Augsburger Allgemeine (Land West)
Da hatten die Kiffer aber mehr Glück
E s ist immer eine Frage, welcher Gerichtsbarkeit man sich stellen muss. Über 50 Prozent aller Deutschen hat sich beispielsweise auf geschickte Art dem vermeintlich ultimativen Prozess entzogen. Weniger als die Hälfte der Bevölkerung zahlt noch Kirchensteuer und muss sich somit nicht dem Jüngsten Gericht stellen. Oder vielleicht auch doch. So genau vermögen das ja nur diejenigen zu sagen, die sich dem Irdischen entzogen haben und für unsereins nicht mehr zu sprechen sind.
In den Niederlanden wiederum werden einfach so 1500 Verfahren eingestellt. Personalmangel. Kein Austritt aus der Kirche nötig. Dabei geht es um Delikte wie Diebstahl, Verkehrsverstöße oder Besitz von Haschisch – ab fünf Gramm wird der nämlich auch in Holland nicht straffrei toleriert. Normalerweise. Wahrscheinlich kommen die Niederländer schlicht mit dem Kiffen nicht mehr hinterher. In einigen Fällen ordnet die Staatsanwaltschaft ohne Prozess eine Strafe an, andere werden ohne jegliches Urteil gestrichen. Glückliche Kiffer.
Tamás Aján hat nicht so viel Glück. Der Mann ist zwar auch in Drogendelikte verstrickt, allerdings ist er nicht durch das Rauchen eher beruhigender
Substanzen auffällig geworden.
Der Ungar war
20 Jahre lang Präsident des GewichtheberWeltverbandes.
Vor dem Jüngsten
Gericht (so er dort denn einmal vorstellig wird) wird der Ungar zu seiner Entlastung vorbringen, dass er über Jahre hinweg nur den Wünschen all der starken Frauen und Männern nachgegeben habe, die unbedingt mit Gewichten behängte Stangen nach oben reißen und stemmen wollten. Der internationale Sportgerichtshof CAS allerdings hat andere Moralvorstellungen. Er sperrte den Funktionär nun auf Lebenszeit. Über Jahre hinweg soll Aján geholfen haben, Dopingergebnisse verfälscht oder aber Dopingverfahren verhindert zu haben. Aján und seine Gefährten schafften es, dass der gemeinhin Menschenrechtsbrüchen gegenüber eher laxe Olympia-Boss Thomas Bach „ernsthafte Bedenken“gegenüber den Gewichthebern äußerte und die Traditionssportart vorsorglich für die Spiele 2028 in Los Angeles aus dem Programm nahm. Bei einem Blick auf mögliche Dopingverfahren ist das zweifelsfrei eine Erleichterung für die Gerichte.