Augsburger Allgemeine (Land West)
IG Metall fordert bis acht Prozent
Gewerkschaft will höhere Löhne
Frankfurt am Main Es war keine große Überraschung mehr, als Jörg Hofmann am Montag diese beiden Zahlen nannte: sieben und acht. Der erste Vorsitzende der IG Metall gab zum Wochenauftakt in Frankfurt die Forderungsempfehlung zur anstehenden Tarifrunde für die Metallund Elektroindustrie in Deutschland bekannt. Und der Vorstand empfiehlt – nach „intensiver Diskussion“– den regionalen Tarifkommissionen, in einem Korridor zwischen sieben und acht Prozent höhere Entgelte für zwölf Monate zu fordern.
Hofmann begründete das so: „Den Unternehmen geht es gut. Nicht gut geht es aber den Beschäftigten beim Blick auf Supermarktund Energierechnungen.“Das gelte für die Jahre 2022 und 2023, die der jetzt zu findende Tarifabschluss berücksichtigen müsse. Und zwar in den Entgelt-Tabellen, nicht etwa über Einmalzahlungen. Hofmann sagte weiter zu Begründung: „Wir beweisen wiederholt Vernunft und Verantwortung. Die Beschäftigten haben nach vier Jahren wieder eine ordentliche Erhöhung ihrer EntgeltTabellen verdient.“Die letzte tabellenwirksame Erhöhung der Entgelte in der Metall- und Elektroindustrie gab es den Angaben der IG Metall zufolge im April 2018.
Hofmann betonte: „Im Gegensatz zu Unternehmen können Beschäftigte gestiegene Preise nicht weitergeben. Auch angesichts der guten Auftrags- und Ertragslage ist eine ordentliche Erhöhung geboten, um über die Tarifpolitik einen Beitrag für gute Kaufkraft zu leisten. Der IG-Metall-Chef gab zu bedenken, dass die IG Metall über Tarifpolitik nicht den kompletten Inflationsdruck ausgleichen könne. Folglich forderte er: „Es ist Aufgabe der Politik, dass sie zugleich beim gewaltigen Problem der Preisanstiege steuernd eingreift.“In der Branche arbeiten über 3,8 Millionen Beschäftigte.
Aus Perspektive der Metaller im Freistaat kommentierte Bayerns Gewerkschaftsboss Johann Horn auf Anfrage die Empfehlung aus Frankfurt zustimmend: „Auch aus volkswirtschaftlicher Sicht ist es jetzt geboten, die Kaufkraft zu stabilisieren, um die Konjunktur zu stützen. Insgesamt ist das also eine vernünftige Forderungsempfehlung mit Augenmaß. Die Arbeitgeber müssen jetzt gemeinsam mit der IG Metall Verantwortung übernehmen.“
Arndt Kirchhoff, Präsident des Arbeitgeberverbandes der Metallund Elektroindustrie in NordrheinWestfalen, hatte am Montag in einem Gastbeitrag für die FAZ die Gewerkschaft gewarnt, „durch überzogene Lohnabschlüsse im für die deutsche Volkswirtschaft bedeutendsten Industriezweig die Inflation noch weiter anzuheizen“. Gewinnmeldungen einzelner Unternehmen dürften nicht darüber hinwegtäuschen, „dass unsere Industrie insgesamt nach wie vor klar unter Vorkrisenniveau liegt“. Gebraucht werde „ein Tarifergebnis, das sowohl den vielen Betrieben, die in einer tiefen Krise stecken, gerecht wird, als auch jenen Unternehmen, die die schwierigen Zeiten insgesamt zwar noch gut bewältigen, aber vor gravierenden strukturellen Umbrüchen stehen. Es ist eine komplexe Gemengelage, die nach einem differenzierenden Ansatz in der Tarifpolitik ruft.“
Wie geht es in der Tarifrunde nun weiter? Ihre endgültige Forderung beschließt die IG Metall nach Sitzungen der regionalen Tarifkommissionen am 30. Juni auf der Vorstandssitzung am 11. Juli. Die Verhandlungen in den Tarifgebieten werden Mitte September beginnen. Der Entgelt-Tarifvertrag läuft am 30. September aus. Die Friedenspflicht endet mit dem 28. Oktober.