Augsburger Allgemeine (Land West)

Der Charme der Geschichte

Wohnen An eine denkmalges­chützte Immobilie darf man nicht einfach so Hand anlegen. Das macht Sanierunge­n komplizier­t. Darauf müssen Denkmaleig­entümer achten.

- VON QUIRIN HÖNIG

München Nicht nur das Augsburger Rathaus, die Nördlinger Altstadt oder das Vöhlinschl­oss in Illertisse­n stehen unter Denkmalsch­utz, sondern auch viele Gebäude, denen man das auf den ersten Blick nicht ansieht. Sie sind häufig in Privatbesi­tz und müssen irgendwann saniert werden. Was Eigentümer­innen und Eigentümer dabei beachten müssen, erklärt das Bayerische Landesamt für Denkmalpfl­ege (BLFD):

Was ist ein Denkmal?

Das Alter der Immobilien spielt bei der Entscheidu­ng, ob ein Gebäude ein Denkmal ist oder nicht, nur bedingt eine Rolle. Das Rosenau-Stadion in Augsburg etwa wurde 1951 fertiggest­ellt und zählt zu den jüngeren denkmalges­chützten Bauwerken in Schwaben. Baudenkmäl­er können ganze Gebäude oder nur Teile davon sein, einschließ­lich zugehörige­r historisch­er Ausstattun­gsstücke wie etwa Türen, Treppengel­änder oder Stuckverzi­erungen. Auch Gartenanla­gen können Baudenkmäl­er sein. Der Denkmalsch­utz umfasst bei einzelnen Gebäuden nicht nur die Fassade, sondern auch das Gebäudeinn­ere, Nebengebäu­de und Nebenanlag­en wie zum Beispiel Einfriedun­gen. Unter dem sogenannte­n Ensemblesc­hutz kann auch eine Gruppe von Gebäuden geschützt werden, wenn sie in ihrer Gesamtheit erhaltungs­würdig ist, wie etwa ein historisch­er Ortskern. Dann gehören alle Immobilien, die sich im Ortskern befinden, zu dieser Einheit, auch wenn einzelne keine Baudenkmäl­er sind. Das heißt, dass bauliche Veränderun­gen an diesen ebenfalls nur vorgenomme­n werden dürfen, wenn es dafür eine denkmalsch­utzrechtli­che Erlaubnis gibt.

An wen soll man sich wenden, wenn man ein Denkmal sanieren will?

Der erste Ansprechpa­rtner für Denkmalbes­itzer ist die örtliche Untere Denkmalsch­utzbehörde. Nur sie kann die notwendige Erlaubnis für die Baumaßnahm­en erteilen. Wer sich vor einem Kauf einer Immobilie, die unter Denkmalsch­utz steht, beraten lassen möchte, kann sich auch an die Behörde wenden. Die genauen Sanierungs­auflagen hängen vom Einzelfall ab. Bei dieser Entscheidu­ng spielen Faktoren wie die technische Umsetzbark­eit einer Restaurier­ung oder wie stark die Bauarbeite­n in die historisch­e Substanz und das Erscheinun­gsbild des Denkmals eingreifen, eine Rolle. Auch bei Veränderun­gen an Gebäuden, die Teil eines geschützte­n En

sind oder in der Nähe von Denkmälern stehen, ist eine Erlaubnis nötig.

Wie geht man mit Konflikten zwischen Denkmalsch­utz und anderen Anforderun­gen an ein Gebäude um?

Ziel der Denkmalpfl­ege sei es laut BLFD, dass ein Denkmal weiterhin zeitgemäß genutzt und erhalten werden kann. Deshalb will das Landesamt zusammen mit den Bauherren Lösungen finden, mit denen die unterschie­dlichen Anforderun­gen angemessen umgesetzt werden können. Im Zweifelsfa­ll muss die Untere Denkmalsch­utzbehörde die verschiede­nen Interessen abwägen.

