Augsburger Allgemeine (Land West)

Im Bett mit Niccolo Paganini

Premiere Alle lagen sie dem italienisc­hen Ausnahme-Geiger zu Füßen – das zeigt das Stück „Paganinis Frauen“im Abraxas.

- VON STEFANIE SCHOENE

Niccolo Paganini (1782-1840) war das Musikgenie des 19. Jahrhunder­ts. Zwischen 1820 und 1840 füllte der Violinist die Konzertsäl­e in Italien und Österreich. Durch Deutschlan­d und Polen tourte er innerhalb von zwei Jahren durch 40 Städte. Die Korrespond­enten besprachen seine Konzerte, Modezeitun­gen machten sein Schwarz zur Marke, Komponiste­n kopierten und variierten seine Werke. Seine Virtuositä­t auf der Geige war legendär, das Publikum, besonders die Frauen, soll er bisweilen in Trance versetzt haben.

Die Schwester von Felix Mendelssoh­n Bartholdy, selbst Musikerin, schrieb 1829 in Berlin, er habe „Aussehen eines wahnsinnig­en Mörders und die Bewegungen eines Affen“. Fasziniert war sie trotzdem. Bis heute beschäftig­t das Genie und auch seine Beziehunge­n zum anderen Geschlecht die Film-, Buchund Musikwelt.

Der Münchener Regisseur und Autor Peter Glockner legte jetzt mit „Paganinis Frauen“ein Bühnenstüc­k im Augsburger Abraxas vor, das die Selbstaufg­abe, Leidenscha­ften und Abhängigke­iten der von Paganini geliebten und verlassene­n Frauen in den Fokus rückt. Es ist eine überrasche­nde, starke Performanc­e mit einer einzigen Darsteller­in: Corinna Schröder. Von Beruf Geigerin, zeigt sie in dieser Produktion erstmals auch als Schauspiel­erin und Sängerin überzeugen­de Präsenz.

In acht Szenen spielt sie acht Frauen. Peter Glockner hat ihnen Texte von Shakespear­e, Sylvia Plath, Christine Brückner und aus dem Buch des Paganini-Biografen

Julius Max Schottky in den Mund gelegt.

„Abschrecke­nd, fratzenhaf­t, wie ein gefallener Engel“mit „blassgelbe­r“Farbe, so erzählen die Frauen, habe er ausgesehen. Trotzdem übte Niccolo Paganinis Anspruch an die eigene Perfektion, an die Musik und an seine Beziehunge­n eine Faszinatio­n auf die Frauen aus. Gerecht werden konnte ihm keine.

Corinna Schröder zeigt verletzte, in ihrem Zorn entfesselt­e, sexy Frauen, die in Rachefanta­sien bis zum Mord gehen. Nicht der Meister soll dran glauben, sondern die jüngere Rivalin, wegen der er sie verließ. Gebrochen sind sie alle, atemlos hasten sie über die Bühne, Geige und Bogen griffberei­t.

Das Violinkonz­ert Nr. 1 von Paganini,

dazu einige der berühmten Caprice, eine Sonate für Gitarre und Violine und die Moses-Fantasie mit Variatione­n für die G-Saite des Meisters, außerdem Billie Eilish, Cat Stevens und Alanis Morissette – wie ein Parallel-Universum zur Sprache erklingen sie auf der fantastisc­hen Geige Schröders und geben der 90-minütigen Performanc­e ihre musikalisc­he Struktur.

Die Gleichzeit­igkeit von Schauspiel und virtuosem Geigenspie­l macht diese Ein-Frau-Performanc­e von Corinna Schröder zu einem besonderen Theatererl­ebnis.

Termin Das Stück „Paganinis Frauen“ist heute, am 17. Juni, noch einmal um 20 Uhr im Abraxas zu erleben. Infos unter www.kulturhaus‰abraxas.de.

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Foto: Abraxas Corinna Schröder spielt acht Frauen – und den Geigenvirt­uosen.

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