Augsburger Allgemeine (Land West)
So liefen die Großeinsätze in Kuhsee und Eiskanal
Polizei Ein Mensch treibt leblos im Wasser, ein anderer wird am Badesee vermisst: Rettungskräfte sind am Wochenende in Augsburg enorm gefordert. Nun gibt es neue Details zu den Einsätzen.
Es ist Sonntagnachmittag, kurz nach 15.30 Uhr, als in der entspannten Bade-Atmosphäre am Kuhsee Unruhe ausbricht. Erst lenken Blaulicht und Martinshorn die Aufmerksamkeit der Badegäste auf sich, dann kommt aus nördlicher Richtung ein ADAC-Hubschrauber herangeflogen. Er zieht langsam seine Runden über dem Wasser, an einzelnen Stellen verharrt er und rauscht dann nach einigen Minuten wieder davon. Am Boden stehen unweit des Kinderspielplatzes Fahrzeuge von Feuerwehr, Rotem Kreuz und Polizei beisammen, Hunderte Menschen versammeln sich hinter einem Absperrband. Sie sind Zeugen einer groß angelegten Vermissten-Suche, die im Laufe des Abends mit einer erlösenden Nachricht endet – und dennoch Fragen aufwirft.
Inzwischen sind mehr Details zur aufsehenerregenden Aktion bekannt. Um etwa 15.40 Uhr erreichte die Polizei eine Meldung der Rettungsleitstelle,
nach der am Kuhsee eine Schwimmerin vermisst werde. Da die ortsfremde 27-Jährige nach einer Stunde noch nicht an den Liegeplatz zurückgekehrt war, hatte sich eine Bekannte an die Wasserwacht gewendet. Die Frau konnte allerdings nicht sicher sagen, ob die 27-Jährige überhaupt ins Wasser gegangen war. Da nach Angaben eines Polizeisprechers dennoch zunächst der Verdacht bestand, dass sich die 27-Jährige, die als psychisch labil gilt, in einer Notsituation befinden könnte, leiteten Wasserwacht, Berufsfeuerwehr und Polizei umfangreiche Suchmaßnahmen mit Rettungshubschrauber, Booten und Tauchern ein. Sie suchten zunächst mit einer Beschreibung des Badeanzugs sowie Angaben zu Größe und Haarfarbe nach der Frau, später auch mit einem Foto.
Bis 17 Uhr gab es weder konkrete Hinweise darauf, dass sich die Frau in einer Notsituation befand, noch konnte sie im Wasser oder an Land gefunden werden. Die beteiligten Einsatz- und Rettungskräfte fuhren
die Suche daraufhin zurück. Die erlösende Mitteilung kam dann um 19.10 Uhr: Die Vermisste war wohlauf. Dem Vernehmen nach, gab die Frau nach bei ihrer Rückkehr an, zunächst beim Schwimmen und anschließend zu Fuß unterwegs gewesen zu sein. Dabei habe sie sich auch vom unmittelbaren Umfeld des Kuhsees entfernt und am Lech aufgehalten. Die Suchaktion habe sie zwar bemerkt, jedoch nicht auf sich bezogen.
Nach derzeitigem Stand müssen weder die 27-Jährige noch ihre Bekannte, die den Einsatz auslöste, mit Konsequenzen und Kosten rechnen. „Grundsätzlich bestand aufgrund des ursprünglichen Sachverhaltes eine Gefahr für Leib oder Leben eines Menschen, weswegen die Polizei die Aufgabe hatte, diese Gefahr abzuwenden“, erklärt ein Polizeisprecher gegenüber unserer Redaktion. „In derartigen Fällen werden dann auch keine Kosten in Rechnung gestellt.“Es gebe auch keine Hinweise darauf, dass die Frau den Einsatz mutwillig in Kauf genommen, ihr Verschwinden vorgetäuscht oder die Suchaktion bewusst in die Länge gezogen habe.
Grundsätzlich sind Suchaktionen wie diese für die Augsburger Wasserwacht nichts Neues. Benjamin Weber, am Sonntagnachmittag der Einsatzleiter am Kuhsee, schätzt die Zahl solcher Einsätze auf zwischen zehn und 20 pro Jahr. Davon endeten geschätzt 70 bis 80 Prozent glimpflich – weil die gesuchte Person entweder gar nicht im Wasser gewesen oder rechtzeitig gefunden worden sei. Dennoch solle man lieber zu früh als zu wenig um Hilfe bitten: „Lieber sind wir zehnmal zu häufig unterwegs als einmal zu wenig.“
Rund zweieinhalb Stunden, nachdem sich die Aufregung rund um den Kuhsee wieder gelegt hatte, war die Wasserwacht ein zweites Mal gefordert – diesmal, um ein Leben zu retten. Nach Webers Auskunft entdeckte eine 39-jährige Angehörige der Wasserwacht, die sich nach eigentlichem Dienstende gegen 21.45 Uhr noch im Spickelbad aufhielt, zufällig einen Mann, der leblos im vorbeilaufenden Eiskanal trieb.
Die Frau sprang daraufhin ins Wasser, sicherte den Mann und brachte ihn auf Höhe des FribbeBads an Land. Passanten riefen den dortigen Bademeister hinzu, der schnell mit Defibrillator und Sauerstoff zu Hilfe eilte. So konnte der Mann, der nach Einschätzung von Beteiligten rund 60 Jahre alt ist, reanimiert werden. Er kam noch am Unglücksort zu Bewusstsein und wurde in die Uniklinik gebracht.