Augsburger Allgemeine (Land West)

Bangen um die Tour‰Teilnahme

Radsport Wie viele andere Profis muss Georg Zimmermann nach einem positiven Corona-Test bei der Schweiz-Rundfahrt aussteigen. Ob er bei der Tour de France starten darf, ist unsicher.

- VON ROBERT GÖTZ

Georg Zimmermann hatte schon während der fünften Etappe der Tour de Suisse kein so gutes Gefühl. Bis dahin hatte sich der 24-jährige Radprofi „eigentlich immer richtig gut gefühlt“, und für seine Kollegen vom Team Intermarch­é wichtige Helferdien­ste geleistet. Sich selbst auf einer Etappe weit vorne zu platzieren war ihm zwar nicht gelungen, einmal stürzte er auch ohne Folgen, doch ansonsten schien die Generalpro­be für die Tour de France, die am 1. Juli startet, gut zu laufen. Seine Nominierun­g schien nur eine Formalie zu sein.

Doch dann verlor Zimmermann an Christi Himmelfahr­t auf den 190 Kilometern zwischen Ambri und Novazzano über 27 Minuten. „Es ging alles zäh, ich bin nicht vom Fleck gekommen und habe richtig gelitten“, erzählt Zimmermann fünf Tage später. Die Nacht hat er dann nicht gut geschlafen.

Als er am nächsten Tag dann im Mannschaft­sbus bei der Fahrt zum Start nach Locarno über Twitter erfuhr, dass ein Fahrer nach dem anderen positiv auf Corona getestet wurde, bat er seinen Teamarzt, auch bei ihm einen Corona-Test zu machen. Der fiel positiv aus. „Ich bin dann sofort aus dem Bus raus, mit dem Auto zum Hotel gefahren, habe meinen Koffer geholt und bin dann nach Hause nach Augsburg gefahren.“Am Ende war Zimmermann einer von fast 70 Profis, die die Tour de Suisse verlassen mussten.

Wo oder wie sich Zimmermann angesteckt hat, kann er nicht nachvollzi­ehen. Vielleicht im Teamhotel. Er war der einzige Intermarch­éFahrer, der sich infiziert hatte. Aber im gleichen Hotel war das deutsche Worldtour-Team Bora-hansgrohe untergebra­cht. Drei Bora-Fahrer hatten schon vorher corona-positiv die Tour de Suisse verlassen müssen. Zimmermann hat mit einigen betroffene­n Kollegen telefonier­t. „Sie sind alle ohne Symptome, das ist ja schon mal gut.“

Er selbst sitzt wie auf Kohlen zu Hause und wartet, dass sein Test endlich negativ ausfällt. Zuletzt hat er auch zwei Tests an einem Tag gemacht. „Am Montag war es jetzt der vierte Tag, an dem ich nicht trainieren konnte“, sagt Zimmermann. Noch ist er aber positiv.

So langsam wird die Zeit knapp für ihn. Denn zwar stand er auf der teamintern­en Liste der Teilnehmer an der Tour de France auf einem sicheren Platz. Am 1. Juli startet die Tour de France in der dänischen Hauptstadt Kopenhagen, doch eine Garantie auf eine zweite Tour-Teilnahme in Folge hat er nicht. „Ich muss die Selektion im Team schaffen. Ich entscheide es nicht selbst, ob ich fahren kann oder nicht, sondern ich muss vom Team aufgestell­t werden. Das Team muss das Vertrauen in mich haben.“

Da wäre ein guter letzter Leistungsn­achweis von Vorteil. Letzte Gelegenhei­t dazu bietet die deutsche Meistersch­aft am kommenden Wochenende im Sauerland. Will Zimmermann da teilnehmen, muss er spätestens am Mittwoch wieder trainieren. Aber er will auf Nummer sicher gehen. „Ich denke, ich mache vorher noch einen Lungenfunk­tionstest und ein Herz-Ultraschal­l“, sagt er, obwohl es wohl nicht zwingend vorgeschri­eben ist.

Die Corona-Diagnose war für ihn nach einem durchwachs­enen Saisonverl­auf mit Verletzung­en und Rückschläg­en ein Schock: „Ich hatte endlich das Gefühl, dass meine Saison in die richtige Richtung geht. Jetzt werde ich wieder zurückgewo­rfen. Es ist schwer damit umzugehen, weil ich mich nicht krank fühle.“

Würde der letztjähri­ge Dritte der deutschen Meistersch­aft die nationalen Titelkämpf­e verpassen, könnte er wohl damit umgehen. Sollte er aber von seinem Team nicht für die Tour de France berücksich­tigt werden, wäre es ein herber Rückschlag für ihn.

Marco Brenner, der zweite Augsburger Radprofi in einem WorldTour-Team, hat seine Corona-Infektion schon hinter sich. Bei der Tour of Norway musste der 19Jährige vom Team DSM aufgeben, beim Criterium Dauphine fuhr er hinterher. Seine Regenerati­onsfähigke­it war eingeschrä­nkt.

Jetzt, nach intensiven Trainingst­agen in Italien, fühlt er sich bereit für die deutsche Meistersch­aft. Beim Zeitfahren am Freitag ist ein Platz unter den Top Ten sein Ziel: „Meistersch­aften sind immer schwierig auszufahre­n. Da gibt es wenig Kontrolle im Feld. Wenn ich meinen Platz vom Vorjahr toppen könnte, wäre ich zufrieden.“Da war er Zwölfter.

 ?? Foto: Vincent Kalut, imago ?? Ein Sturz auf der dritten Etappe der Tour de Suisse, in den auch sein Teamkolleg­e Alexander Kristoff verwickelt war, konnte Georg Zimmermann nicht stoppen. Jedoch war nach einem positiven Corona‰Test für den Intermarch­é‰Profi Schluss.
Foto: Vincent Kalut, imago Ein Sturz auf der dritten Etappe der Tour de Suisse, in den auch sein Teamkolleg­e Alexander Kristoff verwickelt war, konnte Georg Zimmermann nicht stoppen. Jedoch war nach einem positiven Corona‰Test für den Intermarch­é‰Profi Schluss.
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Marco Brenner

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