Augsburger Allgemeine (Land West)
Sonderprämie soll Bürger entlasten
Kanzler Scholz will hohe Inflation ausgleichen. G7 planen neue Sanktionen gegen Russland.
Krün/Berlin Vom Gipfel der sieben großen Industrienationen auf Schloss Elmau soll nach dem Willen von Olaf Scholz ein Signal der Geschlossenheit ausgehen – weitere Sanktionen gegen Russland inklusive. Gleichzeitig will die Bundesregierung offenbar die Tarifpartner in Deutschland stärker in die Pflicht nehmen, um die Folgen von Inflation, Gasknappheit und Lieferengpässen in der Industrie abzumildern: Nach den Plänen des Kanzlers, die in Regierungskreisen bestätigt werden, sollen die Gewerkschaften im nächsten Jahr auf einen Teil ihrer Lohnforderungen verzichten – dafür würden die Arbeitgeber
ihren Beschäftigten aber Einmalzahlungen überweisen, für die der Staat dann keine Steuern und Sozialabgaben verlangt. Diese Brutto-für-Netto-Prämie könnte eine ökonomisch gefährliche Kettenreaktion aus immer höheren Löhnen und immer höheren Preisen verhindern. Nachteil: Nicht einmal jeder zweite Beschäftigte in der Bundesrepublik wird heute noch nach Tarif bezahlt. An gesonderten Lösungen werde derzeit gearbeitet, heißt es.
„Viele Dinge, die wir einkaufen, sind teurer geworden. Lebensmittel, aber eben ganz besonders die Preise für Energie“, betonte Scholz in einer Videobotschaft vor dem Gipfel. „Das merken wir an der Tankstelle, das merken wir, wenn wir die Heizrechnung bezahlen müssen. Heizöl, Gas, alles viel teurer als noch vor einem Jahr. Deshalb müssen wir uns darauf vorbereiten.“Über eine maßvolle Tarifpolitik will er mit Arbeitgebern, Gewerkschaften, Wirtschaftswissenschaftlern und Vertretern der Bundesbank am 4. Juli diskutieren.
Welche Sanktionen die Teilnehmer des Elmauer Treffens in den kommenden beiden Tagen über die sechs bereits beschlossenen Pakete mit Strafmaßnahmen hinaus konkret beschließen werden, blieb am Sonntag noch unklar. Der Präsident des Europäischen Rates, der Belgier Charles Michel, warnte allerdings bereits zum Auftakt des Gipfels vor Schritten, die den Ländern der G7 selbst am Ende womöglich mehr schaden als Russland: „Wir müssen aufpassen, dass wir unser eigenes Leben nicht noch schwieriger und härter machen.“Ziel von Strafmaßnahmen müsse es immer sein, Russland zu schwächen und nicht die eigenen Volkswirtschaften.
Nach den Worten von US-Präsident Joe Biden diskutiert die Siebenergruppe unter anderem über ein Importverbot für Gold, durch das Russland jedes Jahr Einnahmen in zweistelliger Milliardenhöhe verlieren würde. Nach China und Australien ist Russland mit einem Anteil von etwa 13 Prozent am Weltmarkt der drittgrößte Förderer von Gold, damit ist Gold das wichtigste Exportgut des Landes jenseits des Energiebereiches. Ein Embargo werde die Oligarchen direkt treffen und das Herz der Kriegsmaschinerie von Wladimir Putin angreifen, betonte der britische Premier Boris Johnson. Offen ist auch noch, ob der Gipfel sich auf staatlich verordnete Preisobergrenzen für russisches Öl einigt.
Die aktuellen Raketenangriffe auf Kiew zeigten erneut, wie brutal der Krieg Putins sei, betonte Scholz. Die Gruppe der G7, Europäischen Union und Nato hätten von Anfang an eng zusammengestanden und geschlossen und entschlossen gehandelt. Damit habe Putin nicht gerechnet. „Wir müssen zusammenbleiben“, betonte auch Biden nach einem ersten kurzen Gespräch mit Scholz. Putin habe darauf spekuliert, dass sich die G7 und die Nato spalten würden, das aber sei bisher nicht geschehen und werde auch nicht geschehen.
„Wir müssen zusammenbleiben“
Joe Biden