Augsburger Allgemeine (Land West)
FDP will Köche und Kellnerinnen aus dem Ausland holen
Krise Gastronomie ächzt unter Personalmangel und hohen Kosten. Aiwanger mahnt Reformen an.
Nach der CoronaZwangspause endlich wieder öfter das Lieblingslokal oder den Stammbiergarten besuchen – das wünschen sich viele Menschen für diesen Sommer. Doch das droht deutlich teurer zu werden, könnte nur noch eingeschränkt oder gar nicht mehr möglich sein. Denn die Folgen der Ukraine-Krise haben auch die Gastronomie voll erfasst. Überall kämpfen Wirtinnen und Wirte mit den explodierenden Preisen für Lebensmittel und Energie. Zudem gehen vielen Betrieben die Köchinnen und Kellner aus. Die Politik will Massenschließungen im Gastgewerbe verhindern.
Die FDP im Bundestag setzt dabei auf mehr Zuwanderung. Stephan Thomae, der Parlamentarische Geschäftsführer der Bundestagsfraktion, sagt unserer Redaktion: „Um dem Personalmangel entgegenzuwirken, müssen wir Fachkräften aus dem Ausland schnell und unkompliziert Zugang zum deutschen Arbeitsmarkt ermöglichen, wie es auch im Koalitionsvertrag festgelegt wurde.“Finanzielle Entlastungen für die gebeutelte Branche hält der bayerische Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler) für nötig. Gegenüber unserer Redaktion fordert er „einen dauerhaft reduzierten Mehrwertsteuersatz auf Speisen und Getränke und Steuerfreiheit für die Überlassung von Wohnraum“für die Gastronomie.
Wünsche, die nach dem Geschmack des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbands (Dehoga) sein dürften, der an diesem Dienstag eine Bilanz der durch Corona bedingten Einbußen ziehen und Ausblicke auf den erhofften Neustart geben will. Die Branche sehe zwar „Licht am Ende des Tunnels“, sei aber noch nicht über den Berg“, sagt Hauptgeschäftsführerin Ingrid Hartges unserer Redaktion. Die private Nachfrage sei erfreulich, die Buchungen lägen aber vielfach noch unter dem Niveau von vor der Pandemie. „Aktuell ist es schon eine Konzentration von Herausforderungen, wie wir sie noch nicht erlebt haben“, so Hartges. Neben den gestiegenen Preisen nennt sie den „anhaltenden Mitarbeitermangel“.
Viele Beschäftigte in Küche oder Service sind nach dem Ende der pandemiebedingten Zwangspausen nicht mehr zurückgekehrt. Schätzungen des bayerischen Wirtschaftsministeriums gehen von rund 25 Prozent Abwanderungen aus – gegangen sind demnach junge Auszubildende genauso wie ausgelernte Fachkräfte. Sie haben längst andere Jobs gefunden, etwa im Einzelhandel oder bei den boomenden Paketdiensten. Dass in der Gastronomie Arbeit am Abend oder an den Wochenenden eher die Regel als die Ausnahme ist, erschwert die Personalrekrutierung zusätzlich.
Nun explodieren als Folge des Ukraine-Kriegs die Preise für Lebensmittel, Getränke sowie Energie. Doch viele Betriebe zögern, die Mehrkosten an die Gäste weiterzugeben, um diese nicht endgültig zu vergraulen. FDP-Mann Thomae sagt: „Es muss jetzt alles dafür getan werden, um Gastronomie und Tourismus zu entlasten und unnötige Bürokratie abzubauen.“Er verweist auf die Entlastungspakete, die die Ampel auf den Weg gebracht habe und etwa steuerfreie Zuschüsse zum Kurzarbeitergeld enthalten.
Hubert Aiwanger kritisiert, dass der Lockdown zu einer „massiven Abwanderung von Fach- und Arbeitskräften von den touristischen Betrieben wie Hotels, Gaststätten oder Freizeiteinrichtungen in andere Bereiche“geführt habe. Dies dürfe sich nicht wiederholen. „Wir müssen den touristischen Betrieben die Planungssicherheit geben, dass es keine erneuten Lockdowns gibt“, sagt er. Zudem müsse die Wochenarbeitszeit flexibilisiert und an die Realität in der Branche angepasst werden. „Auch dadurch wäre mehr Personal zu gewinnen.“