Augsburger Allgemeine (Land West)
Razzia gegen den Hass
Internet Nach Doppelmord von Kusel: Polizei schnappt Verfasser „widerwärtiger“Beiträge.
Mainz Mit Durchsuchungen in 15 Bundesländern haben die Ermittlungsbehörden ein Signal gegen Hass und Hetze im Internet gesetzt. Polizeibeamte klingelten am Montagmorgen an den Wohnungstüren von 75 Beschuldigten und beschlagnahmten 180 Datenträger wie Smartphones, Notebooks und andere digitale Geräte. „Wenn Worte wie Waffen gebraucht werden, ist konsequentes staatliches Handeln gefordert“, sagte der rheinlandpfälzische Innenminister Roger Lewentz (SPD) im Landeskriminalamt in Mainz, das die bundesweite Fahndungsaktion koordinierte.
Nach dem gewaltsamen Tod von zwei Polizisten am 31. Januar im Landkreis Kusel richtete das LKA eine eigene Ermittlungsgruppe „Hate Speech“(Hassrede) ein. Zwar habe es nach dem Verbrechen vor allem eine Welle der Anteilnahme gegeben, sagte Lewentz. „Wir haben aber auch in sogenannten sozialen Medien in tiefe menschliche Abgründe blicken müssen.“Es habe „widerwärtigste Kommentare“gegeben, „in denen der Mord gefeiert und die Opfer verächtlich gemacht wurden“. Im Kreis Kusel waren eine 24-Jährige und ein 29-Jähriger erschossen worden, als sie einen Wilderer kontrollierten. An diesem Dienstag beginnt der Prozess gegen den Mann in Kaiserslautern.
In den Hassrede-Fällen wird gegen 150 Beschuldigte in 172 Fällen ermittelt. Betroffen von der Razzia sind Verdächtige im Alter von 13 bis 67 Jahren, die zu 90 Prozent männlich sind. Der Altersschwerpunkt liege bei den 22- bis 40-Jährigen, sagte LKA-Vizepräsident Achim Füssel. Die meisten Hass-Äußerungen wurden bei Facebook registriert. Danach folgten Tik Tok, Youtube, Twitter, Instagram und Telegram. Von dem Ermittlungsdruck erhoffen sich die Behörden, die auch sogenannten Likes unter Hass-Äußerungen nachgehen, eine präventive Wirkung. „Wer heute keinen Besuch von der Polizei hatte, sollte nicht glauben, dass er schon aus dem Schneider ist“, sagte der Koblenzer Generalstaatsanwalt.