Augsburger Allgemeine (Land West)
Bangen um die TourTeilnahme
Radsport Wie viele andere Profis muss Georg Zimmermann nach einem positiven Corona-Test bei der Schweiz-Rundfahrt aussteigen. Ob er bei der Tour de France starten darf, ist unsicher.
Georg Zimmermann hatte schon während der fünften Etappe der Tour de Suisse kein so gutes Gefühl. Bis dahin hatte sich der 24-jährige Radprofi „eigentlich immer richtig gut gefühlt“, und für seine Kollegen vom Team Intermarché wichtige Helferdienste geleistet. Sich selbst auf einer Etappe weit vorne zu platzieren war ihm zwar nicht gelungen, einmal stürzte er auch ohne Folgen, doch ansonsten schien die Generalprobe für die Tour de France, die am 1. Juli startet, gut zu laufen. Seine Nominierung schien nur eine Formalie zu sein.
Doch dann verlor Zimmermann an Christi Himmelfahrt auf den 190 Kilometern zwischen Ambri und Novazzano über 27 Minuten. „Es ging alles zäh, ich bin nicht vom Fleck gekommen und habe richtig gelitten“, erzählt Zimmermann fünf Tage später. Die Nacht hat er dann nicht gut geschlafen.
Als er am nächsten Tag dann im Mannschaftsbus bei der Fahrt zum Start nach Locarno über Twitter erfuhr, dass ein Fahrer nach dem anderen positiv auf Corona getestet wurde, bat er seinen Teamarzt, auch bei ihm einen Corona-Test zu machen. Der fiel positiv aus. „Ich bin dann sofort aus dem Bus raus, mit dem Auto zum Hotel gefahren, habe meinen Koffer geholt und bin dann nach Hause nach Augsburg gefahren.“Am Ende war Zimmermann einer von fast 70 Profis, die die Tour de Suisse verlassen mussten.
Wo oder wie sich Zimmermann angesteckt hat, kann er nicht nachvollziehen. Vielleicht im Teamhotel. Er war der einzige IntermarchéFahrer, der sich infiziert hatte. Aber im gleichen Hotel war das deutsche Worldtour-Team Bora-hansgrohe untergebracht. Drei Bora-Fahrer hatten schon vorher corona-positiv die Tour de Suisse verlassen müssen. Zimmermann hat mit einigen betroffenen Kollegen telefoniert. „Sie sind alle ohne Symptome, das ist ja schon mal gut.“
Er selbst sitzt wie auf Kohlen zu Hause und wartet, dass sein Test endlich negativ ausfällt. Zuletzt hat er auch zwei Tests an einem Tag gemacht. „Am Montag war es jetzt der vierte Tag, an dem ich nicht trainieren konnte“, sagt Zimmermann. Noch ist er aber positiv.
So langsam wird die Zeit knapp für ihn. Denn zwar stand er auf der teaminternen Liste der Teilnehmer an der Tour de France auf einem sicheren Platz. Am 1. Juli startet die Tour de France in der dänischen Hauptstadt Kopenhagen, doch eine Garantie auf eine zweite Tour-Teilnahme in Folge hat er nicht. „Ich muss die Selektion im Team schaffen. Ich entscheide es nicht selbst, ob ich fahren kann oder nicht, sondern ich muss vom Team aufgestellt werden. Das Team muss das Vertrauen in mich haben.“
Da wäre ein guter letzter Leistungsnachweis von Vorteil. Letzte Gelegenheit dazu bietet die deutsche Meisterschaft am kommenden Wochenende im Sauerland. Will Zimmermann da teilnehmen, muss er spätestens am Mittwoch wieder trainieren. Aber er will auf Nummer sicher gehen. „Ich denke, ich mache vorher noch einen Lungenfunktionstest und ein Herz-Ultraschall“, sagt er, obwohl es wohl nicht zwingend vorgeschrieben ist.
Die Corona-Diagnose war für ihn nach einem durchwachsenen Saisonverlauf mit Verletzungen und Rückschlägen ein Schock: „Ich hatte endlich das Gefühl, dass meine Saison in die richtige Richtung geht. Jetzt werde ich wieder zurückgeworfen. Es ist schwer damit umzugehen, weil ich mich nicht krank fühle.“
Würde der letztjährige Dritte der deutschen Meisterschaft die nationalen Titelkämpfe verpassen, könnte er wohl damit umgehen. Sollte er aber von seinem Team nicht für die Tour de France berücksichtigt werden, wäre es ein herber Rückschlag für ihn.
Marco Brenner, der zweite Augsburger Radprofi in einem WorldTour-Team, hat seine Corona-Infektion schon hinter sich. Bei der Tour of Norway musste der 19Jährige vom Team DSM aufgeben, beim Criterium Dauphine fuhr er hinterher. Seine Regenerationsfähigkeit war eingeschränkt.
Jetzt, nach intensiven Trainingstagen in Italien, fühlt er sich bereit für die deutsche Meisterschaft. Beim Zeitfahren am Freitag ist ein Platz unter den Top Ten sein Ziel: „Meisterschaften sind immer schwierig auszufahren. Da gibt es wenig Kontrolle im Feld. Wenn ich meinen Platz vom Vorjahr toppen könnte, wäre ich zufrieden.“Da war er Zwölfter.