden-Aufrufe.
Was die Faszination und damit den Erfolg der Videos ausmacht? Die Filme sind unter freiem Himmel gedreht, kaum bearbeitet. In langen Szenen zeigen sie ungeschönt traditionelle Zubereitungsarten – Häuten, Ausnehmen und Zerteilen inklusive. Produziert werden die Videos heute von einer 50-PersonenMaschinerie. Der Ort profitiert in
Form von Werbeeinnahmen, die als Gehälter an Köchinnen und FilmCrew gehen, vermarktet sich als Youtube-Dorf und ist als solches auch auf Google Maps zu finden.
Manch neugieriger Youtuber, der schon in Shibulia vorbeigeschaut hat, dürfte aber eine böse Überraschung erlebt haben: Mal schnell ein Video posten, das geht dort nicht. Die Bandbreite reicht einfach nicht. Um die Videos zu veröffentlichen, bringt ein Dorfbewohner das Filmmaterial einmal pro Woche auf Speicherkarten in die Hauptstadt Dhaka, zu Gründer Khan. Sechs Stunden braucht der Bus für die 150 Kilometer, mindestens. Und dann ist es nur noch einen Mausklick bis zu den Köchinnen in Shibulia.