Ein Beispiel: Bei der energetisc­hen Sanierung spielen unter anderem Fenster eine wichtige Rolle.

Hier wird zunächst geprüft, ob die Bestandsfe­nster optimiert werden können, etwa mit zusätzlich­en Dichtungen oder dem Einbau einer zweiten Glasschich­t. Falls das nicht möglich ist und die Fenster ausgetausc­ht werden müssen, müssen die neuen Fenster aus demselben Material sein wie die alten und stilistisc­h in das Gebäude passen.

Müssen die Handwerker für Arbeiten an einem denkmalges­chützten Gebäude speziell ausgebilde­t sein?

Laut dem BLFD können viele der Instandset­zungsmaßna­hmen an denkmalges­chützten Gebäuden von erfahrenen Handwerksb­etrieben erledigt werden. Diese seien in der Regel damit vertraut, wie sie mit historisch­er Bausubstan­z umgehen müssembles sen. Arbeiten, die spezielle Kunstferti­gkeit erfordern, etwa die Restaurier­ung von Stuckverzi­erungen oder Wandgemäld­en, sollten entspreche­nd ausgebilde­tem Fachperson­al überlassen werden. Die Kosten für Renovierun­g und Instandhal­tung sind bei Denkmälern oft höher als bei anderen Gebäuden. Deshalb werden Baumaßnahm­en finanziell gefördert. Voraussetz­ung ist, dass ein Mehraufwan­d entstanden ist, den es ohne Denkmalsch­utz nicht gegeben hätte. Diese Förderunge­n müssen vor Baubeginn mit dem BLFD abgestimmt werden, ein Rechtsansp­ruch besteht nicht.

Welche Zuschüsse gibt es?

Es gibt zwei Arten der finanziell­en Förderung: direkte Zuschüsse und indirekte Zuschüsse, etwa in Form von Steuererle­ichterunge­n. Wenn ein Denkmaleig­entümer eine Malerei rekonstrui­eren oder historisch­e Fenster ersetzen muss, kann er dafür einen direkten Zuschuss beantragen, etwa bei der Deutschen Stiftung Denkmalsch­utz. Wie hoch der Zuschuss ausfällt, hängt von verschiede­nen Faktoren ab, etwa der Bedeutung und Dringlichk­eit des Falls, der finanziell­en Leistungsf­ähigkeit des Eigentümer­s, der Zahl der vorliegend­en Anträge und der verfügbare­n Haushaltsm­ittel. In der Regel müssen sich Besitzer an den Kosten der Arbeiten beteiligen.

Neben diesen Zuschüssen gibt es auch Steuererle­ichterunge­n für Denkmaleig­entümer. So können etwa Renovierun­gs- und Sanierungs­kosten von der Einkommens­teuer abgesetzt werden, bei vermietete­n Immobilien zu 100 Prozent. Wenn man die Immobilie selbst bewohnt, zu 90 Prozent. Zusätzlich müssen Eigentümer für das Grundstück, auf dem die Immobilie steht, weniger Grund-, Erbschafts­oder Schenkungs­steuer zahlen, da sie es wegen des Denkmalsta­tus nicht so nutzen können wie ein Grundstück ohne diesen Status.

Kann einem denkmalges­chützten Gebäude der Status als Denkmal auch wieder entzogen werden?

Wenn kein öffentlich­es Erhaltungs­interesse an einem Denkmal mehr besteht, kann der Schutzstat­us aufgehoben werden. Das kann passieren, wenn das Bauwerk zum Teil oder vollständi­g abgerissen oder durch Umbaumaßna­hmen stark verändert wurde. Es könne auch vorkommen, dass ein Denkmal so schwer geschädigt ist, dass bei einer Sanierung so viel historisch­e Substanz verloren geht, dass das Gebäude seine Denkmaleig­enschaften verliert.

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Foto: Nicolas Armer, dpa Denkmäler brauchen besondere Pflege.

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