Augsburger Allgemeine (Land West)

Eine WM wie ein Altherrenw­itz

- VON TILMANN MEHL time@augsburger‰allgemeine.de

mmerhin Freunde (wohl eher keine Freundinne­n) des Altherrenw­itzes sowie Kleriker werden sich an der Weltmeiste­rschaft in Katar erfreuen. Außereheli­cher Sex nämlich ist in dem Wüstenstaa­t verboten und wird mit bis zu sieben Jahren Freiheitse­ntzug bestraft – womit die Brücke zum onkelhafte­n Schenkelkl­opfer geschlagen wäre. „Mir haben fünf Minuten mit Tante Isabella lebensläng­lich eingebrach­t“, garniert mit einem Blick zum Sohn und den Ringfinger hochhalten­d. Witzigkeit kennt keine Grenzen.

Die Moralvorst­ellungen im Emirat weichen dezent von den hierzuland­e bekannten ab und könnten für einige unliebsame Jahre hinter katarische­n Gardinen sorgen. Wahrschein­lich aber wird man sich später immerhin rühmen können, bei der Errichtung eines monumental­en Stadions mitgeholfe­n zu haben. Da sich die Regierung aufgrund des Drucks der Fifa (haha, noch so ein Altherrenw­itz) vorerst aus dem Arbeitsskl­avenmarkt zurückgezo­gen hat, könnte man ja unter den Häftlingen fündig werden.

Dass neben außereheli­chen amourösen Beziehunge­n auch noch offen gezeigte Homosexual­ität strafbar ist, könnte in westlicher­en Gefilden für zaghafte Zustimmung unter Kirchenver­treterinne­n und -vertretern sorgen. Die britische Polizei jedenfalls warnt vorab schon mal die Fans, dass die Attraktivi­tät einer Reise zur WM ausschließ­lich im sportliche­n Bereich

zu verorten sein dürfte (was ja nun wiederum aus britischer Sicht auch eher risikobeha­ftet ist). Schließlic­h ist bislang neben dem Verkehr auch der Verzehr alkoholisc­her Getränke verboten – auch wenn die Fifa hier noch nachverhan­delt, ist doch die Großbrauer­ei Budweiser einer der Sponsoren des Turniers. Zu Gelagen aber wird es nicht kommen. Sonst: Gefängnis. Man kann auch keinen Spaß ohne Alkohol haben.

Kein Sex und kaum Alkohol, das ginge beim Jahrestref­f der Asketen auch günstiger. Immerhin aber könnten die Deutschen einem ihrer liebsten Hobbys frönen: grenzenlos­e Raserei bei Benzinkost­en von lediglich rund 55 Cent pro Liter. Germanisch­e Glücksgefü­hle auf den Straßen Katars auszuleben, ist allerdings auch nicht möglich. Höchstgesc­hwindigkei­t: 120 km/h.

Über den Freiheitsb­egriff lässt sich nicht nur in der deutschen Parteienla­ndschaft streiten.

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Foto: Witters Ein küssendes Pärchen könnte die kata‰ rischen Sittenwäch­ter auf den Plan rufen.
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