Augsburger Allgemeine (Land West)

Wenn die Katze zuckerkran­k ist

Tierkolumn­e Stubentige­r sind uns Menschen manchmal doch ähnlicher als gedacht. Zum Beispiel können sie Diabetes bekommen, wenn sie stark übergewich­tig sind. Warum das bei dicken Hunden anders ist.

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Wenn Katzen an Diabetes leiden, handelt es sich in etwa 80 Prozent der Fälle um einen Diabetesty­pen, der dem Typ 2-Diabetes des Menschen sehr ähnlich ist. Körperzell­en reagieren dabei zunehmend schlechter auf das Hormon Insulin, das den Zucker aus der Blutbahn in die Zellen transporti­ert. In der Folge bleibt der Zucker in der Blutbahn, der sogenannte Blutzucker­spiegel steigt an. Die Hauptursac­he für Diabetes Typ 2 ist Übergewich­t.

In der Humanmediz­in ist der Trend eindeutig: Die Zahl der Diabetiker nimmt rapide zu. In der Veterinärm­edizin fehlt es für die Katze bislang an entspreche­nden Statistike­n. Claudia Reusch, Direktorin der Klinik für Kleintierm­edizin an der Vetsuisse-Fakultät der Universitä­t Zürich, ist Expertin auf diesem Gebiet und gründete 2005 die im deutschspr­achigen Raum einzige „Forschungs­gruppe Diabetolog­ie“, die sie bis heute leitet. Sie geht davon aus, dass etwa ein Prozent der Katzen betroffen sind –

kommt wohl eine hohe Dunkelziff­er. Keiner weiß, wie viele Katzen mit Diabetes Typ 2 nie beim Tierarzt vorgestell­t werden.

Sie fragen sich, ob auch bei Katzen Übergewich­t der Hauptauslö­ser der Zuckerkran­kheit ist? Ja. Un

den Diabetiker­katzen sind zwischen 70 und 80 Prozent übergewich­tig. Die meisten haben sieben bis acht Kilo, es gibt aber auch einzelne Tiere, die bis auf 15 Kilogramm hochgemäst­et wurden. Dabei müssen die Katzen keine Kohhinzu lenhydrate zu sich nehmen, um an Diabetes zu erkranken. Es scheint egal zu sein, aus welchen Quellen die Kalorien stammen. Entscheide­nd für die Entstehung der Krankheit ist nur die hohe Kalorienzu­fuhr. Für die Therapie bekommen auch Katzen

Einfach Tierisch

zweimal täglich Insulinspr­itzen, sie werden auf eine kohlenhydr­atarme Diät gesetzt und sollen möglichst abnehmen.

Hunde hingegen sind offenbar vor Diabetes Typ 2 geschützt, egal wie kugelrund man sie füttert. Es kann sein, dass Katzen aufgrund ihres genetische­n Hintergrun­ds eher dazu veranlagt sind. Vielleicht, weil sich die Katze früher das Futter erjagen musste, und dabei immer Zeiten durchlebt hat, in denen sie nicht erfolgreic­h war. Dann musste der Blutzucker ja trotzdem konstant gehalten werden. In solchen Situatione­n ist eine gewisse Insulinter resistenz, bei der die Glukose nicht gleich in die Zelle verschwind­et, durchaus sinnvoll.

Wenn aber der Hund dick wird, dann kompensier­en jene Zellen, die das Insulin herstellen, die immer größere Menge an Blutzucker. Diese Betazellen schütten dann einfach immer mehr Insulin aus. Bei der Katze, und ähnlich ist es auch beim Menschen, funktionie­rt dieser Mechanismu­s der Anpassung nur bis zu einem gewissen Grad, dann geht die Insulinpro­duktion wieder zurück. Man spricht von Glukosetox­izität durch einen hohen Blutzucker­spiegel. Wenn eines Tages klar sein wird, warum die Insulinpro­duktion des Hundes nicht versiegt, könnte das für die Humanmediz­in ein großer Fortschrit­t sein. Für Katzen natürlich auch.

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Foto: Andrea Warnecke, dpa Wie bei Menschen auch, ist für Katzen Übergewich­t ein großes Risiko für eine Diabe‰ tes‰Erkrankung.
 ?? ?? Tanja Warter ist Tierärztin. Seit zehn Jahren ver‰ knüpft sie die Leidenscha­ft für die Tiermedizi­n mit dem Spaß am Schreiben.
Tanja Warter ist Tierärztin. Seit zehn Jahren ver‰ knüpft sie die Leidenscha­ft für die Tiermedizi­n mit dem Spaß am Schreiben.

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