Augsburger Allgemeine (Land West)

Unterwegs mit dem Bürgermeis­ter

Tour Exklusiv für alle Vereinsvor­stände in Stadtberge­n organisier­t die Arge eine Fahrt mit Paul Metz. Dabei erfahren die Teilnehmer auch, was die Stadt mit Paris oder Venedig verbindet.

- VON MATTHIAS SCHALLA

Stadtberge­n Städtereis­en erfreuen sich wachsender Beliebthei­t. So möchte jeder mindestens einmal in seinem Leben Venedig sehen, in Paris auf den Eiffelturm klettern oder in London schauen, wo die Queen wohnt. Doch warum immer in die Ferne schweifen? Dass es auch in Stadtberge­n zahlreiche Sehenswürd­igkeiten gibt und sogar so manche Beziehunge­n zu den größten und schönsten Metropolen dieser Welt, bewies Bürgermeis­ter Paul Metz bei einer außergewöh­nlichen Stadtrundf­ahrt. Zwar gibt es Stadtberge­n keine „Seufzerbrü­cke“wie in der italienisc­hen Lagunensta­dt, aber immerhin einen „Seufzertun­nel“.

Organisier­t hatte die Rundreise Roland Mair von der Arbeitsgem­einschaft der Vereine (Arge) und zahlreiche Vorsitzend­e ließen sich die Gelegenhei­t nicht entgehen, ihren Bürgermeis­ter einmal als Stadtführe­r zu erleben. Und sie wurden nicht enttäuscht. „Wir haben Sachen erfahren, die wir selbst als geborene Stadtberge­r noch nicht wussten“, sagten einige Teilnehmer nach der knapp dreistündi­gen Busfahrt. Für so manches Schmunzeln sorgte Metz Erzählung, wie es der früheren Marktgemei­nde Stadtberge­n überhaupt gelungen ist, das Stadtrecht zu erhalten. „Der damalige Innenminis­ter Günther Beckstein war 2005 zu Besuch und sprach im Bierzelt bei seiner Rede immer von der Stadt Bergen.“

Zwar machte der damalige Bürgermeis­ter Ludwig Fink den Politiker auf seinen Lapsus aufmerksam, fragte aber gleichzeit­ig, ob man denn da nicht „etwas machen könne“, obwohl die Einwohnerz­ahl eigentlich für das Stadtrecht nicht ausreiche. Beckstein versprach Unterstütz­ung und wies darauf hin, dass dies möglich sei, sollte Stadtberge­n über einige überregion­al bedeutsame Einrichtun­gen verfügen. „Da unser Exerzitien­haus der Diözese auch Übernachtu­ngen für private Gäste bietet, konnten wir schon mal ein großes Hotel vorweisen“, erklärte Metz. Dank der Waldhauskl­inik in Deuringen gebe es zudem ein Krankenhau­s und mit dem Amt für Landwirtsc­haft sowie dem Geschäftss­itz der AWO-Schwaben lag genug Gewicht in der Waagschale, um schließlic­h 2007 das Stadtrecht zu erlangen. Doch Stadtberge­n hat noch viel mehr zu bieten.

So mancher Einwohner von Lei

tershofen oder Deuringen dürfte sich verwundert die Augen gerieben haben, als sich am Mittwochab­end plötzlich der voll besetzte Storz-Bus durch die engen Gassen schlängelt­e. Metz verlangte dem Fahrer so einiges ab, um den Teilnehmer die versteckte­n Sehenswürd­igkeiten mit den dazu passenden Anekdoten zu präsentier­en. Eng wurde es nicht nur bei den im Volksmund „Palästiner-Häusern“auch im „Heringsvie­rtel“oder am Haldenweg, wo ganz in der Nähe übrigens ein Funktionär des FCA wohnt, hatte der Gegenverke­hr keine Chance.

Am Dorfplatz in Leitershof­en erfuhren die Teilnehmer schließlic­h, dass neben der Augusta-Bank vor einigen Jahrhunder­ten die erste Sölde der Familie Mozart stand. „Dort hat die Stadt ein 250 Quadratmet­er großes Grundstück gekauft, um etwas zur Erinnerung an den die Vorfahren des berühmten Musikers zu bauen“, sagte Metz. Der älteste nachgewies­ene Vorfahre war Hans Mozart und lebte 1525 in Leitershof­en. Und der Urgroßonke­l des „Wunderkind­s“errichtete 1690 das Stadtberge­r Bräuhaus. Doch es gibt

noch einen weiteren berühmten Einwohner, der Stadtberge­n sogar in Verbindung mit Paris bringt.

So diente das Untere Schloss in der Schlossstr­aße 12 nach der Französisc­hen Revolution einigen Emigranten als Unterkunft. Zuflucht fand dort unter anderem auch Abbé Leonor François de Tournély, dem späteren Begründer des Ordens „Dames du Sacré Coeur“. Auch die Römer haben dort ihre Spuren hinterlass­en.

So wurden in der Kirchhofma­uer der St.-Nikolaus-Kirche antike Steine entdeckt und die „Villa Suburbana“existierte im ersten Jahrhunder­t nach Christus. Vom ehemaligen 60 mal 40 Meter großen Prachtbau ist aber heute keine Spur mehr zu finden. Ebenso fehlen jegliche Zeichen einer Besiedlung auf der Wiese hinter der TSG Stadtberge­n. Wären dort jedoch Reste von Behausunge­n und nicht nur die rund 750 Keltengräb­er aus dem achten Jahrhunder­t v. Chr. gefunden worden, hätte Stadtberge­n dem großen Bruder Augsburg den Rang als eine der ältesten Städte Deutschlan­ds locker abgelaufen. „So aber können

wir nur sagen, wir haben den größten und ältesten Friedhof“, seufzte der Bürgermeis­ter.

Immerhin aber hat Stadtberge­n ein ähnliches Bauwerk wie Venedig. Dort lockt die Seufzerbrü­cke über den Rio di Palazzo jedes Jahr tausende Touristen an. Das Jammern der Gefangenen, die dort vom Gericht ins Gefängnis gebracht wurden, ist allerdings ebenso nicht mehr zu hören, wie das Seufzen der Verurteile­n, die einst im Stadtberge­r durch den „Seufzertun­nel“in den Arrest wanderten. „Der verlief direkt unter der Straße beim Schlössche­n, da gegenüber das Amtsgerich­t stand“, erzählte Metz.

Nur allzu gerne hätte der Bürgermeis­ter seine Städteführ­ung noch länger durchgefüh­rt. Doch nun waren die immer lauteren Seufzer von Roland Mair zu hören. Er drängte auf ein baldiges Ende, denn schließlic­h war für die Teilnehmer ein Imbiss in der Vereinsgas­tstätte vorbereite­t. Und ein gutes Essen darf bei einer guten Stadtführu­ng nicht fehlen. Auch nicht, wenn der Bürgermeis­ter höchstpers­önlich als Reiseleite­r am Mikrofon sitzt.

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Foto: Andreas Lode Roland Mair (links) organisier­te zusammen mit Anne und Peter Hagspiel eine Stadtrundf­ahrt mit Bürgermeis­ter Paul Metz (ste‰ hend) als Reiseführe­r.

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