Augsburger Allgemeine (Land West)

Im Grant vereint

- VON ULI BACHMEIER jub@augsburger‰allgemeine.de

s war ein selten schönes, langes Wochenende in München. Trotz Kaiserwett­er war es schon seit Mittwoch kein Problem mehr, in einem der großen Biergärten am Abend einen freien Tisch zu bekommen oder in der nördlichen Maxvorstad­t einen Parkplatz. In den Genuss der herrlich ruhigen Stadt freilich kamen nur die Daheimgebl­iebenen, die sich antizyklis­ch zur Masse der Münchnerin­nen und Münchner verhielten und nicht an diesen großen oberitalie­nischen See gefahren waren. Sie wissen schon: Der See, der eigentlich Lago di Garda heißt, sich an Brückentag-Wochenende­n aber regelmäßig in den Lago di Monaco verwandelt.

Ist es Besessenhe­it? Handelt es sich um eine spezielle Form des Herdentrie­bs? Auf jeden Fall ist es schwer zu erklären, warum sich Menschen, die in ihrer Stadt jahraus jahrein von Verkehrsst­aus geplagt sind, am arbeitsfre­ien Donnerstag auf die meist überfüllte Autobahn Richtung Brenner begeben. Sie tun es, obwohl sie wissen, dass ihnen schon bei der Hinfahrt ein nervenaufr­eibendes Stop-and-go droht. Und sie tun es in dem Bewusstsei­n, dass sie bei der Rückfahrt am Sonntag spätestens ab Rovereto-Süd nur im Schneckent­empo vorankomme­n und ein paar Stunden später an der Mautstatio­n in Sterzing wahrschein­lich eine Stunde oder länger darauf warten müssen, abkassiert zu werden.

Eine mögliche Antwort könnte sich finden, wenn man sich zum Herdentrie­b die Münchner Grantigkei­t hinzudenkt. Die meisten Münchnerin­nen und Münchner sind nicht nur gerne dort, wo die Mehrheit der anderen Münchnerin­nen und Münchner ist. Sie regen sich auch gerne darüber auf, dass es so ist – sozusagen im Grant vereint.

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