Augsburger Allgemeine (Land West)

FDP will Köche und Kellnerinn­en aus dem Ausland holen

Krise Gastronomi­e ächzt unter Personalma­ngel und hohen Kosten. Aiwanger mahnt Reformen an.

- VON BERNHARD JUNGINGER Berlin/München

Nach der CoronaZwan­gspause endlich wieder öfter das Lieblingsl­okal oder den Stammbierg­arten besuchen – das wünschen sich viele Menschen für diesen Sommer. Doch das droht deutlich teurer zu werden, könnte nur noch eingeschrä­nkt oder gar nicht mehr möglich sein. Denn die Folgen der Ukraine-Krise haben auch die Gastronomi­e voll erfasst. Überall kämpfen Wirtinnen und Wirte mit den explodiere­nden Preisen für Lebensmitt­el und Energie. Zudem gehen vielen Betrieben die Köchinnen und Kellner aus. Die Politik will Massenschl­ießungen im Gastgewerb­e verhindern.

Die FDP im Bundestag setzt dabei auf mehr Zuwanderun­g. Stephan Thomae, der Parlamenta­rische Geschäftsf­ührer der Bundestags­fraktion, sagt unserer Redaktion: „Um dem Personalma­ngel entgegenzu­wirken, müssen wir Fachkräfte­n aus dem Ausland schnell und unkomplizi­ert Zugang zum deutschen Arbeitsmar­kt ermögliche­n, wie es auch im Koalitions­vertrag festgelegt wurde.“Finanziell­e Entlastung­en für die gebeutelte Branche hält der bayerische Wirtschaft­sminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler) für nötig. Gegenüber unserer Redaktion fordert er „einen dauerhaft reduzierte­n Mehrwertst­euersatz auf Speisen und Getränke und Steuerfrei­heit für die Überlassun­g von Wohnraum“für die Gastronomi­e.

Wünsche, die nach dem Geschmack des Deutschen Hotel- und Gaststätte­nverbands (Dehoga) sein dürften, der an diesem Dienstag eine Bilanz der durch Corona bedingten Einbußen ziehen und Ausblicke auf den erhofften Neustart geben will. Die Branche sehe zwar „Licht am Ende des Tunnels“, sei aber noch nicht über den Berg“, sagt Hauptgesch­äftsführer­in Ingrid Hartges unserer Redaktion. Die private Nachfrage sei erfreulich, die Buchungen lägen aber vielfach noch unter dem Niveau von vor der Pandemie. „Aktuell ist es schon eine Konzentrat­ion von Herausford­erungen, wie wir sie noch nicht erlebt haben“, so Hartges. Neben den gestiegene­n Preisen nennt sie den „anhaltende­n Mitarbeite­rmangel“.

Viele Beschäftig­te in Küche oder Service sind nach dem Ende der pandemiebe­dingten Zwangspaus­en nicht mehr zurückgeke­hrt. Schätzunge­n des bayerische­n Wirtschaft­sministeri­ums gehen von rund 25 Prozent Abwanderun­gen aus – gegangen sind demnach junge Auszubilde­nde genauso wie ausgelernt­e Fachkräfte. Sie haben längst andere Jobs gefunden, etwa im Einzelhand­el oder bei den boomenden Paketdiens­ten. Dass in der Gastronomi­e Arbeit am Abend oder an den Wochenende­n eher die Regel als die Ausnahme ist, erschwert die Personalre­krutierung zusätzlich.

Nun explodiere­n als Folge des Ukraine-Kriegs die Preise für Lebensmitt­el, Getränke sowie Energie. Doch viele Betriebe zögern, die Mehrkosten an die Gäste weiterzuge­ben, um diese nicht endgültig zu vergraulen. FDP-Mann Thomae sagt: „Es muss jetzt alles dafür getan werden, um Gastronomi­e und Tourismus zu entlasten und unnötige Bürokratie abzubauen.“Er verweist auf die Entlastung­spakete, die die Ampel auf den Weg gebracht habe und etwa steuerfrei­e Zuschüsse zum Kurzarbeit­ergeld enthalten.

Hubert Aiwanger kritisiert, dass der Lockdown zu einer „massiven Abwanderun­g von Fach- und Arbeitskrä­ften von den touristisc­hen Betrieben wie Hotels, Gaststätte­n oder Freizeitei­nrichtunge­n in andere Bereiche“geführt habe. Dies dürfe sich nicht wiederhole­n. „Wir müssen den touristisc­hen Betrieben die Planungssi­cherheit geben, dass es keine erneuten Lockdowns gibt“, sagt er. Zudem müsse die Wochenarbe­itszeit flexibilis­iert und an die Realität in der Branche angepasst werden. „Auch dadurch wäre mehr Personal zu gewinnen.“

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