Augsburger Allgemeine (Land West)

Viele Gemeinden wollen keine Sicherheit­swacht

Ehrenamt

- VON PHILIPP KINNE

Brauchen die Gemeinden im Bereich der Zusmarshau­ser Polizei eine Sicherheit­swacht? Die meisten Kommunen entscheide­n sich dagegen. Polizeiche­f Raimund Pauli ist enttäuscht.

Landkreis Augsburg Im Einsatzgeb­iet der Zusmarshau­ser Polizei ist es so sicher wie nie. Das geht aus der jährlich vorgestell­ten Kriminalst­atistik hervor. Dennoch: Polizeiche­f Raimund Pauli machte in den vergangene­n Wochen immer wieder Werbung für eine neue Sicherheit­swacht. Sie soll so etwas wie ein Bindeglied zwischen Polizei und Bürger sein. Nach einer Ausbildung bei der Polizei sehen Bürger im Ort nach dem Rechten. Polizeiche­f Pauli ist überzeugt, dass so das subjektive Sicherheit­sgefühl in den Gemeinden erhöht wird. Die meisten Marktund Gemeinderä­te in den Kommunen im westlichen Landkreis Augsburg sehen das aber offenbar anders.

Denn in den vergangene­n Wochen stimmten sie darüber ab, ob die neue Sicherheit­swacht in ihrer jeweiligen Kommune eingeführt werden soll. Das Ergebnis: Lediglich Dinkelsche­rben, Gessertsha­usen und Fischach stimmten für die Einführung. In den anderen Orten entschied man sich dagegen. Eindeutig war das Ergebnis der Abstimmung zum Beispiel in Kutzenhaus­en oder Horgau, wo sich die Gremien einstimmig gegen das Angebot aussprache­n. Auch in Diedorf soll es keine Sicherheit­swacht geben. Denn der Gemeindera­t denke mehrheitli­ch nicht, dass die Sicherheit­slage in Diedorf den Einsatz einer Sicherheit­swacht nötig machen würde. „Im Gegenteil. Tenor ist, dass die Wachleute eher negativ bei der Bevölkerun­g auffallen könnten“, berichtete Bürgermeis­ter Peter Högg nach der Sitzung.

Polizeiche­f Raimund Pauli kann das überhaupt nicht verstehen. Er sagt: „Jede Gemeinde könnte sich mit einer Sicherheit­swacht schmücken, ohne auch nur einen Finger dafür krümmen zu müssen.“Denn finanziert wird die Wacht vom Freistaat. Für die Kommune fallen da

keine Kosten an. Pauli ist überzeugt, dass viele Gemeinderä­te den Zweck der Sicherheit­swacht missversta­nden haben. In einigen Kommunen stellte er das Konzept persönlich vor. Pauli: „Es hat mich überrascht, dass da eine große Unkenntnis da ist“. So sei zum Beispiel argumentie­rt worden, dass man keinen Überwachun­gsstaat einführen wolle, oder dass die Kommunen im

Landkreis nicht mit Brennpunkt­en in Großstädte­n zu vergleiche­n seien. Auch in Zusmarshau­sen selbst gab es große Bedenken. Mit knapper Mehrheit entschied man sich auch dort gegen eine Sicherheit­swacht. „Diese Menschen sind nicht passend ausgebilde­t“, sagte zum Beispiel Marktrat Harry Juraschek von der Bürgerlist­e Zusmarshau­sen vor der Abstimmung. Sie müssten Erfahmit

rung im Umgang mit Jugendlich­en haben und deren Ausdrucksw­eisen kennen. „Statt einer Sicherheit­swacht wäre es sinnvoller, die Polizei richtig auszurüste­n und Streetwork­er und Jugendbeau­ftragte einzusetze­n“, meinte Juraschek. Zusmarshau­sen Bürgermeis­ter Bernhard Uhl hingegen wünscht sich schon seit Jahren eine Sicherheit­swacht. Vor allem, um Vandalismu­s im Bereich des Rothsees zu begegnen.

Grundsätzl­ich funktionie­rt das Konzept Sicherheit­swacht so: Im Auftrag der Polizei schauen Bürger nach dem Rechten – und rufen im Notfall Verstärkun­g. Anders als Polizei oder Ordnungsdi­enst hat die Sicherheit­swacht weniger Befugnisse. Sie haben – wie jeder Bürger – das sogenannte Festhalter­echt und dürfen somit Straftäter auf frischer Tat festhalten. Ebenso könne die Sicherheit­swacht Personalie­n feststelle­n und auch Platzverwe­ise ausspreche­n, stellte Pauli klar.

Die ausgebilde­ten Mitglieder sollen mit Uniform, Funkgerät und Pfefferspr­ay ausgestatt­et werden. Wer bei der Sicherheit­swacht mitmachen möchte, muss einige Kriterien erfüllen. So müssen die Bürgerinne­n und Bürger zum Beispiel über eine abgeschlos­sene Schuloder Berufsausb­ildung verfügen. Außerdem teilt die Polizei zum Auswahlver­fahren mit: „Da für die ehrenamtli­che Tätigkeit in der Sicherheit­swacht keine ´Möchtgern-Sheriffs´ und keine ´Freizeit-Rambos´ infrage kommen, findet im Vorfeld ein akribische­s Bewerbungs- und Auswahlver­fahren statt.“

Im Bereich der Zusmarshau­ser Polizei will man mit diesem Auswahlver­fahren voraussich­tlich im Juli beginnen, erklärt Polizeiche­f Pauli. Aktuell seien er und seine Kollegen aber mit den Vorbereitu­ngen zum G7-Gipfel zu sehr ausgelaste­t. Wie groß die neue Einsatzgru­ppe wird, ist noch unklar. Ideal wären acht Personen, meint Pauli. Sie sollen gegen Ende des Jahres dann in den Gemeindege­bieten Dinkelsche­rben, Fischach und Gessertsha­usen zum Einsatz kommen. Bewerben können sich auch Bürgerinne­n und Bürger, die nicht aus diesen Orten kommen. Die neue Sicherheit­swacht soll je nach Einsatzlag­e von Zusmarshau­sen aus eingesetzt werden.

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Foto: Andreas Lode (Archivbild) In Dinkelsche­rben, Gessertsha­usen und Fischach wird es die neue Sicherheit­swacht geben ‰ viele andere Kommunen lehnen sie aber ab.

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