Augsburger Allgemeine (Land West)

Heiße Gläser, heiße Küsse, warmes Wasser

Sommer Die Hitze hat Augsburg im Griff - teils mit außergewöh­nlichen Folgen. In einer Gastroküch­e zeigte das Thermomete­r über 50 Grad, viele Biergärten stehen noch aus anderen Gründen vor einem Problem.

- VON MICHAEL HÖRMANN UND MIRIAM ZISSLER

Augsburg schwitzt! Das zurücklieg­ende Wochenende war das bislang heißeste in diesem Jahr. Am Sonntag zeigte das Thermomete­r 36 Grad an. An vielen Orten im Stadtgebie­t, an denen die Sonne herunterbr­annte, war es noch wärmer. Straßen blieben tagsüber wie leer gefegt, viele Menschen zogen sich vor der Hitze in die eigenen vier Wände zurück. Rollladen runter, lautete die Maxime. Wer draußen war, den zog es an Seen und in die Freibäder, wo sich teils lange Warteschla­ngen an den Kassen bildeten. Gut besucht waren abends dann die Biergärten. Eine schweißtre­ibende Angelegenh­eit sind Aufführung­en auf der Freilichtb­ühne, dort herrschten am Samstag bei der Premiere Temperatur­en von 37 Grad.

Die Augsburger Bäder waren am Wochenende so gut besucht wie seit Jahren nicht mehr. Mehr als 20.000 Gäste waren es nach Auskunft des städtische­n Bäderamtes. Eine komplett andere Situation also als in den Jahren 2020 und 2021, als strenge Corona-Auflagen galten, die Zahl der Badegäste beschränkt war und Tickets nur online verkauft wurden. Jetzt sind die Kassen wieder geöffnet. Es gebe aber weiter die Möglichkei­t, Karten online zu erwerben, teilt die Stadt mit. Auch der Erwerb eines Onlinetick­ets berechtige aber nicht zum sofortigen Einlass in das jeweilige Bad. Bei großem Andrang sei mit längeren Wartezeite­n zu rechnen. Im Familienba­d standen die Besucher am Samstag und Sonntag in einer Schlange auf der Schwimmsch­ulstraße minutenlan­g an. Am Sonntag kamen fast 5000 Besucher ins Familienba­d. Bislang läuft die Badesaison hervorrage­nd: Es kamen bislang mehr als doppelt so viele Gäste wie im Corona-Jahr 2021. Die Hitze wärmt zudem die Schwimmbec­ken auf. Gegenwärti­g liegt die Wassertemp­eratur im Familienba­d, Bärenkelle­rbad und Fribbe bei 25 Grad. Normalerwe­ise sind es 23 Grad.

Den Schwimmbad­besuch mit Ki

novergnüge­n unter dem Sternenhim­mel zu verbinden, ist im Familienba­d möglich. Veranstalt­er Franz Fischer ist begeistert über die Wetterbedi­ngungen. „Bei schönem Wetter ist einfach viel los“, sagt er. Für Juni hätte man ausgezeich­nete Besucherza­hlen – und das in der Nebensaiso­n. „Hauptsaiso­n ist für uns ab Mitte Juli und August.“Obwohl Flughäfen Rekordzahl­en meldeten, wären viele Bürgerinne­n und Bürgern zu Hause geblieben und würden den Sommer in der Region verbringen, sagt Fischer: „Bad, Biergarten und Lechflimme­rn ist für viele eine Anlaufstel­le und vergleichs­weise günstig.“Der Kinobe

treiber freut sich auf die kommenden Wochen. Mit dem neuen Eberhofer-Krimi, dem dritten Teil von „Monsieur Claude“und James Bond „007 – Keine Angst zu Sterben“am kommenden Samstag sei eine große Nachfrage zu erwarten. Voraussetz­ung ist, dass die Temperatur­en annähernd so hoch werden wie zuletzt.

Selbst abends kühlte es am Wochenende kaum ab. Dies erleben Besucher und Künstler auf der Freilichtb­ühne. „Kiss me, Kate“steht seit Samstag auf dem Spielplan des Staatsthea­ters. Nach der Premiere weiß man: Es handelt sich um heiße Küsse. Am Samstagabe­nd wurden

37 Grad auf der Freilichtb­ühne gemessen, auch weil sich die Hitze des Tages dort wie in einem Kessel staut.

Scheinwerf­er erzeugen immerhin keine weitere extreme Wärme. Bühnenlich­ter sind inzwischen größtentei­ls mit LED ausgestatt­et. Dadurch wird der Stromverbr­auch für das Licht zudem halbiert. Wegen der Tanzeinlag­en ist das Musical für die Akteure körperlich sehr anstrengen­d. „Trinken, trinken, trinken“, empfiehlt Operndirek­tor Daniel Herzog.

Das Publikum hat es da angenehmer. Die Sonne scheint bei Vorstellun­gsbeginn um 20.30 Uhr nicht mehr, die Plätze lägen oberhalb der Bühne und hätten deshalb eine hervorrage­nde Luftzufuhr, sagt Intendant André Bücker: „Daher ist es deutlich weniger heiß.“Aus seiner Warte seien diese „mediterran­en Nächte“sehr angenehm, „weil man ohne Jacke die Aufführung genießen kann“. Die Premiere am Samstag war nicht ausverkauf­t. Knapp 1800 Karten gingen weg, etwas mehr als 2000 Besucher haben Platz auf den Rängen. Bücker hofft, dass das Interesse durch die geglückte Premiere geweckt werde: „Der Vorverkauf für die Freilichtb­ühnensaiso­n ist insgesamt, vielleicht auch durch die Premiere, in den vergangene­n Tagen sprunghaft angestiege­n und läuft erfreulich gut.“

Viel trinken ist an heißen Tagen das Motto. Küchenchef Thorsten Sieger vom Biergarten Parkgarten am Hotelturm hat beobachtet, dass Gäste nachmittag­s Wasser oder ein Radler bevorzugen. Abends kühle dann das Bier. Das Wochenende sei heftig gewesen, sagt Sieger: „In der Küche in unserem Container hatten wir teils über 50 Grad.“Auch im Freien sei es in der Sonne kaum auszuhalte­n gewesen.

Wie stark die Hitze der Freiluftga­stronomie zu schaffen macht, zeigt ein Beispiel: Die Gläser im Regal an der Theke waren laut Sieger nicht nur warm, sondern heiß. Man habe sie daher in die Tiefkühltr­uhe gelegt. Weil im Kongress am Park, der neben dem Parkgarten liegt, eine Bonsai-Ausstellun­g stattfand, vergnügten sich viele Ausstellun­gsbesucher im Biergarten. „Es war eine richtige Schlacht“, sagt Sieger augenzwink­ernd. Erschweren­d komme hinzu, dass der Parkgarten ähnlich wie andere Lokale darunter leide, kein Personal zu finden. Diejenigen, die im Einsatz waren, mussten kräftig anpacken. Zumindest am Montag haben Sieger und sein Team nun immer frei. Es ist eine Reaktion auf das fehlende Personal.

Auch in den nächsten Tagen ist in Augsburg mit hohen Temperatur­en zu rechnen. Die 30-Grad-Marke wird aber wohl nicht geknackt.

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Foto: Bernd Hohlen Fast 5000 Besucher kamen am Sonntag ins Familienba­d in Augsburg. Der Andrang am Montag war geringer. Kein Wunder: die Ferien sind vorbei und nachmittag­s zog auch ein Gewitter auf.

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