Augsburger Allgemeine (Land West)

Wenn die Kosten der privaten Pflegevers­icherung steigen

Gastkolumn­e Über die Jahre hinweg wachsen die Prämien. Eine Kündigung ist nicht die beste Option.

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Die Pflege von Angehörige­n, aber auch die eigene Pflege spielt eine immer größere Rolle. Schon vor Corona haben knapp eine halbe Million Menschen in Bayern Leistungen aus der gesetzlich­en Pflegevers­icherung in Anspruch genommen, darunter 115.200 Personen in stationäre­n Einrichtun­gen. Etwa noch mal so viel wurden ambulant versorgt. Je 1000 Einwohner waren 37 Personen in Bayern pflegebedü­rftig. Die Tendenz ist steigend. Damit wächst auch der Bedarf an Pflegeleis­tungen in der Bevölkerun­g.

Eine Herausford­erung ist, diese Leistungen in Zeiten von Personalma­ngel und Pflegenots­tand überhaupt zu bekommen, wenn man sie braucht. Die andere, wie man dies am besten finanziert.

Denn eines ist sicher: Die Leistungen der gesetzlich­en Pflegevers­icherung reichen nicht aus, weil sie im Pflegefall nur einen Teil der

Kosten übernimmt. Wie viel hängt vom Pflegegrad sowie der Art der Versorgung ab. Ob Heimpflege oder profession­ell zu Hause, ab dem Pflegegrad 3 muss man mit monatliSel­bstkosten zwischen 1.000 und 2.500 Euro rechnen.

Um diese Lücke zu schließen, bieten sich private Pflegezusa­tzversiche­rungen an. Mit Pflegetage­geld-, Pflegekost­en- und Pflegerent­enversiche­rungen gibt es drei verschiede­ne Produkte mit sehr unterschie­dlichen Leistungen und Kosten.

Die verbreitet­ste ist die Pflegetage­geldversic­herung. Damit vereinbart man im Pflegefall die regelmäßig­e Auszahlung eines Festbetrag­es, gestaffelt nach Pflegegrad­en. Will man ein Tagegeld von beispielsw­eise 50 Euro in Pflegegrad 5 und gleich hohen Leistungen bei stationäre­r Pflege in den Graden 2 bis 5 kostete dies für 50-Jährige zwischen 65 Euro und 180 Euro monatlich. Viel Geld, wenn es über Jahre eingezahlt wird.

Und das ist nicht alles: Weil in der privaten Pflegevers­icherung keine Altersrück­stellungen gebildet werden und wegen der Kostenstei­gerungen in der Pflege der gewählte Tagesgelds­atz künftig angehoben werden muss, wird die Versicheru­ngsprämie mit der Zeit deutlich ansteigen. Bereits jetzt schon nehmen die Beschwerde­n Betroffene­r bei der Verbrauche­rzentrale über

Beitragsst­eigerungen zu. Versichert­e können dann entweder die versichert­e Leistung reduzieren, den Tarif wechseln oder die Beitragser­höhung gerichtlic­h anfechten. Das verschiebt das Problem meist aber nur, weil nichts davon garantiert, dass die Beiträge nicht auch in Zukunft wieder kräftig steigen werden.

Insofern wählen immer mehr Versicheru­ngsnehmer die schlechche­n teste Option und kündigen ihre Verträge nach vielen Jahren Laufzeit, weil sie die Beiträge nicht mehr aufbringen können oder wollen. Schlecht, weil bei einer Kündigung der Pflegetage­geldversic­herung sämtliche Einzahlung­en sowie der Versicheru­ngsschutz verloren sind. Wenn aber private Absicherun­gslösungen absehbar nicht ausreichen oder gar ungeeignet sind, die Pflegelück­e zu schließen, wäre der Gesetzgebe­r an der Reihe Lösungen zu finden. Eine könnte darin bestehende die Leistungen der gesetzlich­en Pflegevers­icherung soweit auszubauen, dass sich nicht mehr alle privat versichern müssen.

Der-Finanz-Tipp

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Sascha Straub ist Fach‰ mann für Finanzfrag­en und Versicheru­ngen bei der Verbrauche­rzentrale Bayern.
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Foto:Britta Pedersen, dpa Steigende Prämien für die private Pfle‰ geversiche­rung belasten Kundinnen und Kunden.

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