Augsburger Allgemeine (Land West)
Gehwegparken soll die Ausnahme bleiben
Verkehr Eine Prüfung in Lechhausen ergibt: Wenn Autos auf dem Fußweg stehen, bleibt für Passanten zu wenig Platz. Oft ist das kein Problem, doch die Stadt will künftig genauer hinsehen – auch bei neuen Anträgen.
Aus Mangel an Stellplätzen hat es sich in einigen Augsburger Straßen eingebürgert, das Auto zur Hälfte oder ganz auf dem Gehsteig abzustellen, selbst wenn das entsprechende Gebiet dafür nicht offiziell freigegeben ist. Nachdem es in Lechhausen zuletzt Ärger wegen Strafzetteln für entsprechend geparkte Autos gegeben hatte, hat die Stadt die Situation dort genauer unter die Lupe genommen und Kriterien erarbeitet, nach denen neue Anträge auf Gehwegparken künftig fürs gesamte Stadtgebiet geprüft werden sollen. Für Lechhausen könnte das bedeuten, dass rund 80 Stellplätze wegfallen. Ob das so kommt, wird diese Woche Thema im Bauausschuss des Stadtrats sein. Die schwarz-grüne Regierungskoalition ist sich nicht ganz einig.
„In etlichen Straßen im Augsburger Stadtgebiet übersteigt seit einigen Jahren die bestehende Nachfrage nach Stellplätzen das vorhandene Angebot an legalen Stellmöglichkeiten“, sagt Baureferent Gerd Merkle (CSU). Der Bauausschuss habe sich bereits 2017 mit der Thematik beschäftigt und Kriterien festgelegt, denen Gehwegparken erlaubt werden könne. Demnach musste auf den Gehwegen eine Restbreite von 1,50 Metern für Fußgänger gewahrt bleiben, für die Fahrbahn legte man 3,50 Meter fest. Diese Mindestbreiten seien heute nicht mehr zeitgemäß: Eine alternde Gesellschaft bringe einerseits mit sich, dass immer mehr Fußgänger zum Beispiel mit Rollatoren unterwegs seien, für die auf den Gehwegen mehr Platz notwendig ist. Andererseits dienten Gehwege nicht mehr nur der Fortbewegung, sondern seien auch Aufenthaltsorte.
Was die Straßen betreffe, sei die zunehmende Anzahl von Autos zu berücksichtigen, die noch dazu immer größer und breiter würden. Dies alles führe laut Merkle unterm Strich zu gestiegenen Anforderungen bezüglich der restlichen Mindestbreiten. Zumindest für die Gehwege will die Stadt Augsburg deshalb nachjustieren: Hier sollen künftig zwei Meter übrig bleiben, um Fußgängern, Rollstuhlfahrern oder zum Beispiel Sehbehinderten mit Gehstock ausreichend Raum und Sicherheit zu bieten.
Einige Straßenzüge in Lechhausen wurden aufgrund der neu erarbeiteten Kriterien untersucht. Die Stadt hat dabei das Gebiet zwischen Neuburger- und Blücherstraße sowie die Gneisenaustraße analysiert und die Straßen in den Blick genommen, in denen aktuell keine offiziellen Regeln existieren, Autos also ohne Erlaubnis auf den Fußwegen abgestellt sind. Ergebnis: In keinem der untersuchten Bereiche werden die Mindestbreiten eingehalten. Dennoch, so geht es aus den Unterlagen für den Bauausschuss hervor, könne sich die Stadt vorstellen, das Gehwegparken künftig zumindest in einigen Straßen – Bereiche der Steinmetzstraße, abschnittsweise in der Teplitzer Straße und größtenteils in der Gneisenaustraße – offiziell auszuweisen. Grund: Diese Abschnitte seien weder Teil eines Schulwegs noch eine wichtige Verbindung zu ÖPNV-Haltestellen, weshalb eine Ausnahme von den geforderten Mindestbreiten machbar sei. Anders sieht es in anderen Gebieten aus.
Auf rund der Hälfte aller knapp 160 Stellplätze, die laut Merkle im untersuchten Gebiet seit Jahren unerlaubt fürs Gehwegparken genutzt werden, werden die restlichen Mindestbreiten nicht eingehalten. „Daunter durch wird die Verkehrssicherheit von Fußgängern eingeschränkt.“Eine Ausnahmegenehmigung mit einer restlichen Gehwegbreite von 1,5 Metern und einer Fahrbahnbreite von 3,5 Metern könnten 77 Stellplätze bekommen. Die Stadt könnte das Gehwegparken hier also offiziell einführen und dadurch legalisieren. Unterm Strich entstünden in Lechhausen damit rund sieben Prozent an zusätzlichen, legalen Stellplätzen. Im Gegenzug fielen Stellplätze auf Fußwegen, die bislang unerlaubt genutzt wurden, weg.
Die Augsburger Bauverwaltung will den Stadträten diese Woche vorschlagen, Anträge auf Gehwegparken künftig auf die neu festgelegten Mindest-Restbreiten zu prüfen. In Lechhausen soll die bestehende Situation entsprechend angepasst werden. Zum Teil müssten dafür Randsteine abgesenkt werden – eine Vorschrift, damit parkende Autos nicht beschädigt werden. Im untersuchten Gebiet wären dafür rund 220.000 Euro notwendig. Eine zeitliche Prognose gebe es aktuell aber nicht. Die Arbeiten in Lechhausen sollen umgesetzt werden, wenn die finanziellen Mittel dafür zur Verfügung stehen.
Von den Grünen hatte es bei diesem Thema zuletzt Gegenwind gegeben. „Das Parken auf Gehwegen ist für uns Grüne kein Schritt in Richtung der Mobilitätswende, sondern setzt falsche Anreize und birgt Gefahren auf verschiedenen Ebenen“, hatte Fraktionsvorsitzende Verena von Mutius-Bartholy bei der Debatte noch Anfang April betont. Die CSU, allen voran Oberbürgermeisterin Eva Weber, macht dagegen immer wieder klar, keine Verkehrssparte benachteiligen zu wollen.