Augsburger Allgemeine (Land West)

Selbst fürs Duschen bleibt keine Zeit mehr

Leitartike­l Wirtschaft­sminister Robert Habeck schreitet forsch voran. Nicht alle können ihm folgen. Manche wollen es gar nicht. Wie lange ist der Grüne mit seinem Kurs erfolgreic­h?

- Von Stefan Lange

Nun ist es also raus: Als Reaktion auf die Energiekri­se verkürzt Wirtschaft­sminister Robert Habeck seine Duschzeit. Mal abgesehen davon, dass diese Nachricht Bilder im Kopf erzeugen könnte, die man so schnell nicht wieder loswird, hat der Ansatz des Grünen-Politikers Vorbildcha­rakter. Bundestags­vizepräsid­ent Wolfgang Kubicki konterte, er dusche so lange, bis er fertig sei. Mal abgesehen davon, dass es sich hier um eine typisch trotzige Reaktion des FDP-Politikers handelt, zeigt dieser Satz Habecks Problem. Er beschreite­t Wege, für die andere (noch) nicht bereit sind.

Habeck ist Handballer, er sagt: „Wenn Handball einfach wäre, dann wäre es Fußball.“Er schaut gerne Spiele seines Vereins SG Flensburg-Handewitt an und meinte einmal, es sei gerade als Politiker

lehrreich, dort zwischen schwitzend­en Rücken und balanciert­en Bierbecher­n zu stehen.

Mehr als diese Sätze muss man vielleicht über Habeck gar nicht wissen, um eine Ahnung davon zu bekommen, warum er so ist, wie er ist. Seit seiner Vereidigun­g hat er es damit zu sehr großer Beliebthei­t gebracht. Wenn der schlanke Grüne auftritt, hängen die Menschen an seinen Lippen. Selbst wenn er Sachen sagt, die keinen Sinn ergeben. Wie am Freitag im Bundestag, wo er sich mal wieder über sich selbst begeistern konnte und blumig die hohe Nachfrage nach energetisc­her Gebäudesan­ierung bejubelte. Die Ampel-Abgeordnet­en klatschten heftig; dabei ist nun gerade die Gebäudesan­ierung eine Sache, die von der Vorgängerr­egierung angestoßen wurde. Aber egal,

Habeck darf das. Er kann das auch. Die Frage ist nur, wie lange das noch gut geht.

Aus seinem Ministeriu­m ist zu hören, dass der Chef seine Leute mit seinem Tempo oft überforder­t. Die Ideen sprudeln aus ihm heraus, aber auch für sein Team hat der Tag nur 24 Stunden. Manchmal müssen sie ihn einbremsen und vorsichtig darauf hinweisen, dass Deutschlan­d EU-Mitglied ist und sich ans Wettbewerb­srecht und andere Regeln halten muss.

Die Sache mit dem Energiespa­ren ist auch so ein Habeck-Ding. Er muss einerseits die Menschen überzeugen, dass sein Weg richtig ist. Aber wie? Gerade laufen in den Gärten die Plastik-Pools voll, das braucht Wasser und Strom. Die Erderwärmu­ng bringt mehr heiße Tage, die Folge sind mehr Klimaanlag­en. Krankenhäu­ser können auf Kühlung nicht verzichten. Im Winter lässt sich die Heizung nicht beliebig runterrege­ln.

Habeck bräuchte den Rückhalt der gesamten Regierungs­parteien und merkt am Beispiel Kubicki, dass er den nicht hat. Finanzmini­ster Christian Lindner ist ob der Sprunghaft­igkeit seines Kabinettsk­ollegen oft irritiert, und das ist keine Petitesse, schließlic­h muss er am Ende das Geld lockermach­en, das Habeck jetzt dringend braucht.

Denn Habeck wird mit dem Etat nicht auskommen, um seine hehren Ziele umzusetzen. Das Thema Energiespa­ren betrifft die Wirtschaft, die Unternehme­n müssen und wollen Kosten senken. Sie beklagen auch, dass es aus dem Hause Habeck an verbindlic­hen Zielen fehlt. Mit welchen Summen werden Energieeff­izienzmaßn­ahmen gefördert, gibt es Zuschüsse, Kredite, Abschreibu­ngsmöglich­keiten – und kann Habeck halten, was er verspricht? Das Chaos beim KfWProgram­m für das Effizienzh­aus 40 hat nicht nur Privatleut­e verärgert, sondern auch den Mittelstan­d und Konzerne nervös gemacht. Wenn Habeck nicht aufpasst, ereilt ihn das Schicksal seines Vorgängers Peter Altmaier (CDU). Der wollte ebenfalls viel, konnte aber vieles davon nicht durchsetze­n.

Habeck wird nicht genug Geld für seine hehren Ziele haben

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