Augsburger Allgemeine (Land West)

So liefen die Großeinsät­ze in Kuhsee und Eiskanal

Polizei Ein Mensch treibt leblos im Wasser, ein anderer wird am Badesee vermisst: Rettungskr­äfte sind am Wochenende in Augsburg enorm gefordert. Nun gibt es neue Details zu den Einsätzen.

- VON DANIELA DE HAEN UND MAX KRAMER

Es ist Sonntagnac­hmittag, kurz nach 15.30 Uhr, als in der entspannte­n Bade-Atmosphäre am Kuhsee Unruhe ausbricht. Erst lenken Blaulicht und Martinshor­n die Aufmerksam­keit der Badegäste auf sich, dann kommt aus nördlicher Richtung ein ADAC-Hubschraub­er herangeflo­gen. Er zieht langsam seine Runden über dem Wasser, an einzelnen Stellen verharrt er und rauscht dann nach einigen Minuten wieder davon. Am Boden stehen unweit des Kinderspie­lplatzes Fahrzeuge von Feuerwehr, Rotem Kreuz und Polizei beisammen, Hunderte Menschen versammeln sich hinter einem Absperrban­d. Sie sind Zeugen einer groß angelegten Vermissten-Suche, die im Laufe des Abends mit einer erlösenden Nachricht endet – und dennoch Fragen aufwirft.

Inzwischen sind mehr Details zur aufsehener­regenden Aktion bekannt. Um etwa 15.40 Uhr erreichte die Polizei eine Meldung der Rettungsle­itstelle,

nach der am Kuhsee eine Schwimmeri­n vermisst werde. Da die ortsfremde 27-Jährige nach einer Stunde noch nicht an den Liegeplatz zurückgeke­hrt war, hatte sich eine Bekannte an die Wasserwach­t gewendet. Die Frau konnte allerdings nicht sicher sagen, ob die 27-Jährige überhaupt ins Wasser gegangen war. Da nach Angaben eines Polizeispr­echers dennoch zunächst der Verdacht bestand, dass sich die 27-Jährige, die als psychisch labil gilt, in einer Notsituati­on befinden könnte, leiteten Wasserwach­t, Berufsfeue­rwehr und Polizei umfangreic­he Suchmaßnah­men mit Rettungshu­bschrauber, Booten und Tauchern ein. Sie suchten zunächst mit einer Beschreibu­ng des Badeanzugs sowie Angaben zu Größe und Haarfarbe nach der Frau, später auch mit einem Foto.

Bis 17 Uhr gab es weder konkrete Hinweise darauf, dass sich die Frau in einer Notsituati­on befand, noch konnte sie im Wasser oder an Land gefunden werden. Die beteiligte­n Einsatz- und Rettungskr­äfte fuhren

die Suche daraufhin zurück. Die erlösende Mitteilung kam dann um 19.10 Uhr: Die Vermisste war wohlauf. Dem Vernehmen nach, gab die Frau nach bei ihrer Rückkehr an, zunächst beim Schwimmen und anschließe­nd zu Fuß unterwegs gewesen zu sein. Dabei habe sie sich auch vom unmittelba­ren Umfeld des Kuhsees entfernt und am Lech aufgehalte­n. Die Suchaktion habe sie zwar bemerkt, jedoch nicht auf sich bezogen.

Nach derzeitige­m Stand müssen weder die 27-Jährige noch ihre Bekannte, die den Einsatz auslöste, mit Konsequenz­en und Kosten rechnen. „Grundsätzl­ich bestand aufgrund des ursprüngli­chen Sachverhal­tes eine Gefahr für Leib oder Leben eines Menschen, weswegen die Polizei die Aufgabe hatte, diese Gefahr abzuwenden“, erklärt ein Polizeispr­echer gegenüber unserer Redaktion. „In derartigen Fällen werden dann auch keine Kosten in Rechnung gestellt.“Es gebe auch keine Hinweise darauf, dass die Frau den Einsatz mutwillig in Kauf genommen, ihr Verschwind­en vorgetäusc­ht oder die Suchaktion bewusst in die Länge gezogen habe.

Grundsätzl­ich sind Suchaktion­en wie diese für die Augsburger Wasserwach­t nichts Neues. Benjamin Weber, am Sonntagnac­hmittag der Einsatzlei­ter am Kuhsee, schätzt die Zahl solcher Einsätze auf zwischen zehn und 20 pro Jahr. Davon endeten geschätzt 70 bis 80 Prozent glimpflich – weil die gesuchte Person entweder gar nicht im Wasser gewesen oder rechtzeiti­g gefunden worden sei. Dennoch solle man lieber zu früh als zu wenig um Hilfe bitten: „Lieber sind wir zehnmal zu häufig unterwegs als einmal zu wenig.“

Rund zweieinhal­b Stunden, nachdem sich die Aufregung rund um den Kuhsee wieder gelegt hatte, war die Wasserwach­t ein zweites Mal gefordert – diesmal, um ein Leben zu retten. Nach Webers Auskunft entdeckte eine 39-jährige Angehörige der Wasserwach­t, die sich nach eigentlich­em Dienstende gegen 21.45 Uhr noch im Spickelbad aufhielt, zufällig einen Mann, der leblos im vorbeilauf­enden Eiskanal trieb.

Die Frau sprang daraufhin ins Wasser, sicherte den Mann und brachte ihn auf Höhe des FribbeBads an Land. Passanten riefen den dortigen Bademeiste­r hinzu, der schnell mit Defibrilla­tor und Sauerstoff zu Hilfe eilte. So konnte der Mann, der nach Einschätzu­ng von Beteiligte­n rund 60 Jahre alt ist, reanimiert werden. Er kam noch am Unglücksor­t zu Bewusstsei­n und wurde in die Uniklinik gebracht.

 ?? Foto: Christoph Bruder ?? Am Sonntagabe­nd wurde ein Mann aus dem Eiskanal gerettet.
Foto: Christoph Bruder Am Sonntagabe­nd wurde ein Mann aus dem Eiskanal gerettet.

Newspapers in German

Newspapers from Germany