Augsburger Allgemeine (Land West)
Heiße Gläser, heiße Küsse, warmes Wasser
Sommer Die Hitze hat Augsburg im Griff - teils mit außergewöhnlichen Folgen. In einer Gastroküche zeigte das Thermometer über 50 Grad, viele Biergärten stehen noch aus anderen Gründen vor einem Problem.
Augsburg schwitzt! Das zurückliegende Wochenende war das bislang heißeste in diesem Jahr. Am Sonntag zeigte das Thermometer 36 Grad an. An vielen Orten im Stadtgebiet, an denen die Sonne herunterbrannte, war es noch wärmer. Straßen blieben tagsüber wie leer gefegt, viele Menschen zogen sich vor der Hitze in die eigenen vier Wände zurück. Rollladen runter, lautete die Maxime. Wer draußen war, den zog es an Seen und in die Freibäder, wo sich teils lange Warteschlangen an den Kassen bildeten. Gut besucht waren abends dann die Biergärten. Eine schweißtreibende Angelegenheit sind Aufführungen auf der Freilichtbühne, dort herrschten am Samstag bei der Premiere Temperaturen von 37 Grad.
Die Augsburger Bäder waren am Wochenende so gut besucht wie seit Jahren nicht mehr. Mehr als 20.000 Gäste waren es nach Auskunft des städtischen Bäderamtes. Eine komplett andere Situation also als in den Jahren 2020 und 2021, als strenge Corona-Auflagen galten, die Zahl der Badegäste beschränkt war und Tickets nur online verkauft wurden. Jetzt sind die Kassen wieder geöffnet. Es gebe aber weiter die Möglichkeit, Karten online zu erwerben, teilt die Stadt mit. Auch der Erwerb eines Onlinetickets berechtige aber nicht zum sofortigen Einlass in das jeweilige Bad. Bei großem Andrang sei mit längeren Wartezeiten zu rechnen. Im Familienbad standen die Besucher am Samstag und Sonntag in einer Schlange auf der Schwimmschulstraße minutenlang an. Am Sonntag kamen fast 5000 Besucher ins Familienbad. Bislang läuft die Badesaison hervorragend: Es kamen bislang mehr als doppelt so viele Gäste wie im Corona-Jahr 2021. Die Hitze wärmt zudem die Schwimmbecken auf. Gegenwärtig liegt die Wassertemperatur im Familienbad, Bärenkellerbad und Fribbe bei 25 Grad. Normalerweise sind es 23 Grad.
Den Schwimmbadbesuch mit Ki
novergnügen unter dem Sternenhimmel zu verbinden, ist im Familienbad möglich. Veranstalter Franz Fischer ist begeistert über die Wetterbedingungen. „Bei schönem Wetter ist einfach viel los“, sagt er. Für Juni hätte man ausgezeichnete Besucherzahlen – und das in der Nebensaison. „Hauptsaison ist für uns ab Mitte Juli und August.“Obwohl Flughäfen Rekordzahlen meldeten, wären viele Bürgerinnen und Bürgern zu Hause geblieben und würden den Sommer in der Region verbringen, sagt Fischer: „Bad, Biergarten und Lechflimmern ist für viele eine Anlaufstelle und vergleichsweise günstig.“Der Kinobe
treiber freut sich auf die kommenden Wochen. Mit dem neuen Eberhofer-Krimi, dem dritten Teil von „Monsieur Claude“und James Bond „007 – Keine Angst zu Sterben“am kommenden Samstag sei eine große Nachfrage zu erwarten. Voraussetzung ist, dass die Temperaturen annähernd so hoch werden wie zuletzt.
Selbst abends kühlte es am Wochenende kaum ab. Dies erleben Besucher und Künstler auf der Freilichtbühne. „Kiss me, Kate“steht seit Samstag auf dem Spielplan des Staatstheaters. Nach der Premiere weiß man: Es handelt sich um heiße Küsse. Am Samstagabend wurden
37 Grad auf der Freilichtbühne gemessen, auch weil sich die Hitze des Tages dort wie in einem Kessel staut.
Scheinwerfer erzeugen immerhin keine weitere extreme Wärme. Bühnenlichter sind inzwischen größtenteils mit LED ausgestattet. Dadurch wird der Stromverbrauch für das Licht zudem halbiert. Wegen der Tanzeinlagen ist das Musical für die Akteure körperlich sehr anstrengend. „Trinken, trinken, trinken“, empfiehlt Operndirektor Daniel Herzog.
Das Publikum hat es da angenehmer. Die Sonne scheint bei Vorstellungsbeginn um 20.30 Uhr nicht mehr, die Plätze lägen oberhalb der Bühne und hätten deshalb eine hervorragende Luftzufuhr, sagt Intendant André Bücker: „Daher ist es deutlich weniger heiß.“Aus seiner Warte seien diese „mediterranen Nächte“sehr angenehm, „weil man ohne Jacke die Aufführung genießen kann“. Die Premiere am Samstag war nicht ausverkauft. Knapp 1800 Karten gingen weg, etwas mehr als 2000 Besucher haben Platz auf den Rängen. Bücker hofft, dass das Interesse durch die geglückte Premiere geweckt werde: „Der Vorverkauf für die Freilichtbühnensaison ist insgesamt, vielleicht auch durch die Premiere, in den vergangenen Tagen sprunghaft angestiegen und läuft erfreulich gut.“
Viel trinken ist an heißen Tagen das Motto. Küchenchef Thorsten Sieger vom Biergarten Parkgarten am Hotelturm hat beobachtet, dass Gäste nachmittags Wasser oder ein Radler bevorzugen. Abends kühle dann das Bier. Das Wochenende sei heftig gewesen, sagt Sieger: „In der Küche in unserem Container hatten wir teils über 50 Grad.“Auch im Freien sei es in der Sonne kaum auszuhalten gewesen.
Wie stark die Hitze der Freiluftgastronomie zu schaffen macht, zeigt ein Beispiel: Die Gläser im Regal an der Theke waren laut Sieger nicht nur warm, sondern heiß. Man habe sie daher in die Tiefkühltruhe gelegt. Weil im Kongress am Park, der neben dem Parkgarten liegt, eine Bonsai-Ausstellung stattfand, vergnügten sich viele Ausstellungsbesucher im Biergarten. „Es war eine richtige Schlacht“, sagt Sieger augenzwinkernd. Erschwerend komme hinzu, dass der Parkgarten ähnlich wie andere Lokale darunter leide, kein Personal zu finden. Diejenigen, die im Einsatz waren, mussten kräftig anpacken. Zumindest am Montag haben Sieger und sein Team nun immer frei. Es ist eine Reaktion auf das fehlende Personal.
Auch in den nächsten Tagen ist in Augsburg mit hohen Temperaturen zu rechnen. Die 30-Grad-Marke wird aber wohl nicht geknackt.